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Ungeliebter Bootssteg

Die neue Anlegestelle am Bautzener Stausee wird kaum genutzt. Das liegt nicht nur am Niedrigwasser.

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© Uwe Soeder

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Das Wasser fehlt. Nur die Spitze der Plattform ragt noch in den Bautzener Stausee. Die grauen Pfähle, die den Bootssteg tragen, stehen längst auf dem Trockenen. Wenn überhaupt, dann wird die Anlagestelle derzeit nur von Badegästen genutzt. Die Besucher des Stausees finden dort einen Sitzplatz, einen Ort zum Sonnen. Doch seine eigentliche Aufgabe kann das Bauwerk so nicht erfüllen. Boote haben hier schon lange nicht mehr angelegt.

Nun könnte man von einer Ausnahme sprechen, sich damit beruhigen, dass künftig nicht jeder Sommer so extrem trocken wird. Doch Bautzens neuer Bootssteg sorgt auch dann für Unzufriedenheit, wenn der Stausee gut gefüllt ist. Vor allem die zwei Segelsportvereine sind mit der neuen Anlegestelle so gar nicht zufrieden.

Anfangs haben die Mitglieder vom Bautzener Segel-Club noch versucht, mit ihren Booten den neuen Steg an der Promenade anzusteuern. Doch inzwischen lassen sie das lieber sein. Zu groß ist die Gefahr, dass ihre Flotte dabei kaputt geht. Unzufrieden sind sie vor allem mit der besonderen Gestaltung der Plattform. Die Form soll an ein Lindenblatt und damit an das sorbische Wappen erinnern. Schick ist das schon, aber eben unpraktisch, meint Ralf Birn, zweiter Vorsitzender des Vereins. „Diese Gestaltung erschwert das Anlegen“, erklärt er, der mit dieser Meinung nicht allein dasteht.

Auch Dirk Kieschnick vom Seesportclub Bautzen ist mit der Form unzufrieden. „Wenn man nur mit einem Boot kommt und anlegen will, dann geht es ja noch. Aber wir sind gleich mit mehreren unterwegs“, meint er und erklärt, wie schwierig es ist, die Boote an dem neuen Steg zu befestigen. An einer normalen Anlegestelle könnte er fünf bis sechs Boote einfach nebeneinander parken. Doch aufgrund der runden Form der Bautzener Plattform geht das eben nicht.

Praxistest nicht bestanden

Folgt man der Argumentation der Segelsportler, dann hat der Bootssteg seinen Praxistest nicht bestanden. Ein überraschendes Urteil, vor allem, wenn man bedenkt, wie lange in Bautzen über den Steg diskutiert wurde. Fast zehn Jahre war die Anlegestelle ein Thema. Pläne wurden ausgearbeitet – und verschwanden wieder in der Schublade. Geld wurde im Haushalt eingestellt und schließlich nicht abgerufen. Bis Ende 2014 endlich zwei konkrete Varianten zur Diskussion auf den Tisch kamen.

Bis zur Eröffnung des Stegs sollten aber noch einmal zwei weitere Jahre vergehen. Und während das Wasser die Spree herunter und den Stausee hindurch floss, stiegen die Kosten. Ursprünglich war man bei einer kleineren Variante von 60 000 Euro ausgegangen. Am Ende investierte die Stadt fast eine Viertelmillion Euro.

Von einer Fehlkonstruktion will man bei der Stadt nichts hören. Zwar ist im Rathaus die Kritik der Segelsportler bekannt. „Sie ist aber nicht nachvollziehbar“, erklärt Stadtsprecher André Wucht. Man habe nicht ohne Grund von Anfang an alle Vereine in den Planungsprozess einbezogen. „Während dieser Phase sind von keiner Seite Bedenken geäußert worden“, so Wucht. Anders klingt das bei den Segelsportlern. „Wir hatten uns etwas anderes vorgestellt“, erklärt Dirk Kieschnick.

Partyboot hat keine Probleme

Es gibt aber nicht nur kritische Stimmen. Matthias Schneider leitet die Ocean Beach Bar, die sich direkt an der Strandpromenade befindet. Er freut sich über den Steg, nutzt ihn für sein neues Partyboot. Schneider fährt das Boot zum Steg, damit seine Gäste es trockenen Fußes besteigen können. „Ich bin froh, dass die Stadt diese Möglichkeit geschaffen hat“, sagt er. Gleichzeitig weiß er um die Probleme der Segelsportler. Er hatte schon Gäste, die mit dem Segelboot zu ihm kamen und Schwierigkeiten beim Anlegen hatten. Sein Vorteil: Der Chef der Beach Bar kann sein Partyboot so positionieren, dass seine Gäste vorn einsteigen können. Probleme mit dem Steg hätten all jene, die seitlich in ihr Schiff klettern müssen.

Und nun? Die Stadt will den neuen Steg nicht umgestalten. „Bauliche Veränderungen sind derzeit nicht vorgesehen“, erklärt André Wucht. Eine Aussage, die den Segelsportler Ralf Birn nicht überrascht. Ihm ist klar, dass die Stadt den Steg nicht komplett austauschen kann. Doch eine kleine Anregung hat er. Seit Kurzem sind am Steg auch Leitern befestigt. „Die stören uns beim Anlegen zusätzlich“, sagt er.

Auch Matthias Schneider hat eine Idee, wie man die Anlegestelle mit wenig Geld optimieren könnte. Der Chef der Beach Bar schlägt einen sogenannten Fingersteg vor. Gemeint ist eine im Wasser schwimmende Anlegestelle. Die könnte man an der bereits vorhandenen Plattform befestigen. Dann, so hofft Matthias Schneider, wäre der Bootsteg für alle eine Bereicherung – vorausgesetzt, das Wasser steigt wieder.