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Warum die Kirnitzschtalbahn moderner werden soll

Sebnitz stimmt zu, eine Studie zur Streckenerweiterung zu bestellen. Außerdem gibt’s neue Details zum Vorhaben.

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© dpa

Von Gunnar Klehm und Dirk Schulze

Sächsische Schweiz. Als dritte der drei Anliegerkommunen hat am Mittwochabend Sebnitz per Stadtratsentscheid offiziell ja gesagt zur Machbarkeitsstudie über die Verlängerung der Kirnitzschtalbahn. Die Oberelbische Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz (OVPS) will die Fahrstrecke im Kirnitzschtal bis zur Neumannmühle verlängern und in der anderen Richtung bis zum Nationalparkbahnhof Bad Schandau. Als Betreiberin der Bahn will die OVPS die Studie in Auftrag geben. Zuvor wollte sich das Unternehmen bei den Kommunen vergewissern, dass sie diese Idee grundsätzlich unterstützen.

Die Pläne zur Erweiterung der Kirnitschtalbahn sind ambitioniert.
Die Pläne zur Erweiterung der Kirnitschtalbahn sind ambitioniert. © SZ

Die drei größten Schwierigkeiten und ihre mögliche

Auf der verlängerten Strecke sollen moderne Niederflurstraßenbahnen eingesetzt werden, wie es sie heute schon in Dresden gibt. Die können entsprechend höhere Geschwindigkeiten fahren und ermöglichen so kürzere Taktzeiten. Der gegenwärtige Fuhrpark wäre dafür zu langsam, etwa auf der langen Brückenüberfahrt. Zudem wird es immer teurer, die historischen Wagen für den alltäglichen Betrieb in Schuss zu halten. Die historischen Wagen will aber niemand abschaffen. Sie sollen weiter im bisherigen Abschnitt fahren, erklärt der OVPS-Geschäftsführer. Wie die Integration in den Takt der Niederflurbahnen genau erfolgen soll, ist aber noch völlig offen.  Foto: Christian Juppe
Auf der verlängerten Strecke sollen moderne Niederflurstraßenbahnen eingesetzt werden, wie es sie heute schon in Dresden gibt. Die können entsprechend höhere Geschwindigkeiten fahren und ermöglichen so kürzere Taktzeiten. Der gegenwärtige Fuhrpark wäre dafür zu langsam, etwa auf der langen Brückenüberfahrt. Zudem wird es immer teurer, die historischen Wagen für den alltäglichen Betrieb in Schuss zu halten. Die historischen Wagen will aber niemand abschaffen. Sie sollen weiter im bisherigen Abschnitt fahren, erklärt der OVPS-Geschäftsführer. Wie die Integration in den Takt der Niederflurbahnen genau erfolgen soll, ist aber noch völlig offen. Foto: Christian Juppe
In der Poststraße ist es eng. Wie die genaue Streckenführung vom Kurpark zum Nationalparkbahnhof Bad Schandau verlaufen soll, da will die OVPS keine Vorgaben für die Machbarkeitsstudie festlegen. Klar ist jedoch, dass Neubaustrecken nicht auf eine Bundesstraße geplant werden dürften. Nur Querungen sind erlaubt. Es wird überlegt, über größere Streckenabschnitte auf Oberleitungen zu verzichten. Moderne Batterietechnik soll das möglich machen. Solche Straßenbahnen sind bereits in Frankreich im Einsatz. Das könnte für das Durchfahren der relativ schmalen Poststraße praktisch sein. Geprüft werden soll in der Studie auch, ob die Steigung an der Lindenallee zu bewältigen ist.  Fotos: Daniel Schäfer (2)
In der Poststraße ist es eng. Wie die genaue Streckenführung vom Kurpark zum Nationalparkbahnhof Bad Schandau verlaufen soll, da will die OVPS keine Vorgaben für die Machbarkeitsstudie festlegen. Klar ist jedoch, dass Neubaustrecken nicht auf eine Bundesstraße geplant werden dürften. Nur Querungen sind erlaubt. Es wird überlegt, über größere Streckenabschnitte auf Oberleitungen zu verzichten. Moderne Batterietechnik soll das möglich machen. Solche Straßenbahnen sind bereits in Frankreich im Einsatz. Das könnte für das Durchfahren der relativ schmalen Poststraße praktisch sein. Geprüft werden soll in der Studie auch, ob die Steigung an der Lindenallee zu bewältigen ist. Fotos: Daniel Schäfer (2)
Die Straßenbahn müsste über die Carolabrücke auf die andere Elbseite geführt werden. Weil Straßenbahn und Eisenbahn aber unterschiedliche Spurweiten haben, kam kurz eine dritte Schiene auf dem bestehenden Gleis ins Gespräch. Ein solches Drei-Schienen-Gleis gab es lange Zeit in Freital. Auf dem konnten Waggons der Schmalspurbahn von Hainsberg in die Werkstatt nach Potschappel gefahren werden. Für Neubauten wäre das unzulässig. Die Straßenbahn müsste eine eigene Brücke bekommen. Die Pfeiler der Carolabrücke geben das jetzt schon her. Allerdings liegt das bestehende Eisenbahngleis auf der „falschen“ Seite. Jetzt würden sich die Gleise kreuzen, was jedoch vermieden werden muss.
Die Straßenbahn müsste über die Carolabrücke auf die andere Elbseite geführt werden. Weil Straßenbahn und Eisenbahn aber unterschiedliche Spurweiten haben, kam kurz eine dritte Schiene auf dem bestehenden Gleis ins Gespräch. Ein solches Drei-Schienen-Gleis gab es lange Zeit in Freital. Auf dem konnten Waggons der Schmalspurbahn von Hainsberg in die Werkstatt nach Potschappel gefahren werden. Für Neubauten wäre das unzulässig. Die Straßenbahn müsste eine eigene Brücke bekommen. Die Pfeiler der Carolabrücke geben das jetzt schon her. Allerdings liegt das bestehende Eisenbahngleis auf der „falschen“ Seite. Jetzt würden sich die Gleise kreuzen, was jedoch vermieden werden muss.

