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Wo Radler gerne zelten

Nicht Edelcamping, sondern schlichte Übernachtungsmöglichkeiten gibt’s im Gut Göhlis.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Klaus-Dieter Brühl

Riesa. Bei der Frage nach der Anzahl der Übernachtungs- möglichkeiten kommt Roland Wandelt (63) in Verlegenheit. „Das Gelände ist so groß, dass man das gar nicht so genau sagen kann. Platz ist hier jedenfalls genug.“ Fünf Stunden mindestens braucht der ehrenamtliche Zeltplatzwart, bis er mit seinem Rasentraktor alle Flächen gemäht hat. Dazwischen stehen Obstbäume und lockeres Buschwerk, einige überdachte Picknickplätze sind aufgestellt. Dabei ist die große Campingwiese im ehemaligen Volksgut des Riesaer Ortsteiles Göhlis, die vom Verein Sprungbrett bewirtschaftet wird, längst kein Geheimtipp mehr.

Riesa ist als Etappenort ideal

Besonders unter den Radlern hat es sich durch Mundpropaganda auf dem Elberadweg herumgesprochen, dass man hier sehr günstig übernachten kann. Zwei Sanitärcontainer mit Duschen und Toiletten, Spülbecken, Stromanschluss – das genügt. Ohnehin sind die Radtouristen spartanische Ausstattung gewöhnt. Und Riesa ist als Etappenort geradezu ideal.

80 bis hundert Kilometer fahren die meisten Radler pro Tag, da bietet sich zwischen Pirna und Torgau ein Zwischenaufenthalt in Riesa geradezu an. Dazu kommen noch die Wohnmobil-Reisenden, auch die bleiben meist nur eine Nacht. Und auch sie werden bestens versorgt. Bereitwillig erklärt ihnen der Zeltplatzwart den Weg ins Stadtzentrum, zeigt ihnen, wo sie einkaufen können oder wo am nächsten Morgen der Bäckerwagen Station macht. Sogar für Camper ohne Zelt ist gesorgt: für die werden Zelte und Isomatten leihweise zur Verfügung gestellt.

Rund 200 bis 250 Camper haben in diesem Jahr pro Monat hier übernachtet, das ist ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr. Vielleicht haben auch die Schilder ihren Teil dazu beigetragen, die Roland Wandelt im Frühling am Elberadweg aufgestellt hat. Ganz international geht’s hier zu, viele Holländer waren bis jetzt da, auch Touristen aus Frankreich und England. Da ist die Verständigung für Roland Wandelt, der kein Wort Englisch spricht, nicht immer einfach. Mit den Österreichern, die gerade wieder in Richtung Wien abgereist sind, war das natürlich kein Problem. Die haben eine kleine Ostdeutschland-Rundfahrt mit Auto und Zelt gemacht, und wollten unbedingt Riesa sehen, „weil die Oma hier gelebt hat“. Sie fanden besonders das soziale Engagement des Sprungbrett-Vereins auf dem Gelände sehr beeindruckend. Und die Ruhe und den Sternenhimmel, denn den könne man in Wien vor lauter Leuchtreklamen so nicht mehr sehen.

Übrigens kann man seit einiger Zeit auf dem Gutsgelände auch Familienfeiern veranstalten, dazu gibt’s den Partyraum „Das schwarze Schaf“. Der ist für die diesjährige Saison schon fast komplett ausgebucht, am vergangenen Wochenende natürlich für Schulanfangsfeiern. Toll, dass man hier auf dem Gutsgelände viel Auslauf hat oder Spiele machen kann. Noch sind die Wiesen, die Bäume und Sträucher grün – die allgemeine Trockenheit ist hier offenbar noch nicht so dramatisch angekommen. Und so fährt Zeltplatzwart Wandelt, der gleich neben dem Gelände sein Haus hat, mit dem Rasentraktor nach wie vor seine Runden. Die umfangreiche ehrenamtliche Arbeit – betont Wandelt – wäre nicht zu schaffen ohne das Verständnis seiner Frau, die ihn in der Campingsaison häufig genug entbehren muss. Und auch die Enkel sind inzwischen mit im Boot. Emmely (12) und Edwin (7) helfen ihrem Opa gern und oft auf dem Campingplatz.