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Unterwegs mit dem Weingott

Frank I. hatte als neuer Bacchus auf der Federweißermeile in Diesbar-Seußlitz seine ersten Auftritte. Die SZ war dabei.

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© Andreas Weihs

Von Dominique Bielmeier

Diesbar-Seußlitz. Ein wenig überrumpelt wirkt er ja schon, der neue Bacchus Frank I. Von überall klopfen sie ihm auf die Schulter oder raunen „Da, der Weingott!“, wenn er auf der Federweißermeile an ihnen vorbeigeht. Ob er sich das so vorgestellt hat?

Die Gelassenheit eines Weingottes bringt Frank Widerra schon einmal mit, als er zusammen mit Ortsweinkönigin Lisa-Marie Queißer in einem schwarzen Mercedes-Cabrio zur Eröffnung der Federweißermeile bis an den Fähranleger unterhalb des Gasthauses Zum Roß gefahren wird. Hier stehen die Ehrengäste, die Sponsoren, erkennbar an einer Schnur mit Laugenbrezel um den Hals; ein Dutzend Frauen, der Winzerchor, singt „Freunde, schenkt ein, hoch lebt der Wein“. „Der Bacchus hat schon ausgetrunken“, ruft Katharina Lai, Vorsitzende des Tourismusvereins Sächsische Elbweindörfer, als sie seinen leeren Kelch sieht. „Da war nie was drin!“, entgegnet Bacchus und erntet den ersten Lacher.

Der Weingott hat für das Wochenende bestes Spätsommerwetter bestellt. Die bunten Wimpelketten, die überall aufgehängt wurden, an Fassaden, Zäunen, Bäumen, die ganze Weinstraße entlang und noch in den Nebenstraßen, flattern leicht im Wind, das Wasser auf der Elbe kräuselt sich und der neue Bacchus zeigt der Ortsweinkönigin und der sächsischen Weinkönigin mal, wie man Brot richtig schneidet.

Station zwei an diesem Tag: der Anschnitt des Winzerbrotes. Das wurde zu einer großen 19 gebacken – so viele Jahre gibt es die Federweißermeile bereits – und wird sogleich von Schülern der AG Kochen der Oberschule Nünchritz in Fettbemmen verwandelt. Bacchus Frank nimmt sich beherzt ein Brot heraus, drückt es gegen die Brust und schneidet dann eine Scheibe ab, immer mit der Klinge zum Oberkörper hin. So, wie es die Eltern immer verboten haben – und wie es nun mal am besten geht.

Ein paar Fotos für Festbesucher, dann geht es schon weiter, rein in einen großen Weigt-Bus. Bacchus und Ortsweinkönigin sind heute unterwegs mit den Ehrengästen, ohne die das Fest nicht möglich wäre. Erste Station: das Weinfassrollen am Kinder- und Vereinszentrum in Seußlitz. Klar, dass Bacchus den Parcours zwischen Sperrholzplatten und um ein stehendes Weinfass herum als Erster bewältigen muss.

Auf Schutzhandschuhe verzichtet er, gibt dem Fass beim Start gleich jede Menge Schwung und knallt erst mal gegen die Bande. Auch beim Manövrieren um das Weinfass herum verliert er Zeit. Die 25 Sekunden, die er bis zurück zur Startlinie braucht, werden danach von den anderen Teilnehmern immer weiter unterboten. Unglücklicher Auftakt – oder doch gönnerhaft berechnet vom Weingott, der ja für gute Stimmung sorgen will?

Auf dem Weg zu den nächsten Terminen erzählt Frank Widerra, wie er zum Weingott wurde. Er sei über die Jahre mehrfach gefragt worden, ob er sich die Rolle nicht vorstellen könne. Schließlich habe er sich breitschlagen lassen. Für wie lange? Immerhin trug sein Vorgänger Jens Weser zehn Jahre lang die Krone aus Weinlaub. Puh, sagt Bacchus. „Das ist doch heute erst mein zweiter Tag.“ Aber zehn Jahre? „Keine Ahnung, vielleicht braucht man dann irgendwann eine neue Leber“, sagt Widerra und lacht. In der Ausstellung zum Fotowettbewerb des Elbe-Röder-Dreieck e. V. wirkt er auf jeden Fall glücklich, mal eine Tasse Kaffee statt dem großen Weinkelch halten zu können.