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Haarsträubende Moped-Geschichten

Ein Mopedfahrer wird von der Polizei angehalten. Dass er keine Fahrerlaubnis besitzt, ist noch das geringere Problem.

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© Nikolai Schmidt

Von Jürgen Müller

Meißen/Glaubitz. Der 32-jährige Glaubitzer hat aber auch wirklich Pech. An einem Septembertag vorigen Jahres hält ihn die Polizei auf der Leutewitzer Straße in Riesa an, als er mit einem Moped Simson S 51 unterwegs ist. Dabei stellt sich heraus, dass der Mann gar keine Fahrerlaubnis besitzt. Aber das ist noch nicht alles. Das Kleinkraftrad wurde als gestohlen gemeldet. Es wurde gut vier Wochen zuvor in Meißen entwendet, dabei das Schloss aufgebrochen.

Doch der ertappte Mopedfahrer gibt den Ahnungslosen. Den Polizisten erzählt er, dass er das Moped in Riesa in einem Garagenkomplex für 600 Euro gekauft habe. Schon das allein ist ein Witz. Denn die alten Simson-Mopeds sind nicht nur Kultobjekte, sondern auch Liebhaberstücke. Im Internet sind sie normalerweise nicht für unter 1 000 Euro zu haben. Auch der Wert des Mopeds, mit dem der Angeklagte unterwegs war, wird auf 1 300 Euro geschätzt. Da hätte der Mann ja ein richtiges Schnäppchen gemacht. Doch in welchem Garagenkomplex er das Fahrzeug gekauft haben will, weiß er nicht mehr. Den Namen des Verkäufers kennte er ebenfalls nicht. Und natürlich gibt es auch keinen Kaufvertrag.

Als wäre die Geschichte nicht schon haarsträubend genug, setzt er vor dem Meißner Amtsgericht noch einen drauf. Da erzählt er nämlich eine ganz andere Variante. Ein Kumpel habe das Moped bei ihm untergestellt, weil dieser auf Montage gegangen sei. An jenem Tag habe er es mal genutzt. „Das war eine Dummheit“, sagt er. Wie denn der Kumpel heißt, will der Richter wissen. Ach, das wisse er nicht, er kenne ihn nur als „König“, wisse aber nicht, ob das sein richtiger Name oder der Spitzname sei. Und wo der wohnt, weiß er natürlich auch nicht. Wie denn der Kumpel reagiert habe, als da Moped weg war, will der Richter wissen. „Der war angepisst und ist gegangen“, sagt der Mann. Aha. Er könne das Moped ja gar nicht gestohlen haben, denn am Tattag habe er im Garten seiner Schwester gegrillt, sagt er. Obwohl das zehn Monate her ist, will er ganz genau wissen, was er an jenem 4. August vorigen Jahres gemacht hat. Er besitzt zwar keinen Schulabschluss und keinen Beruf, offenbar aber ein sehr gutes Gedächtnis.

Das Gericht kann sich nun aussuchen, welche Geschichte es ihm glaubt. Es nimmt ihm keine der beiden ab, zumal der Mann mit seinen 32 Jahren schon eine lange kriminelle Karriere aufweisen kann, insgesamt 15 Mal verurteilt wurde, schon mehrfach im Gefängnis saß. Gleich seine erste Jugendstrafe von sechs Monaten saß er vollständig ab, auch zwei weitere Jugendstrafen von acht Monaten sowie zwei Jahren und drei Monaten – unter anderem wegen Diebstahls und Betrugs in jeweils 13 Fällen – hat er vom ersten bis zum letzten Tag verbüßt. Als Erwachsener rückt er mehrfach ins Gefängnis ein, unter anderem wegen Besitzes von Drogen und verbotener Waffen, Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Nach seiner letzten Haftentlassung dauert es ganze sieben Tage, ehe er wieder Straftaten begeht. Eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten ist noch offen.

Staatsanwalt Detlef Grunenberg glaubt dem Angeklagten beide Varianten nicht. Dennoch sei ihm der Diebstahl des Mopeds nicht sicher nachzuweisen. In diesem Punkt plädiert er auf Freispruch. Wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis soll der Mann wegen seiner Vorstrafen für fünf Monate ins Gefängnis.

Der Meißner Richter Andreas Poth sieht das anders, er hält auch den Mopeddiebstahl für erwiesen, schickt den Mann für sechs Monate in Haft. Bewährung gibt es nicht mehr.