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Stadt verteidigt Pläne für Hochwasserschutz

Bei einer Inforunde zu einem Rückhaltebecken bleiben in Freital Rathaus und Anwohner uneins. Nun ist der Stadtrat am Zug.

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© Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Einig waren sich am Ende alle, dass am Breiten Grund, einem Taleinschnitt hinter dem Freitaler Edelstahlwerk, Hochwasserschutz notwendig ist. Das war es dann aber auch schon mit der Gemeinsamkeit. Stattdessen traten am Dienstagabend bei einem Informationsabend zum Bau eines Regenrückhaltebeckens an der Bergstraße zwei Dinge zum Vorschein. Die Bürger trauen den Bauplänen nicht. Und der Verwaltung läuft die Zeit davon.

Worum geht es? Regnet es besonders heftig oder lang anhaltend, können die Kanäle an der Bergstraße die Mengen nicht mehr fassen. Es rauscht dann die Straße hinab und flutet ins Betriebsgelände des Edelstahlwerks. Den Querschnitt der unterirdischen Rohrtrassen zu vergrößern, sei aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich, heißt es seitens des Freitaler Abwasserbetriebs. Deshalb müsse ein Regenrückhaltebecken gebaut werden. Die Stadt beauftragte schon 2007 ein Ingenieurbüro, einen Standort zu suchen. Er wurde am oberen Ende der Bergstraße hinter der Wohnbebauung gefunden und soll heftigen Wetterereignissen, wie sie im Schnitt alle 20 Jahre einmal vorkommen, standhalten.

Die Anwohner sind dagegen. Sie fürchten, dass die gut 5 400 Kubikmeter fassende Anlage bei extremem Hochwasser außer Kontrolle geraten und ihre Wohnhäuser bedrohen könnte. Denn das Becken soll nicht nur die Wassermassen aus dem Breiten Grund fassen, sondern auch die Fluten, die von der Opitzer Straße abfließen. Die Bürger schlagen vor, das Wasser im Wald aufzuhalten. Dort könnten natürliche Taleinschnitte kaskadenartig hintereinander zu Speicheranlagen ausgebaut werden. „Wirtschaftlich ist das nicht machbar“, sagte jedoch Ingenieur Egbert Elefant vom Planungsbüro Ökoprojekt Elberaum.

Bei der Standortsuche wurde die Variante im Wald untersucht. Allerdings seien Bau- und auch Unterhaltungskosten deutlich höher als bei einem Becken an den Wohnhäusern. Dagegen spricht auch, dass der Eingriff in die Natur beim Bau massiv wäre. So müssten viele Bäume gefällt, eine Baustraße angelegt und das Gelände an den Becken umgestaltet werden. Elefant: „Zudem wäre das Problem mit dem Wasser von der Opitzer Höhe damit nicht gelöst.“

Einige Anwohner sind nicht überzeugt. „Jetzt kommt hier nur das Wasser vom Breiten Grund an“, argumentiert deren Sprecher Ralf Marth. In Zukunft solle auch das Wasser von der Opitzer Höhe, welches derzeit weiter unten in das Bergstraßen-Kanalsystem fließt, ins Becken geleitet werden. „Sie führen das gesamte Wasser direkt hinter die Wohnhäuser“, wirft Marth den Planern vor. Die Ingenieure haben errechnet, dass bei einem 20-jährigen Hochwasser gut 800 Liter pro Sekunde an der Stelle ankommen. Die Wasserbauer wollen die Menge teilen – der Großteil wird ins Becken geleitet und zeitversetzt in die Kanalisation abgegeben. Ein kleinerer Teil soll wie jetzt schon im Graben entlang der Straße fließen und in der Schleuse verschwinden. Dass dies funktionieren wird, glaubten etliche Anwohner nicht.

Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) bat nach zweistündiger Diskussion um Vertrauen. „Wenn ich mich in ein Auto setze, frage ich doch auch nicht, ob die Windschutzscheibe bei Tempo 200 davonfliegt.“ Er gehe davon aus, dass die Fachleute so ein Becken richtig planen und bauen. Nun müssen die Stadträte entscheiden, ob das Becken am vorgeschlagenen Standort gebaut und dafür das Grundstück gekauft wird. Die Verwaltung will das Thema im Juni auf die Tagesordnung setzen. Rumberg: „Ich sehe keine andere Möglichkeit für Hochwasserschutz an der Bergstraße.“