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Die Jugend liegt auf der Zunge

A-ha, Norwegens Nummer eins in Sachen Popmusik, präsentiert ihre Ohrwürmer der 80er am Dresdner Elbufer in ungeahnter Sommerfrische.

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© ronaldbonss.com

Und da war er wieder, der A-ha-Effekt, mit dem Sound von vorgestern und den Refrains für die Ewigkeit. Am Freitag bei den Filmnächten am erneut gut gefüllten Dresdner Elbufer wird klar: Statt eines verhaltenen Abgesangs auf die Karriere wie vor acht Jahren scheint die Band innerlich, trotz angegrauter Haarpracht, verjüngt. Vor allem Sänger Morten Harket – keiner zelebriert die hohe Kopfstimme so selbstverständlich wie er – wirkt wie ausgetauscht. Vorbei scheinen die Zeiten, in den denen er über weite Strecken die Nägel in den Bühnenbrettern zählte und während der Instrumental-Passagen gar aus dem Rampenlicht verschwand.

Das Filmnächte-Areal war am Freitag gut gefüllt.
Das Filmnächte-Areal war am Freitag gut gefüllt. © Ronald Bonß
Harket mit Gitarrist Pål Waaktaar-Savoy (r).
Harket mit Gitarrist Pål Waaktaar-Savoy (r). © Ronald Bonß

Jetzt singt er sogar, völlig uneitel, mit Brille und dauerlächelt in die anfangs nieselige Dresdner Nacht. Und obwohl auch dieses Mal Keyboarder Magne Furuholmen den größten Teil der Ansagen und Anfeuerungen übernimmt, ist zu spüren, dass es zwischen den beiden nun deutlich harmonischer zugeht. Gitarrist Pål Waaktaar-Savoy geht derweil fast stoisch seinem Sechs-Saiten-Job nach.

Familiäres Diskofieber

Ob die nun weniger unterkühlten Norweger noch eine Ahnung davon haben, wie das letzte Dresden-Konzert verlief? „Oh, ich erkenne das kleine Haus da hinten wieder“, sagte Magne Furuholmen, und meinte damit das Finanzministerium. Schon denkbar, dass die Band in ihrer wenig bescheidenen Popstar-Karriere schon größere Gebäude vor Augen hatte – und vielleicht noch haben wird. Auch die Bühnenbauten der aktuellen Tour sehen zukunftsträchtiger aus als 2010. Auf einer erhöhten zweiten Ebene machten es sich die Musiker, inklusive eines weiblichen Streicher-Trios bequem. Der Klassik-Anstrich war zwar dünner als erhofft, doch trotzdem willkommen. Denn die Synthie-Klänge der 80er wirken eben stellenweise so frisch wie ein altes C64-Computerspiel. Macht bei A-ha natürlich nichts, die Band profitiert ja auch vom Nostalgiefaktor, der Retro-Dauerwelle, auf der längst nicht mehr nur gereifte Zeitzeugen surfen, sondern auch deren Kinder, deren Glanz in den Augen kaum noch von rotierenden Diskokugeln erzeugt wird. Doch Lieder wie „The Sun Always Shines on T.V.“, „Minor Earth, Major Sky“ und „Crying In The Rain“ sind eben zeitlos und würden selbst auf einem Cembalo keineswegs uncool wirken.

Eine ganze Ohrwurm-Stunde mit zufriedenem Publikum dauerte es, bis der eindringlich singende Morten Harket sich vehement Unterstützung für den Uralt-Hit „Hunting High an Low“ einforderte. Zwar konnten viele nur die Hälfte des Refrains mitsingen, doch solch eine fast magisch schwebende Melodieführung ließ Worte eh fast nebensächlich erscheinen.

Nach knapp anderthalb Stunden war erst einmal Schluss, bevor die Band neben weiteren Weisen mit einer gründlichen Animations-Einlage des Keyboarders natürlich noch den jenen Hit nachschob, der das Land der Fjorde anno 1984 über Nacht ganz oben auf die Popmusiklandkarte setzte. „Take On Me“, der bislang einzige Nummer-eins-Hit hierzulande, erzeugte einen Dresdner Elbchor, der selbst gestandenen Männern Hochtöne entlockte, von denen sie schon lange nichts mehr wussten. Harket & Co. wissen an diesem Abend ihre Vergänglichkeit zu umsingen, verzichten auf ihre melancholischsten Hits à la „Summer Moved On“ und sind mit ihren Fans zwei Stunden lang wieder für immer jung. (szo)