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„Solange die Knochen halten …“

Andreas Lambertz ist einer von neun Dynamo-Profis, deren Verträge mit der Saison enden. Jetzt beginnen die Gespräche.

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© Lutz Hentschel

Von Sven Geisler, Marbella

Es ist 12.40 Uhr, als Ralf Minge am verregneten Montagmittag im Hotel „Guadalmina“ in Marbella eincheckt. Gemeinsam mit dem Sportgeschäftsführer kommt ein Spieler ins Trainingslager von Dynamo Dresden, aber es ist weder Eero Markkanen noch ein Neuzugang. Der 17 Jahre alte Nachwuchstorwart Mika Schneider soll Marvin Schwäbe vertreten, weil der wegen einer Kniereizung vorerst nicht trainieren kann. Im Fall des Finnen Markkanen hatte dagegen auch Minge nichts Neues zu berichten, Klarheit soll es am Dienstag geben.

Trainer Uwe Neuhaus steht am Montag auf dem Trainingsplatz buchstäblich im Regen.
Trainer Uwe Neuhaus steht am Montag auf dem Trainingsplatz buchstäblich im Regen. © Lutz Hentschel
Die Redewendung, im Boden zu versinken, bekommt hier eine neue Bedeutung.
Die Redewendung, im Boden zu versinken, bekommt hier eine neue Bedeutung. © Lutz Hentschel
Ralf Minge stürmt ins Mannschaftshotel. Der junge Mann neben ihm ist Nachwuchstorwart Mika Schneider.
Ralf Minge stürmt ins Mannschaftshotel. Der junge Mann neben ihm ist Nachwuchstorwart Mika Schneider. © Lutz Hentschel

Für Dynamos obersten Kaderplaner geht es in Spanien zuerst um einen Stimmungstest und Sondierungsgespräche. Immerhin laufen am Saisonende neun Verträge aus (siehe Kasten) – auch der von Andreas Lambertz. Wer dachte, der 33-Jährige würde sich im Sommer aufs Fußballer-Altenteil zurückziehen und den Anschlussjob antreten, den ihm sein vorheriger Verein Fortuna Düsseldorf nach dem Karriereende bietet, liegt daneben. Er werde weiterspielen, und zwar „solange mein Körper nicht sagt: Lumpi, das war’s jetzt“.

Ob es für ihn bei Dynamo weitergeht, weiß er dagegen nicht. „Wir haben bisher über gar nichts gesprochen.“ Der Trainer hat allerdings in seinem Fazit vor dem Weihnachtsurlaub bereits ein klares Bekenntnis zu seinem Vizekapitän abgegeben. Er sei ein enorm wichtiger Spieler, mit dem er regelmäßig einen überragenden Austausch habe, sagte Uwe Neuhaus und hob seine „wichtige Rolle für die Mannschaft“ hervor. Auch wenn Lambertz sich nicht in einer Vaterrolle sehen mag, ist er doch für „die Jungs“, wie er die Mitspieler nennt, ein wichtiger Ansprechpartner neben Marco Hartmann. „Ich nehme diese Aufgabe sehr ernst, gemeinsam mit Harti und dem Mannschaftsrat“, sagt er. „Wir haben einen engen Draht zueinander. Das passt alles gerade bombig.“

Dabei ist Lambertz schon jetzt kein Stammspieler mehr, hat nur in neun von 18 Partien in der Startelf gestanden. Das nimmt er nicht etwa klaglos hin, so weit ist er eben noch nicht. „Natürlich willst du immer spielen, alles andere ist ja Quatsch“, gibt er zu, aber: „Ich bin nicht ganz blind, sondern sehe, wie gut wir auf meiner Position besetzt sind. Wenn der Trainer sich mal für die anderen entscheidet – tja.“ Gelassenheit aus Erfahrung.

Auch wenn 90 Minuten wie beim 1:0-Sieg gegen Union in Berlin inzwischen die Ausnahme sind, ist Lambertz nach wie vor eine Option. Das spricht zumindest dafür, dass man miteinander spricht. Dabei hat er seinen Rückzug an den Rhein bereits vorbereitet. Seine Frau Stefanie wohnt mit den Kindern seit vorigem Sommer wieder dort. Weil Tochter Caitlin in die Schule kam und Sohn Collin sie sowieso wechseln musste, haben sie sich für die Fernbeziehung entschieden. Eine völlig neue Erfahrung.

„Wir sind damals direkt von Hotel Mama zusammengezogen“, erzählt er. „Bisher kriegen wir das richtig gut hin.“ Er pendelt, so oft es geht, und in den Ferien war die Familie bei ihm in Dresden. So darf es auch eine Zeit lang weitergehen, denn eines will Lambertz auf keinen Fall: mit dem Fußball vorschnell aufhören. „Ich habe mit vielen ehemaligen Spielern gequatscht, und jeder hat gesagt: Genieße es, solange es geht. Es ist schneller vorbei, als du es merkst, und dann stehst du auf einmal da.“

Verein nicht unter Zeitdruck

Mit der Offerte der Fortuna wäre sein Einstieg ins Berufsleben nach der Profi-Karriere gesichert. Allerdings ist es nicht leicht. sich für eine Option zu entscheiden: Als Trainer zunächst im Nachwuchs dran bleiben am Fußball oder eine Aufgabe in der Geschäftsstelle wahrnehmen, was seinen Alltag verändern würde. „Ich könnte mir beides gut vorstellen“, sagt er. „Aber wie gesagt: Solange die Knochen halten …“

Er legt sich dabei nicht fest – weder auf einen Verein noch auf die Liga. „Es muss passen und ich weiterhin Spaß dabei haben“, meint Lambertz. „Man muss sich alles anhören.“ Dynamo wäre wohl seine erster Option, wenn Minge und Neuhaus ihn im Trainingslager ansprechen. Möglicherweise warten sie aber auch noch ein wenig ab, denn unter Zeitdruck steht der Verein diesmal nicht. Es laufen zwar außer dem von Lambertz noch acht weitere Verträge aus, aber bei den drei Leihgeschäften ist man ohnehin abhängig von den anderen Klubs. Und die anderen sind keine solchen Leistungsträger, wie sie die Schwarz-Gelben in den vergangenen zwei Jahren abgeben mussten.

Manuel Konrad hat sich zu einem verlässlichen Vertreter für Hartmann entwickelt, Fabian Müller aber seinen Platz in der Abwehrkette erst links und dann rechts verloren. Nachwuchshoffnung Justin Löwe bekommt sehr wahrscheinlich ein Angebot, immerhin hat es der 19-Jährige zuletzt durch die Personalnot in den 18-Mann-Kader fürs Spiel in Duisburg geschafft. Noah Awassi war dagegen keine Alternative und kann bereits bis Transferschluss am 31. Januar wechseln, hat bisher jedoch bei keinem anderen Verein unterschrieben.

Lambertz sieht für sich übrigens nicht mal akuten Gesprächsbedarf. „Wir sind erst Mitte der Saison, alles entspannt.“ Und Minge fuhr nach einer kurzen Stippvisite beim Nachmittagstraining gleich weiter zum Testspiel von Borussia Dortmund gegen Dynamos Ex-Europapokal-Gegner Waregem aus Belgien. Ob er beim 3:2-Sieg des BVB bereits potenzielle Neuzugänge beobachtet hat, ist allerdings nicht bekannt.