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Von Qatar über Freiburg nach Radebeul

Was den gefragten Museologen Christian Wacker daran reizt, das Karl-May-Museum zu übernehmen.

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© aT2 - architektur - TRAGWERK

Von Peter Redlich

Radebeul. Qatar und die Fußball-WM. Das hat fast jeder schon mal gehört. Dass Qatar ein großes Sportmuseum hat, weiß nahezu keiner. Und dass dies der gerade angekündigte neue Direktor vom Karl-May-Museum, Christian Wacker, aufgebaut und von 2008 bis 2014 leitete, ist hier ebenso unbekannt.

Der Neue – Christian Wacker übernimmt ab 1. April die Leitung des Karl-May-Museums und damit das gesamte Neubauprojekt.
Der Neue – Christian Wacker übernimmt ab 1. April die Leitung des Karl-May-Museums und damit das gesamte Neubauprojekt. © dpa
Bis vor drei Jahren hat Christian Wacker das Qatar Olympic and Sports Museum in Doha geleitet.
Bis vor drei Jahren hat Christian Wacker das Qatar Olympic and Sports Museum in Doha geleitet. © Christian Wacker
Der Eingang zum Karl-May-Museum befindet sich heute noch an der Villa Shatterhand in der Karl-May-Straße 5.
Der Eingang zum Karl-May-Museum befindet sich heute noch an der Villa Shatterhand in der Karl-May-Straße 5. © Arvid Müller

In dem Wüstenstaat am Persischen Golf sind die Qataris dem promovierten Archäologen und Museologen sehr dankbar für seine Pionierarbeit. „Wir erkennen unsere Rolle zur Erhaltung der Sportgeschichte und des Erbes der arabischen Welt“, steht noch heute auf der Internetseite vom Qatar Olympic and Sports Museum, unterschrieben vom Fachmann Wacker. Mit der Empfehlung als Direktor des Deutschen Sport- und Olympiamuseums Köln war der heute 51-Jährige nach Qatar verpflichtet worden. Und jetzt Radebeul.

Da reibt sich mancher die Augen und fragt: Wie geht denn das? Zumal das Karl-May-Museum, das sich zu 70 Prozent selbst finanziert, als private Einrichtung auch nicht mit üppigen Gehältern locken kann.

Christian Wacker selbst hält sich noch vornehm zurück. Erst wenn er ab 1. April hier ist, wolle er sich zu seinen Aufgaben öffentlich äußern. Ralf Harder, stellvertretender Vorsitzender der Karl-May-Stiftung als Träger des Museums, ist auskunftsfreudiger. Unter den 21 Bewerbern für den im Herbst ausgeschriebenen Posten des Museumsdirektors sei Wacker besonders aufgefallen – mit überzeugender Fachkompetenz im Museumswesen und auch Charisma. Überzeugend, obwohl er offensichtlich das erste Mal in Radebeul war und das hiesige Museum bisher nicht direkt kannte. Er sei jedoch ein Kenner der Werke Karl Mays, betont Harder.

Der Museologe – im vierten Jahr in der Forschung an der Universität Freiburg tätig – sucht wieder eine praktische Aufgabe. Das Radebeuler Haus an der Karl-May-Straße 5 kommt ihm da gerade recht. Hier ist alles im Aufbruch. Mit einem Neubau und dem künftigen Zugang von der Meißner Straße aus will sich das Karl-May-Museum Radebeul komplett neu organisieren.

In das neue Haus soll die große Ausstellung der Indianer Nordamerikas aus der Villa Bärenfett umziehen. Also ein neuer, attraktiver Platz für den Dakota-Häuptling, das Diorama mit der Indianerfamilie vor dem Tipi und viele andere Ausstellungsstücke. Außerdem wäre in dem Neubau dann endlich ausreichend Raum für attraktive Sonderausstellungen, die jetzt nur in einem kleinen Nebenzimmer der Villa Bärenfett möglich sind.

In der Villa Shatterhand, dem ehemaligen Wohnhaus des Abenteuerschriftstellers mit der in Deutschland bislang größten Auflage an Büchern – über 200 Millionen – soll Karl May selbst gewürdigt werden. Die Villa Bärenfett, das Blockhaus am Nordende des Gartens, wird die Geschichte des Museums darstellen. Vor 90 Jahren haben Mays Witwe Klara und der ehemalige Zirkusartist und Westernkenner Patty Frank das Museum eröffnet.

Claudia Kaulfuß hat, nach dem Ausscheiden des langjährigen Museumsdirektors Renè Wagner, die letzten vier Jahre die Aufgaben des kaufmännischen und musealen Leiters des Karl-May-Museums übernommen. Mit der Neubesetzung sollen die Aufgaben wieder in die Hände von zwei Personen gegeben werden. Vor allem auch wegen des enormen Umbruchs, so Ralf Harder vom Vorstand.

Das Museum wird nicht nur äußerlich ein neues Aussehen bekommen. Auch im Innern ist Aufbruch nötig. Kustos Robin Leipold: „Wir brauchen dringend eine Umorientierung, die familienfreundlicher ist. Kinder sollen Dinge anfassen und riechen können.“ Im Blockhaus der Villa Bärenfett haben Leipold und Museumspädagogin Juliane Hanzig den ersten Raum für einen solchen interaktiven Museumsbesuch umgestaltet. Diese Art von Aufbereitung müsse im gesamten Museum angegangen werden, um neue Besucher zu locken.

Der Garten zwischen Villa Shatterhand und Villa Bärenfett soll wieder wie zu Karl Mays Zeiten gestaltet werden. Parkplätze für Besucher müssen an der Meißner Straße entstehen. Bis 2022, so das große Ziel, soll das Karl-May-Museum den großen Umbruch bewältigen.

Eine Aufgabe, die offenbar den Weltmann Christian Wacker reizt. Auch wenn die 7,5 Millionen bislang geschätzte Baukosten sicher nicht mit den wesentlich größeren Möglichkeiten in Qatar zu vergleichen sind. Aber auch die müssen aufgebracht werden.

Die Stadt hat das Museumsareal nachträglich ins Sanierungsgebiet Radebeul-Ost aufgenommen, um Fördermittel vom Bund zu bekommen. Stiftung und Museum hoffen auf Zuschüsse vom Land Sachsen. Die Radebeuler Architekten Frank Mehnert und Dirk Georgi liefern schon Bauplanung im Voraus, damit der Um- und Neubau wie gewollt im nächsten Jahr starten kann.

Wie von Stiftungsvorstand Ralf Harder zu hören ist, will der designierte Museumschef, der ab April auch Geschäftsführer der Stiftung sein soll, mit Familie umziehen. Er ist mit der brasilianischen Sporthistorikerin Marcia de Franceschi Neto-Wacker verheiratet. Willkommen in Radebeul!