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Seit 90 Jahren alle neune

Die Kegler von Stahl Rietschen sind begeisterte Sportler, mögen die Gemeinschaft und sind auch noch sehr erfolgreich.

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© André Schulze

Von Carla Mattern

Rietschen. Ganz genau kann Siegfried Heinrich nicht sagen, wie lange er schon kegelt. In seinem Ausweis stehe das nicht drin, erzählt er. Aber gleich nach dem Krieg begann seine sportliche Laufbahn. Irgendeinen Sport wollte er machen, oder auch zur Feuerwehr gehen, so sei damals sein Plan gewesen. In der Gaststätte in Werda gab es auch eine Kegelbahn und Siegfried Heinrich probierte sich mal aus. „Ich muss so gut gewesen sein, dass ich in der nächsten Woche gleich wiederkommen sollte“, erzählt er und war fortan bei Post Rietschen aktiv.

Seitdem sind mehr als 50 Jahre vergangen und der 79-Jährige freut sich nicht nur auf seinen 80. Geburtstag im September. Er freute sich auch im März mit seinen Teamkollegen von der zweiten Männermannschaft der Kegler von Stahl Rietschen nach einem Kampf in Großschweidnitz über den Staffelsieg und den Aufstieg in die Kreisliga. Auf der Facebookseite schrieben die Rietschener Kegler in dem Text über den Wettkampf: „Hervorzuheben hier G. Bläsche mit 516, W. Krone mit 500 und ganz besonders unser Oldie S. Heinrich mit 509 Holz, weiter so, den Aufstieg habt ihr euch verdient!!!“. Dass Siegfried Heinrich eigentlich nicht von Post zu Stahl wechseln wollte, weil sie ja damals schließlich sportliche Konkurrenten waren, das ist mittlerweile eine kleine Anekdote. Vielleicht wird sie auch heute oder am Wochenende erzählt. Denn dann feiern die Männer und Frauen, Mädchen und Jungs von der Abteilung Kegeln des SSV Stahl Rietschen ein besonderes Jubiläum. 90 Jahre Kegelsport in Rietschen nehmen sie zum Anlass für ein Vier-Tages-Programm. Das ist natürlich nicht nur festlich, sondern auch sportlich.

Am Donnerstag ab 10 Uhr waren die Kinder aus der Grundschule Daubitz auf der Kegelbahn. Das ist aber nicht nur zu besonderen Jubiläen so, sondern eigentlich schon traditionell, erzählt Kai Härtner vom Abteilungsvorstand. Am Nachmittag trafen sich die zwei Seniorensportgruppen zu einem kleinen Turnier. Da geht es nicht so sehr um Punkte. Da geht es vor allem ums Miteinander bei Bewegung. Die Frauengruppe besteht vor allem aus ehemaligen Kindergärtnerinnen, die Männergruppe aus ehemaligen Handballern.

Dass man den Kegelsport betreiben kann von jungen Jahren an bis ins Alter, das beweist also nicht nur Siegfried Heinrich. Es schwört auf die Belastung für den Körper und dass man auch ein bissel dabei überlegen muss, wie er sagt. Die Redewendung „eine ruhige Kugel schieben“ kommt zwar aus dem Kegelsport und bedeutet, dass etwas leicht sei. Das rührt allerdings davon, dass die Kugel auf der glatten Bahn recht mühelos rollt. Dass sie tatsächlich alle neune trifft, das ist keine Selbstverständlichkeit! Technik, Gefühl, Können, Glück - allerhand gehört dazu.

Das wissen auch schon Carolyne und Charlyne Stiller. Die Schwestern sind neun und zehn Jahre alt, lernen in ihrem Heimatort Kreba-Neudorf in der Grundschule und kegeln in Rietschen. Und zwar auch schon sehr erfolgreich. Caro hat bereits drei Pokale, Charlyne zwei im Bücherregal stehen, wie sie stolz erzählen. So ein Pokal ist nicht etwa eine nette Erinnerung an einen Wettkampf. Nein. So einen Pokal bekommt, wer den Kreismeistertitel erkämpft hat. Und das, obwohl Kegeln nicht die einzige Freizeitbeschäftigung für die Mädchen ist, sie zählen auch Tanzen, Fußball und Feuerwehr auf. Den beiden Jüngsten aus der Stahl-Kegelabteilung ist möglicherweise schon eine Kugel in die Wiege oder den Kinderwagen gelegt worden. Denn auch ihre Eltern kegeln, Rico Stiller in der ersten Männermannschaft, Katrin Stiller in der zweiten Frauenmannschaft.

Für den Senior unter den Keglern Siegfried Heinrich eine ganz normale Angelegenheit. Auch aus seiner Familie sind etliche Kegelsportler hervorgegangen und auch aktiv wie er. Ganz einfach ist es aber nicht, neue Mitstreiter zu finden. Denn in Rietschen gibt es viele Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen, und gerade Fußball und Handball haben da eine große Ausstrahlung. Die Nähe zur Freien Schule sei deshalb gar nicht so schlecht, sind sich Rico Stiller und Kai Härter einig. Gerade die Mädchen und Jungs aus der Freien Schule haben einen guten und kurzen Draht zu den Keglern. Schließlich befindet sich die Kegelbahn samt Vereinsräumen im Keller des Kulturhauses Fema. Direkt daneben liegt der Speiseraum der Freien Schule. Kegelsport und Schule sind also Nachbarn.

35 Mitglieder gehören zur Abteilung Kegeln bei Stahl Rietschen, sagt Abteilungsleiterin Katrin Titze. An ihren Jubiläums-Tagen werden sie gebührend ihren sportlichen Durchstarter feiern. Pascal Krone war einer von 24 Endrundenteilnehmern bei den Deutschen Meisterschaften in München und der einzige Sachse in der Runde. Der U-18-Spieler war von Uhsmannsdorf nach Rietschen gekommen. Er habe eine sehr gute Saison gehabt, ist aktuell Ost-sachsenmeister und kehrte aus München mit einem tollen neunten Platz zurück, erzählt stolz Kai Härtner. Der 22-Jährige hatte Pascal Krone nach München begleitet. Und als klar war, dass der Rietschener in die Endrunde einzieht, fuhren zu Pfingsten auch noch Fans aus der Oberlausitz in die bayrische Landeshauptstadt, um ihren Vereinsfreund ordentlich zu unterstützen.

Aus dem Festprogramm: Freitag Festsitzung mit geladenen Gästen / Sonnabend 9 Uhr Freundschaftsturnier und gemütliches Beisammensein / Sonntag 10 Uhr Frühschoppen mit Spaßkegeln, Gäste willkommen

www.ssv-stahl-rietschen.de