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Uraufführung in der Görlitzer Stadthalle

Beim Konzert „Kultur baut Brücken“geht es um das historische Gebäude und das Schlesische Musikfest. Und viel mehr.

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© Nikolai Schmidt

Von Gabriela Lachnit

Görlitz. Inmitten großformatiger Bilder der Leipziger Künstlerin Antoinette erklingt an diesem Donnerstag Musik in der Görlitzer Stadthalle. Die Stadthallenstiftung veranstaltet ein Konzert unter dem Titel „Kultur baut Brücken“. Die Organisatorin Anneliese Karst weist darauf hin, dass die Ausstellung „Mythos Europa“, die seit Mitte Juli im großen Saal der Stadthalle gezeigt wird, an diesem Donnerstagnachmittag nicht zu besichtigen ist. Grund dafür sind die Vorbereitungen für das Konzert. Es beginnt 17 Uhr . Das Konzert ist eine offene Veranstaltung mit mehreren Künstlern. Der Eintritt ist frei. Frau Karst verweist jedoch darauf, dass die Zahl der Sitzplätze begrenzt ist.

Das zweistündige Musikerlebnis hält nicht nur ein abwechslungsreiches Programm bereit, dessen Stücke immer Bezug zur Görlitzer Stadthalle haben. Es gibt auch eine Uraufführung. „Der Teppich“ ist ein Gedicht von Katja Orback. Die über 90-Jährige ist die Mutter von Jens Orback. Er war schwedischer Minister für Integration und ist jetzt Generalsekretär der Olof-Palme-Stiftung. Er forschte nach der Geschichte seiner Mutter, die aus Pommern stammt, und recherchierte über die Familie. Ergebnis ist das Buch „Schatten auf meiner Seele“. Katja Orback beschreibt in ihrem Gedicht ihre Zeit in Pommern, die Flucht und die Vertreibung. Der gebürtige Görlitzer Musiker und Musikpädagoge Andreas Wenske hat das Gedicht gemeinsam mit der Sopranistin Johanna Krumin vertont. Das Werk erklingt am Donnerstag in der Stadthalle Görlitz erstmals in der Öffentlichkeit. Jens Orback und seine Mutter können an der Uraufführung nicht teilnehmen, wie sie in einer E-Mail an Anneliese Karst mitteilen. Aber sie freuen sich schon auf den Bericht über das Ereignis.

Der Förderverein für die Stadthalle Görlitz und die Stadthallenstiftung wollen mit dem Konzert am Donnerstag einmal mehr auf die Bedeutung des Gebäudes aufmerksam machen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch das Musikprogramm. „Weichet nur, betrübte Schatten“ von Johann Sebastian Bach mag dabei durchaus der Ausdruck dafür sein, dass Bund und Freistaat Sachsen der Sanierung der Stadthalle Görlitz sehr wohlwollend gegenüberstehen. Mit der Zusage von beträchtlichen Fördermitteln ist ein Großteil der Schatten über der Stadthallensanierung bereits vertrieben, aber noch nicht alle. Im Konzert am Donnerstag ist das Musikstück auch eine Erinnerung daran, dass bis in die 1950er Jahre immer wieder Bachwerke in der Halle gespielt worden sind. Und es soll ein Ausblick darauf sein, dass Bachs Musik wieder eine Perspektive in dem Haus an der Neiße haben wird, betont Anneliese Karst.

Weiter erklingt die „Fantasie für Oboe und Orgel“. Das Stück von Karl Josef Jonkisch ist im November 1995 in der Stadthalle Görlitz uraufgeführt worden. Kirchenmusikdirektor Jonkisch prägte das Görlitzer Musikleben in großem Maße mit. Er setzte sich unter anderem für die Restaurierung der Stadthallenorgel nach 1990 ein und war Präsident der nach der Wende wiederbelebten Schlesischen Musikfeste.

Die Schlesischen Musikfeste, für deren Durchführung die Stadthalle Görlitz überhaupt gebaut worden ist, zählten seinerzeit zu den größten und beliebtesten Musikfesten ihrer Art in ganz Deutschland. Diese Tradition wiederzubeleben, haben sich viele Menschen in der Region und darüber hinaus vorgenommen. Zu ihnen gehört Andreas Wenske. „Die nach 1990 wiederbelebten Schlesischen Musikfeste hatten immer ein gutes Programm, das über Ländergrenzen wirkte“, erinnert sich der Musiker. Viele Leute aus seinem Kollegenkreis hätten ihn schon angesprochen und ihre Unterstützung für die Neuauflage dieser Veranstaltungsreihen zugesagt. „Das Musikfest hat brückenbauenden Charakter“, betont Wenske, „denn es ist ein Fest für die ganze Region im Dreiländereck und nicht nur für die Stadt Görlitz.“

So sieht das auch Professor Tomasz Tomaszewski. Der Konzertmeister und Präsident der Internationalen Beethoven-Geselschaft spielt am Donnerstag nicht nur die Violine, sondern wird mit Andreas Wenske in einem Vortrag Ideen für ein künftiges deutsch-polnisches Musikprojekt vorstellen. Den Abschluss der Veranstaltung gestaltet Matthias Eisenberg. Der Meisterorganist spielt ein großes spätromantisches Orgelwerk. Es ist eine Demonstration der größten erhaltenen Konzertorgel aus der Orgelbauwerkstatt von Wilhelm Sauer.

Möglich machen das Konzert in der Stadthalle ein Team von ehrenamtlichen Organisatoren um Anneliese Karst und Sponsoren, darunter die Stadträtin Cornelia Effenberger (CDU) und zwei Hotels.