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Valters Rückkehr nach Sarajevo

Dem serbischen Mega-Star des Partisanenfilms wird posthum in Bosnien ein Museum gewidmet.

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© dpa

Von Thomas Roser

Zumindest im ex-jugoslawischen Vielvölkerreich ist Reisenden mit dem deutschen Vornamen Walter stets ein freundlicher Empfang gewiss. „Ah, der Valter!“, lautet bei gesprächigen Grenzbeamten, Bankangestellten oder an der Hotelrezeption grenzüberschreitend der freudige Ausdruck ihres Erkennens: „Verteidigen Sie hier Sarajevo?“

Der „Valter“ ist im zerfallenen Jugoslawien unvergessen. „Valter verteidigt Sarajevo“, lautete der Titel des 1972 in Bosniens Hauptstadt gedrehten Kultfilms, der nicht nur in Jugoslawien, sondern vor allem auch im fernen China die Kinosäle füllte. Denn was im Westen der Western, war im sozialistischen Jugoslawien in den 60er- und 70er-Jahren der Partisanenfilm. Die politisch gewollte Glorifizierung des Untergrundkampfs der Partisanen gegen die deutschen Besatzer während des Zweiten Weltkriegs wurde in unendlichen Variationen verfilmt. Aufwändige Kriegsepen wie „Die Schlacht an der Neretva“ (1969) oder „Die fünfte Offensive“ (1973) begeisterten ein Millionenpublikum.

Doch der mit Abstand populärste Partisanenfilm war eher ein Agentenfilm: Nach vielen Wirren gelingt es dem Partisanenkommandanten und Doppelspion „Valter“, die Treibstofflieferung der Wehrmacht zu sabotieren, den Vormarsch der Deutschen zu stoppen – und ihnen die Hoheit über Sarajevo zu entreißen.

Gemimt wurde Valter vom Mega-Star des jugoslawischen Films. Über 350 Filme drehte der 2016 verstorbene Schauspieler Velimir Bata Zivojinovic. Doch vor allem die Rolle des „Valter“ hat dem bekanntesten Gesicht des Partisanenfilms nicht nur auf dem Balkan zeitlosen Ruhm beschert: Sein Antlitz prangt in China selbst auf den Etiketten von „Valter-Bier“-Flaschen.

In den dunkelsten Jahren der Olympiastadt bekleckerte sich Sarajevos Filmheld allerdings keineswegs mit Ruhm. Als während des Bosnienkriegs (1992–1995) über drei Jahre lang Zehntausende Granaten auf das von bosnisch-serbischen Truppen belagerte Sarajevo niedergingen, eilte leider kein Valter den eingeschlossenen Bewohnern zu Hilfe: Dessen in Sarajevo lebender Regisseur Hajrudin Krvavac starb schon zu Beginn der Belagerung im Jahr 1992 an Herzversagen. Valter-Darsteller Velimir Bata Zivonjinovic saß derweil als Parteigänger der Sozialisten unter Slobodan Milosevic von 1990 bis 2003 im fernen Belgrad im Parlament.

Seine „zweite Lieblingsstadt“ Sarajevo sollte der Belgrader Valter-Darsteller nach dem Krieg nie mehr besuchen. Der Schauspieler ist tot, Jugoslawien längst zerfallen. Aber die Erinnerung an den legendären Stadthelden lebt in Sarajevo noch immer fort. Posthum steht Valter nun die Rückkehr in seine Filmheimat bevor. Ende des Jahres soll in Sarajevo ein neues Multimedia-Museum zu Ehren des Helden des Kultfilms seine Pforten öffnen – auch um verstärkt Touristen aus China anzulocken.

Auf Partisanenfilm-Touren steuert die wachsende Zahl von Valter-Touristen aus dem Reich der Mitte jedoch nicht nur Sajarevo und Bosniens zahlreiche Partisanenmonumente, sondern auch das Haus von Valter-Darsteller Zivojinovic im serbischen Belgrad an: Spät einigt das touristische Gedenken an den unvergessenen Valter doch noch die ex-jugoslawischen Völker.