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Wer warnt denn da im Wald?

Ein mutmaßlicher Wolfsgegner narrt bei Rammenau Wanderer und Spaziergänger. Ominöse Schilder tauchen hin und wieder auch anderenorts auf.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Rammenau. Man traut sich als Wanderer kaum noch, im Wald pullern zu gehen. Irgendwo könnte sie ja versteckt sein, die Wildkamera, die alles aufzeichnet. Irgendwo in dem kleinen Wäldchen kurz hinter der Rammenauer Siedlung auf dem Weg zum Butterberg. So jedenfalls suggeriert es ein Schild am Waldrand. Doch was will man tun, wenn man an einem Sonntagnachmittag (wenn kein Bus fährt) von Bischofswerda nach Rammenau gelaufen ist und nicht denselben Weg zurückgehen, sondern weiter über Schiebocks Hausberg wandern möchte? Also, bitte recht freundlich – und durch!

Das Schild weist auf „Bild/Ton/Video Aufnahme“ hin. Man liest darauf sogar einen Namen und eine Telefonnummer. Nur: Das ausgewiesene „Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz“ ist es definitiv nicht, welches die angeblichen Bild- und Tonaufnahmen macht. Zum einen heißt die Einrichtung seit vergangenem Jahr Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“. Zum anderen ist das Büro nicht für das Wolfsmonitoring zuständig und hängt demzufolge auch keine Wildkameras auf, folglich auch keine Hinweisschilder, sagt Sophia Liehn vom Kontaktbüro. Das wäre Aufgabe des Instituts Lupus.

Doch auch dessen Mitarbeiter befestigen keine derartigen Warnschilder. Auch dann nicht, wenn es eine Wildkamera gibt. Eine Nachfrage beim zuständigen Jagdpächter ergibt: Das Schild stammt auch nicht von ihm. Aber auch nicht vom Eigentümer, in dessen Waldstück der Baum mit dem Hinweisschild steht. Allerdings gibt es mehrere private Waldbesitzer, die Splitterflächen in dem kleinen Forst bei Rammenau bewirtschaften. Möglich, dass einer von ihnen das Schild angebracht hat.

Standorte geheim

Die zum Kreisforstamt gehörenden Revierleiter fanden in Wäldern im Landkreis Bautzen schon wiederholt Hinweisschilder auf die Wölfe. So werden Waldbesucher in anderen Gegenden des Kreises zum Beispiel aufgefordert, wegen der Wölfe auf Hunde und Kinder besonders zu achten, berichtet Gernot Schweitzer, Pressesprecher des Landratamtes. Das bei Rammenau gefundene Schild ist bislang aber offenbar einzigartig. Und das aus gutem Grund. Denn in der Regel werden Standorte für Wildkameras nicht bekannt gegeben. „Die Aufnahmen sollen unverfälscht sein und nicht durch zum Beispiel Neugierige, die persönlich mitbeobachten wollen, irgendwie beeinflusst werden“, sagt Gernot Schweitzer. Auch eventuellen Beschädigungen oder einem Diebstahl der Kameras soll vorgebeugt werden, indem die Standorte nicht kommuniziert werden.

Der Hinweis auf das Kontaktbüro und dessen Telefonnummer lassen vermuten, dass das Schild wahrscheinlich von einem Gegner der Wölfe aufgehangen wurde. Vielleicht sollte man es als eine Art Notruf verstehen? In Rammenau gibt es, wie vielerorts in Deutschland, Hinweise auf Wölfe beziehungsweise Schäden, die durch die Raubtiere vermutlich oder tatsächlich verursacht wurden. So berichtet ein Schafhalter von Wolfsrissen am Amerika-Berg, der sich zwischen Rammenau und dessen Ortsteil Röderbrunn, befindet. Jäger schreiben es der Rückkehr der Wölfe zu, dass das Muffelwild im Luchsenburgwald so gut wie ausgestorben ist. Auch am Bischofswerdaer Butterberg nahe der Straße zwischen Schönbrunn und Burkau wurde kürzlich ein Wolf entdeckt und von einem Kraftfahrer, der zufällig vorbei kam, gefilmt. Das Video wurde über WhatsApp geteilt.