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Wahlkampf fern der Straße

Die meisten Bewerber sind in den Sozialen Netzwerken sehr aktiv, die Diskussionen aber nicht immer zielführend.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Der Wahlkampf in Meißen nimmt einen Monat vor dem Termin Fahrt auf. Nicht nur beim ersten öffentlichen Diskussionsforum stellten sich die fünf Anwärter vor. In den vergangenen Tagen sind auch Plakate mit Konterfeis und einigen Wahlslogans der Bewerber aufgehängt worden.

Der Kandidat der Sächsischen Volkspartei (SVP) Heiko Lorenz war bis Donnerstagnachmittag noch nicht im Stadtgebiet zu sehen. Wie er am Mittag berichtete, wird sich das aber schnell ändern. „Die 100 Plakate sind jetzt eingetroffen und werden in den nächsten Tagen aufgehängt“, sagte er. Während sich über das Design der einzelnen Plakate – weil Geschmäcker bekanntlich verschieden sind – streiten lässt, kann das Niveau vermeintlichen Wahlkampfs schnell absinken. Oder handelt es sich bei manchen Äußerungen, etwa von einigen Stadträten gar nicht um Wahlkampf, sondern um Polemik, die oft über das Ziel hinausschießt? Die SZ hat sich einmal in den Sozialen Medien umgeschaut.

Dabei fällt zunächst auf, dass es größere Unterschiede gibt, wie häufig sich die Bewerber etwa auf Facebook zu Themen der Stadtentwicklung, anderen Mitbewerbern oder allgemeinen gesellschaftlichen Diskussionen äußern. Am aktivsten unterwegs sind Martin Bahrmann (FDP) und der unabhängige Kandidat Frank Richter. Während bei erstem seit Mitte Juli 20 Beiträge gepostet oder geteilt wurden, die im Zusammenhang mit Wahlkampf oder Stadtpolitik stehen, waren es beim zweiten 17. AfD-Bewerber Joachim Keiler teilte oder postete auf seiner Seite „OB-Kandidat für Meißen“ in diesem Zeitraum zehn Posts. Mit Kritik an Mitbewerbern wie Amtsinhaber Raschke oder den von SPD und Linken unterstützten Frank Richter wird dabei nicht gespart. „Die CDU-Politik macht Flächenschaden, auch in den Kommunen“, heißt es da. Oder im Bezug auf Frank Richter: „Aber was kann man auch von jemanden erwarten, der seine politische Einstellung so dermaßen häufig wechselt.“

Weniger aktiv sind Amtsinhaber Olaf Raschke (sechs Beiträge mit direktem Wahlkampfbezug) oder Heiko Lorenz, der sogar nur einen Post absetzte. Dass es durchaus emotional zugehen kann, zeigte sich erst kürzlich. Zunächst wurde über einen angeblichen Alleingang des Oberbürgermeisters wegen der Unesco--Bewerbung Meißens kontrovers diskutiert. Dieser verteidigte sich darauf : „Meine Mitbewerber (...) behaupten, ich würde unabgesprochen und im Alleingang eine Unesco-Bewerbung planen und zitieren dabei die Sächsische Zeitung. Ich zeige Ihnen den Originalbeitrag des MDR. Keine Versprechen. Kein Alleingang, sondern eine Idee...“ Während Martin Bahrmann antwortete: „Mit unserer Fraktion gab es auch nie Gespräche“, schrieb CDU-Stadtrat und Raschke-Unterstützer Jörg Schlechte vielsagend: „Es muss nicht zwingend über alles was zu finden sein.“

Schon brenzliger wird seine Wortwahl bei der inakzeptablen Plakat-Aktion der Linksjugend Solid „Bomben auf Meißen“ im Haus für Viele(s). „Dem roten Pack macht wohl die Hitze zu schaffen?“, fragt er. Bezogen auf einen strittigen Post von Buntes-Meißen-Geschäftsführer Sören Skalicks versteigt sich Schlechte zu der Äußerung: „Da gibt es nur eine Lösung... wenn seine Zöglinge auf Heimat Transport gehen...darf er sie begleiten.“ Mit Wahlkampf hat das wohl nichts zu tun. Bleibt zu hoffen, dass der Blick auf das Wesentliche im Vor-Wahl-Monat auch im Internet nicht verloren geht. Für ULM-Chef Wolfgang Tücks ist der Wahlkampf jedenfalls jetzt schon der „absurdeste aller Zeiten“. „Wer ist für und wer ist gegen wen und warum?“, fragt er sich deshalb noch immer.