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Flüsterasphalt für die S 177?

In Seifersdorf und Feldschlößchen haben sich Ämter, Gemeinde und Anwohner auf mehr Lärmschutz geeinigt.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Wachau. Der Lärm ist unerträglich. Unablässig donnern Lkws durch Seifersdorf und Feldschlößchen – von der A 4 und zum Autobahnanschluss. Nachts können Einwohner von Seifersdorf und Feldschlößchen kein Fenster offen lassen. Seit Jahren kämpfen die Einwohner für eine Verbesserung der Situation. Sie schickten unzählige Beschwerdebriefe an die Ämter, sorgten mit Park-Aktionen für Staus und Aufsehen. Die Gemeinde Wachau machte sich für eine Verkehrsberuhigung stark. Doch nichts passierte. Inzwischen hat der Bau an der neuen S 177 bei Lichtenberg und Leppersdorf begonnen. Die Spange soll künftig auch die Ortschaften entlasten.

Parallel dazu hat es jetzt offenbar bei einem Treffen von Anwohnern, Mitarbeitern der Gemeinde Wachau, dem Landratsamt und dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) einen Durchbruch gegeben. Es seien weitreichende Maßnahmen festgesetzt worden, um dem Lärm beizukommen. Nach Angaben des Wachauer Bürgermeisters Veit Künzelmann (CDU) ist vereinbart worden, die Geschwindigkeit nachts in beiden Orten durchgängig auf Tempo 30 zu begrenzen. Wachau müsse dazu allerdings einen offiziellen Antrag stellen, was jetzt schnell geschehen werde. Dann könne die Regelung bereits mit Beginn des nächsten Jahres in Kraft treten. Parallel dazu beginnen Planungen für eine grundlegende Sanierung der S 177 in Seifersdorf und Feldschlößchen. Dabei soll nicht nur der Fahrbahnbelag, sondern auch der Untergrund erneuert werden. Nach Angaben von Veit Künzelmann finden die Bauarbeiten in den Jahren 2019 bis 2021 statt. „Ein Teil der Arbeiten wird bereits vor Fertigstellung der Schnellstraße zwischen Radeberg und der A 4 bei Leppersdorf erfolgen. Ist die neue Verbindung zur Autobahn fertig, kann der Verkehr über die Strecke umgeleitet werden.“

Laut dem Wachauer Bürgermeister hat das Lasuv entschieden, bei dem Ausbau in den Ortslagen sogenannten Flüsterasphalt zu verwenden. Dabei handele es sich um offenporige Asphalte, die zu einem Teil aus winzigen Hohlräumen bestehen. Wasser und Schall werden gleichermaßen geschluckt. Flüsterasphalt reduziert die wahrgenommene Lautstärke der Rollgeräusche um die Hälfte. Der Nachteil: Flüsterasphalt ist doppelt so teuer wie herkömmlicher Asphalt. Veit Künzelmann ist froh über die Vereinbarungen. „Wenn die Arbeiten alle so umgesetzt werden, wird es eine wesentliche Verbesserung geben.“ Grund für das Umdenken sind offenbar neue Verkehrszählungen und Lärmuntersuchungen durch das Lasuv. „Die Ergebnisse haben jetzt zu einer neuen Bewertung geführt.“

Nach Messungen des Ingenieurbüros Brenner aus Dresden passieren rund 8 000 Fahrzeuge die Orte jeden Tag, davon sind etwa 30 Prozent Lkws. Die Ingenieure hatten im vergangenen Jahr im Auftrag der Gemeinde Wachau eine Woche lang an der Tina-von-Brühl-Straße in Seifersdorf in der Höhe des Parkplatzes vor dem Rittergut ein Messgerät installiert. Im Ort werden danach Lärmwerte von teilweise bis zu 70 Dezibel erreicht. Nach Angaben des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie werden Geräusche ab 55 Dezibel am Tag als Lärm eingestuft. Lärm über 65 Dezibel ist gesundheitsschädlich.

Allerdings dämpft das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) die optimistischen Hoffnungen in Wachau. Statt des sogenannten Flüsterasphalts wird in den Ortsdurchfahrten eine lärmoptimierte Asphaltschicht verwendet, sagt Lasuv-Mitarbeiterin Isabel Siebert. „Das ist eine noch in der Erprobung befindliche Sonderbauweise für Ortslagen. Bei Geschwindigkeiten von 30 bis 50 Kilometern pro Stunde werden die Geräuschimmissionen dauerhaft um zwei Dezibel reduziert.“ Offenporiger Asphalt, also Flüsterasphalt, wirkt nach ihren Angaben erst ab Tempo 70 und kommt nur außerhalb von Ortschaften zum Einsatz. Der lärmgeminderte Asphalt ist kostengünstiger als Flüsterasphalt. „Die Mehrkosten für den lärmoptimierten Asphalt betragen nach aktueller Berechnung 58 000 Euro bei kalkulierten Gesamtkosten von knapp 450 000 Euro für die Deck- und Binderschicht für beide Ortsdurchfahrten.“

Zusätzlich hat die Lasuv-Mitarbeiterin eine gute Nachricht für Fußgänger. Neben der Fahrbahnerneuerung sei der Anbau eines durchgängigen Gehweges geplant. Allerdings werde die vom Bürgermeister angesprochene nächtliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h nur für Lkw möglich sein. Dieses Fazit sei aufgrund eines Lärmgutachtens getroffen worden.

Zeitlich drückt Isabel Siebert ebenfalls auf die Bremse. „Größere Bauarbeiten in Seifersdorf und Feldschlößchen können erst nach Verkehrsfreigabe der Neubaustrecke ,S 177, Ortsumfahrung Leppersdorf‘ erfolgen. Sie können also frühestens über das Jahr 2021 beginnen, keinesfalls 2019.“ Sie fügt hinzu, dass die Lärmsanierung eine freiwillige Leistung ist. Und dämpft damit etwas die Erwartungen. Die Lärmsanierung werde in Angriff genommen, wenn zum geplanten Zeitpunkt das nötige Geld verfügbar sei: „Einen Rechtsanspruch gibt es nicht“, stellt Isabel Siebert klar.