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Der Glücksbringer

Sven Demmerle ist Schornsteinfegermeister für Ortrand und Umgebung. Viele wollen den „schwarzen Mann“ anfassen.

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© Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Zum Jahreswechsel schenkt man sich gern kleine Glücksklee-Töpfchen mit einer Schornsteinfeger-Figur. Sven Demmerle aus Großenhain kennt den Spaß, und er hat für alle Fälle auch Glücksmünzen in seinen Taschen. „Es ist schön, ein Glücksbringer zu sein“, sagt der 41-Jährige. Deshalb wollen ihn, den schwarzen Mann, immer wieder Leute gern anfassen. „Auch ein Küsschen auf die Wange gehört dazu“, schmunzelt der Meister seiner Zunft. Schornsteinfeger stehen chon mal Spalier bei Hochzeiten. Oder bei Handwerks- und Ausbildungsmessen. Denn noch heute sorgen sie dafür, dass der Rauchfang eines Hauses gereinigt und Feuergefahr damit gebannt wird.

Schornsteinfeger zu sein ist körperlich anstrengend. Dennoch war es für Sven Demmerle ein „knallharter Wunschberuf“. Schon sein Vater hatte diese Profession. Nach drei Jahren Lehre war Sven Demmerle Geselle bei Jens Belick, fast 20 Jahre lang. Dann drängte man ihn, doch selbst den Meister zu machen. Denn Meister werden gesucht. Der schmächtige Mann setzte sich noch mal vier Jahre im Abendstudium auf den Hosenboden, opferte jede freie Minute dafür. Und schloss in Leipzig seine Meisterprüfung 2014 als Jahrgangsbester ab, wie er stolz erzählt. Die Freisprechung war sogar im Gewandhaus.

Europaweit ausgeschrieben

Ein Jahr später kam der Abschluss als Gebäudeenergieberater, noch ein Jahr später und Sven Demmerle übernahm den Kehrbezirk Ortrand und Umgebung, zu dem auch Orte aus der Gemeinde Schönfeld gehören. Dieser Kehrbezirk war europaweit ausgeschrieben worden. Neben ihm selbst gab es noch einige andere Bewerber. Nach sieben Jahren erfolgt eine erneute Ausschreibung.

Warum Schornsteinfeger?

Der Schornsteinfeger gilt seit Jahrhunderten als Glücksbote. Etwas Asche vom Kaminkehrer im Gesicht soll das Glück herbeirufen.

Der Ursprung dieses Aberglaubens stammt aus der Zeit, als Häuser noch ausschließlich aus Holz waren und offene Feuerstellen beherbergten. Sie fingen damit leicht und häufig Feuer.

Der Schornsteinfeger schützte durch seine Arbeit die heimischen vier Wände und brachte somit Glück ins Haus.

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Nun hat der Bezirksschornsteinfeger sogar einen eigenen Angestellten für die Verwaltung. Denn heutzutage steigt der „schwarze Mann“ nicht nur mit seinem Kehrbesen aufs Dach. Außerdem müssen Abgasmessungen gemacht werden, neue Feuerungsanlagen muss ein Schornsteinfeger genehmigen. Er sollte alle Gesetzlichkeiten und Verordnungen kennen. Und er muss aller sieben Jahre alle Feuerstätten untersuchen. Die Termine dafür macht sich Sven Demmerle schon über moderne Wege wie WhatsApp.

Das Schönste an seinem Beruf sind für ihn aber immer noch das Draußensein und der persönliche Kontakt zu den Menschen. Abends sitzt er dennoch oft noch am Rechner, um Schreibkram zu erledigen. „Ich bin froh, dass meine Partnerin das so mitmacht“, freut sich Sven Demmerle. Während der Meisterausbildung haben beide ihren Urlaub geopfert. Dafür war einfach keine Zeit.

Mit Koller, Koppel und Zylinder

Auch ein Glücksbringer ist also auf andere Menschen angewiesen, so auch seine Berufskollegen. „Alleine kommt man nicht weit“, sagt Sven Demmerle und zupft seine Jacke mit den goldenen Knöpfen zurecht, die im Fachjargon übrigens Koller heißt. Dazu trägt er schwarze Hosen, ein Koppel, den Zylinder und ein weißes Mundtuch. Letzteres ist nur Schmuck, denn als Abwehr gegen Ruß gibt es heute einen professionellen Mundschutz. Wie bei den Feuerwehrleuten haben Schornsteinfeger eine Arbeits- und eine Ausgehuniform. Und was wünschen sie sich untereinander außer Glück? „Gut Ruß“, sagt Sven Demmerle. Also dann: Gut Ruß allen SZ-Lesern im neuen Jahr 2018.