Vor der Abstimmung im Stadtrat in Sebnitz musste Oberbürgermeister Mike Ruckh (CDU) jedoch noch einige Fragen beantworten. Gastwirt Rainer König vom Lichtenhainer Wasserfall wollte wissen, warum die Idee auf einmal überhaupt aktuell ist und wer das Ganze denn finanzieren soll? Er halte die Studie für sinnlos, sagte König. Denn die angestrebte Verlängerung der Bahn sei so teuer, dass sie niemals umgesetzt werde. Die Stadträte folgten dieser Einschätzung nicht und stimmten allesamt für die Studie.

Die Untersuchung soll zunächst einmal klären ob und unter welchen Bedingungen das ambitionierte Projekt denn machbar wäre. Das Ziel sei es, sich Zahlen liefern zulassen, um eine Diskussionsgrundlage für alle zu schaffen, erklärte OB Ruckh. Es gehe ausdrücklich nicht darum, den Autoverkehr aus dem Tal zu verbannen. Ein Verkehrschaos zu Stoßzeiten gelte es aber zu vermeiden. Zudem sei ein Parkleitsystem in der Diskussion, das von jeder Zufahrt aus die freien Stellplätze im Kirnitzschtal anzeigen kann.

Hunderttausende Fahrgäste

Die Kirnitzschtalbahn wurde 1898 eröffnet. Von Anfang an war sie als reine Ausflugsbahn gedacht.

Geplant war die Strecke Ende des 19. Jahrhunderts als Ringbahn. Vom Bahnhof Bad Schandau kommend sollte es durchs Kirnitzschtal bis hoch nach Hinterdittersbach an der Grenze zu Böhmen gehen und dort über Mezni Louka (Rainwiese) und Hrensko (Herrnskretschen) an der Elbe zurück nach Bad Schandau.

Umgesetzt.wurden aber nur die bis heute befahrenen etwa acht Kilometer vom Kurpark Bad Schandau bis zum Lichtenhainer Wasserfall.

Bis in die 1960er-Jahre wurde noch eine Rangierstelle auf der heutigen B172 genutzt. Wegen des zunehmenden Verkehrs wurde die jedoch abgebaut und in den Kurpark verlegt.

Gleich im ersten Betriebsjahr zählte die Kirnitzschtalbahn 80000 Fahrgäste. Zuletzt waren es im Jahr 2016 mehr als 200000.

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Noch hapert es dafür an der fehlenden Breitbandanbindung. Beim Betreiber der Kirnitzschtalbahn, der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz (OVPS), gehen die Gedanken schon weiter. Geplant ist eine Integration der Bahn in den VVO-Tarif. Zu diesem gehört auch die Gästekarte, die Urlauber mit der Zahlung der Gästetaxe erhalten. Damit können die Inhaber jederzeit die Buslinie 252 nutzen sowie die Fähren der OVPS. Die Gästekarte könnte dann auch für die Straßenbahn gelten. Wenn jederzeit mit dem gleichen Ticket ein- und ausgestiegen werden kann, sollten davon innerstädtische Gewerbetreibende profitieren können. Eine weitere Idee ist, den Fuhrpark nahe des Nationalparkbahnhofs einzurichten. Flächen wären vorhanden, erklärt OVPS-Geschäftsführer Uwe Thiele. Die werden derzeit noch als Lagerfläche für den Gleisbau im Elbtal genutzt. „Von einem Betriebshof in Bahnhofsnähe würden alle profitieren, denn dann würden zum Betriebsschluss oder -beginn die Leerfahrten der Busse durch die Stadt entfallen“, erklärt Thiele. Das würde weniger Lärm und Abgase bedeuten.

Als weiteren Vorteil der modernen Straßenbahnen nannte Thiele deren Größe. Eine einzige Bahn könnte dreimal so viele Fahrgäste transportieren wie die jetzt im Kirnitzschtal eingesetzten Busse. Das wäre in Stoßzeiten wie an Wochenenden gegen 10 Uhr sehr hilfreich. „Um die Leute wegzukriegen, fahren wir jetzt im Konvoi“, erklärt Thiele. Da seien größere Gelenkbusse schon dabei. Für einen effektiven Personaleinsatz wären Straßenbahnen günstiger.

Die OVPS rechnet damit, dass die Machbarkeitsstudie im nächsten Jahr vorliegen könnte, wenn es Fördermittel dafür gibt. Danach wäre für konkrete Bauplanungen ein Planfeststellungsverfahren nötig, bei dem alle Träger öffentlicher Belange angehört werden. Sollte es keine gravierenden Einwände geben, rechnet OVPS-Geschäftsführer Thiele, dass in fünf, sechs Jahren Baurecht bestehen könnte. Als Nächstes ist nun der Aufsichtsrat der OVPS am Zug, der die Sudie in Auftrag geben müsste. Dessen Vorsitzender ist OB Ruckh. Ein Termin steht noch nicht fest. Ob das gesamte Bauvorhaben überhaupt finanzierbar ist, bleibt aber weiter die große Unbekannte in diesem Großprojekt.

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