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Wikinger für einen Tag

Zwei Colmnitzer begeistern sich für das frühe Mittelalter. Das wollen sie nun zum Sommerfest aufs Weidegut bringen.

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© Egbert Kamprath

Von Anja Ehrhartsmann

Colmnitz. Die Sonne geht auf über Colmnitz. Während es im Zelt noch gemütlich und warm ist, hackt draußen schon jemand Holz. Es ist noch Zeit, bis die ersten Besucher kommen. Deshalb nimmt die neuzeitliche Wikingergruppe erst mal ein Frühstück zu sich – und zwar mit einer gepflegten Tasse Kaffee. Zubereitet wird alles stilecht über dem Lagerfeuer. Das Geschirr ist aus Ton, das Besteck aus Holz. So oder so ähnlich könnte dieser Sonntag für Linda Weber und Philipp Böhme tatsächlich starten. Die zwei Colmnitzer sind Teil der Wikinger-Gruppe „Elfr Sifjar“, der Fluss-Sippe. Gemeinsam stellen sie auf dem Sommerfest des Weideguts Colmnitz nach, wie es einst in einem Wikingerlager zugegangen sein könnte.

Sie wollen die Besucher mitnehmen ins frühe Mittelalter und orientieren sich dabei an den überlieferten Gepflogenheiten aus Haithabu, einer Wikingersiedlung in Schleswig-Holstein, die heute wieder als Museumsdorf existiert. „Wir stellen dar, wie die Wikinger gelebt haben“, sagt Philipp Böhme. Dabei versuchen sie, so authentisch wie möglich zu sein, und das beginnt schon beim Aussehen. „Man darf sich die Wikinger nicht mit Hörnerhelm und Fellen behangen vorstellen“, sagt der 29-Jährige. Vielmehr trugen die Wikinger in Haithabu Leinenkleidung, je nach Jahreszeit und Stand zusätzlich noch mit mehr oder weniger Wolle ausstaffiert.

Handwerk und Handarbeit

Ihre Kleidung und das, was dazugehört, haben Linda Weber und Philipp Böhme größtenteils selbst genäht und hergestellt. Einen Einblick in die Handwerkskunst der Wikinger geben sie auch zum Sommerfest. Wie die 30-Jährige erklärt, üben sich die Frauen meist im Nadelbinden, einer alten Handarbeitstechnik, mit der sie aus Schurwolle Mützen, Armstulpen und Socken herstellen. Aber auch Sticken und Brettchenweben – eine besondere Webtechnik – gehören zu den Beschäftigungen, denen die Wikinger-Gruppe nachgeht. Dabei sind auch die Männer handwerklich aktiv. Philipp Böhme zum Beispiel webt derzeit an einer Borte, die dann später zur Zierde auf Kleider genäht wird. Holzrahmen und Webschiffchen hat er selbst gemacht.

Auch was die Lagerausstattung angeht, ist viel Marke Eigenbau. So etwa der Waschbottich, Tisch und Bänke, sogar die Laternen aus Rohhaut. „Für sechs Leute brauchen wir mittlerweile drei Autos mit Hängern“, sagt der 29-Jährige und lacht. Natürlich sind auch große Zelte mit dabei, in denen man schlafen und sich auch aufhalten kann, falls das Wetter mal nicht mitspielt. Immerhin sind die Wikinger der Fluss-Sippe nicht das erste Mal unterwegs, gemeinsam fahren sie auf Märkte oder Festivals.

Ihre Faible für das Leben in einem vergangenen Zeitalter haben die beiden Colmnitzer vor etwa zehn Jahren entdeckt. Damals fing alles mit der Begeisterung fürs Mittelalter an. Das Interesse für das Leben der Wikinger im Speziellen kam vor etwa zwei Jahren, als sie anfingen, ihre Kleidung selbst zu nähen. Beide tauchten ein in die Geschichte und Sagenwelt der Wikinger und konnten sich gut damit identifizieren, erklären Linda Weber und Philipp Böhme. Mit Freunden aus Dresden gründeten sie gemeinsam die Gruppe „Elfr Sifjar“, die Fluss-Sippe. „Wir haben uns so genannt, weil wir alle am Wasser wohnen“, sagt der 29-Jährige. „Wir am Colmnitzbach und die anderen an der Elbe. “ Um die drei Mal im Jahr bauen sie nun gemeinsam ihr Lager auf. Denn auch wenn es nur für ein Wochenende ist, als Wikinger zu leben ist für Linda Weber und Philipp Böhme so etwas wie ein Kurzurlaub vom Alltag, Kontrastprogramm pur.

Sommerfest des Weideguts Colmnitz. Es werden Geräte von früher und heute gezeigt, die zur Ernte verwendet werden. Besucher können Kutschfahrten rund um das Weidegut unternehmen oder ab 13 Uhr Feldrundfahrten machen. Helma Bartholomay gibt Ratschläge für den Garten und beantwortet Fragen. Für Kinder gibt es um 15.30 Uhr Hokus-Pokus-Fidibus auf dem Scheunenboden, Hüpfburg, Ponyreiten, Kinderschminken. Den Auftakt machen die Bimmelbah‘ Musikanten um 11 Uhr. (Auszug)