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Geldstrafe für Ex-Verfassungsschützerin

Das Gericht spricht die Angeklagte im „Sachsensumpf“-Prozess in einem Punkt frei. Dennoch wiegt das Urteil schwer.

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© dpa/Arno Burgi

Von Karin Schlottmann

Was sich aus Sicht der Angeklagten zunächst wie eine gute Nachricht anhört, ist tatsächlich ein hartes Urteil. Das Landgericht Dresden hat die frühere Verfassungsschützerin Simone H. am Montag vom Vorwurf der Verfolgung Unschuldiger freigesprochen. Zugleich verurteilte die Strafkammer die Beamtin wegen Falschaussage im Untersuchungsausschuss zu einer Geldstrafe in Höhe von 14 000 Euro.

Der Vorsitzende Richter Joachim Kubista sagte, es sei nicht Aufgabe des Gerichts gewesen, den sogenannten Sachsensumpf aufzuklären, der vor elf Jahren Politik und Öffentlichkeit bewegt hat. In dem Prozess sei es ausschließlich um die Vorwürfe gegen die damalige Leiterin der Abteilung Organisierte Kriminalität im Landesamt für Verfassungsschutz gegangen. Die Kammer sah es danach nicht als erwiesen an, dass Simone H. Leipziger Juristen vorsätzlich der Strafverfolgung aussetzen wollte. Zwar habe das Dossier nur mangelhafte Informationen enthalten und hätte nicht als sogenanntes Behördenzeugnis an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden dürfen. Allerdings habe sie selbst geglaubt, genügend handfeste Hinweise auf kriminelle Netzwerke in Leipzig gefunden zu haben. Ursache dafür sei auch ihre unkritische Einstellung zu Quellen des Verfassungsschutzes sowie mangelndes Problembewusstsein gewesen, sagte Kubista.

Der zweite Tatvorwurf der Generalstaatsanwaltschaft betraf eine Aussage von Simone H. als Zeugin im Untersuchungsausschuss des Landtags. Er war eingerichtet worden, um die Hintergründe des Skandals aufzuklären. Simone H. hatte dort gesagt, sie habe weder Akten gefälscht noch manipuliert. Diese Aussage war nach Überzeugung des Gerichts unwahr. Die Angeklagte habe einen in dem Dossier enthaltenen Gesprächsvermerk vordatiert, um ihre Arbeitsergebnisse nicht zu gefährden. Nach einer Gesetzesänderung war dem Verfassungsschutz die Befugnis zur Beobachtung der Organisierten Kriminalität nur noch unter sehr engen Voraussetzungen erlaubt worden. Aus Sorge, bestimmte Informationen nicht mehr verwerten zu dürfen, habe sie ein falsches Datum verwendet und darüber die Abgeordneten in der Vernehmung nicht korrekt informiert. Das Gericht erklärte einen Teilbetrag ihrer Geldstrafe als vollstreckt. Kubista begründete die Minderung in Höhe von 6 000 Euro mit der langen Verfahrensdauer, unter der die Angeklagte nach eigenen Angaben psychisch und beruflich stark gelitten hat.

Der mitangeklagte Georg W. wurde ebenfalls wegen falscher uneidlicher Aussage im Untersuchungsausschuss zu einer Geldstrafe in Höhe von 7 000 Euro verurteilt. Auch in seinem Fall gilt die Strafe teilweise als vollstreckt. Der pensionierte Polizeibeamte, der dem Verfassungsschutz Informationen über kriminelle Strukturen in Leipzig gegeben hatte, hatte im Landtag auch aus Ärger über die lange Vernehmung eine unkorrekte Antwort gegeben.

Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. Diese war nach der Beweisaufnahme von ihrem Vorwurf der Verfolgung Unschuldiger abgerückt. Die Verteidiger der Angeklagten Simone H., Thomas Giesen und Lina Addicks, hatten Freisprüche beantragt. Als Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes könne sie aus rechtlichen Gründen gar nicht wegen Verfolgung Unschuldiger verurteilt werden. Dessen Mitarbeiter seien zur Strafverfolgung nicht berufen. Das Dossier über angebliche Rotlicht-Kontakte von Juristen sei zudem auf Weisung seitens des Innenministeriums entstanden. Simone H. habe sich darauf verlassen, dass sie sich im Rahmen des rechtlich zulässigen bewege, argumentierte seine Mitverteidigerin Addicks. Sie kritisierte zudem, dass der Verfassungsschutz weite Teile der Akten geschwärzt hatte und die Angeklagte nur eine eingeschränkte Aussagegenehmigung erhalten habe.

Giesen hatte dem Gericht zudem vorgeworfen, das Verfahren sechs Jahre lang nicht bearbeitet zu haben. „Es gibt in Deutschland keinen Richter, der sechs Jahr lang überlastet ist“, griff er den Vorsitzenden Richter an. Dieser sei zudem „der Sache objektiv nicht gewachsen“ und „ein Ausfall für den Rechtsstaat“, schimpfte Giesen in seinem Plädoyer. Kubista sprach an die Adresse Giesens von Eitelkeit und übersteigertem Geltungsbedürfnis. Die persönlichen Angriffe gingen an dem eigentlichen Ziel eines Anwaltes, die Angeklagte so gut wie möglich zu verteidigen, weit vorbei, kritisierte er. Die Verteidiger wollen gegen das Urteil Revision einlegen.