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Schicht im Schacht

Der Steinkohlenbergbau prägte Zwickau über Jahrhunderte. Seit langem hält ein Verein die Traditionspflege wach. Doch es werden immer weniger Bergmänner, die das Erbe bewahren können.

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© Jan Woitas/dpa-Zentralbild

Von Claudia Drescher

Zwickau. Vor 40 Jahren war Schluss: Am 29. September 1978 fuhren die Kumpel des Martin-Hoop-Schachts IV zum letzten Mal ein, beförderten den letzten Hunt Zwickauer Steinkohle ans Tageslicht. Am Samstag (17.00 Uhr) gehen nun auch die Lichter für eine bergmännische Traditionsveranstaltung zum allerletzten Mal an. Seit 25 Jahren organisiert der Steinkohlenbergbauverein Zwickau die „Bergleit‘ Nacht“. Das alljährliche Treffen der ehemaligen „Schachter“, wie die Kumpel des Zwickauer Reviers im Volksmund genannt werden, wird das letzte seiner Art sein, sagte Vereinsvorsitzender Karl-Heinz Baraniak der Deutschen Presse-Agentur.

Es fehle schlicht und ergreifend der Nachwuchs. Nicht nur die Sänger des 1989 gegründeten Knappenchors hörten zunehmend altersbedingt auf. Allein in diesem Jahr hätten 15 der rund 120 Vereinsmitglieder ihren 80. Geburtstag gefeiert, der Vereinschef eingeschlossen. „Wir müssen ehrlich feststellen, dass uns auch die Fans wegsterben“, so Baraniak.

Es gebe immer weniger Zwickauer, die noch aktiv mit der jahrhundertealten Bergbautradition der Region verbunden seien. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Zwickauer Steinkohlenbergbau Mitte des 14. Jahrhunderts. Bis 1978 wurden im Zwickauer Revier rund 220 Millionen Tonnen Steinkohle gefördert.

Das jährliche Konzert mit bergmännischen Liedern im Zwickauer Konzerthaus „Neue Welt“ habe zuletzt nur noch 400 Plätze gefüllt. Es passen aber 1000 Menschen hinein. Die Ausrichtung des Konzerts sei für den Verein organisatorisch und finanziell nicht mehr zu leisten, stellte Baraniak fest. Man werde aber auch weiterhin diverse kleinere Konzerte geben, einen Bergmannstag organisieren und an zahlreichen Bergparaden teilnehmen.

Eigens für die 25. Bergleit‘ Nacht hat der langjährige Chorleiter Lutz Eßbach einen Text zu einer Melodie des Erzgebirgssängers Anton Günther geschrieben. „Vergesst den Bergbau nicht“ soll am Samstagabend ebenso erklingen wie ein Querschnitt aus den Programmen des vergangenen Vierteljahrhunderts. Derzeit hat der Knappenchor noch 35 Sänger. Der jüngste ist Jahrgang 1991 und ein Mitarbeiter des Bergbaumuseums Oelsnitz/Erzgebirge. Der älteste Mitstreiter ist 88 Jahre alt.

Neben der Liebe zur Brauchtumspflege verbinde die Kumpel von einst eine tiefe Freundschaft, berichtet Reinhard Scheibe. Der 81-Jährige ist Gründungsmitglied des Chors und bei jeder der wöchentlichen Proben dabei. „Manchmal ist es schon anstrengend, aber das wird zur Nebensache, weil das Positive überwiegt.“ Allein in der Vorweihnachtszeit fahren die Vereinsmitglieder zu acht Bergaufzügen in der Region. Start ist traditionell am 1. Advent in Chemnitz. Den Jahresabschluss begehen die Kumpel - selbstverständlich alle im Habit - am 4. Advent in Annaberg-Buchholz.

Weil Zwickau in diesem Jahr seinen 900. Stadtgeburtstag feiert, fällt zudem die Bergparade auf eigenem Terrain doppelt so groß aus wie sonst üblich. Mer als 600 Habitträger und Musiker kommen am 3. Advent an die Mulde und lassen die Bergbautradition im großen Stil lebendig werden. (dpa)