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Schönheitskur für die Mühle

Die Holländermühle auf dem Mühlenhügel ist neu verputzt. Ein echter Gewinn. Nicht nur für ihre Eigentümer, die Familie von Puppenspieler Volkmar Funke.

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© Arvid Müller

Von Ines Scholze-Luft

Brockwitz. Wenn Sie zu uns kommen, bitte auf den Mühlenhügel, sagt Volkmar Funke. Ja, wohin denn sonst, wenn ich zur Brockwitzer Mühle will? Doch es gibt in dem Coswiger Ortsteil zwei der markanten Bauwerke, eng benachbart. Eine mitten auf dem Feld an der Auerstraße, von weitem gut zu sehen, für viele eben die Brockwitzer Mühle. Die andere, die Gesuchte, ein wenig versteckt. In einer ruhigen Wohngegend neben der Auerstraße.

In der Küche wartet eine gemalte schwarze Katze darauf, dass sich die Familie einfindet.
In der Küche wartet eine gemalte schwarze Katze darauf, dass sich die Familie einfindet. © Arvid Müller

Vor reichlich hundert Jahren sah das noch anders aus. Da stand auch die Gründelmühle mitten in der Flur. Ein Brand hatte die Vorgängerin 1869 vernichtet. Karl Gottlob Gründel baute sie wieder auf, ist einem Geschichtstext am Mühlennebengebäude zu entnehmen. Volkmar Funke kennt das natürlich gut. Als Ur-Brockwitzer und Mühlenbewohner seit 1974. Obwohl der Puppenspieler, Regisseur und Liedermacher schon viele Orte kennengelernt hat, leben möchte er nirgendwo anders.

Deshalb hat der Mieter gemeinsam mit seiner Frau das denkmalgeschützte Gebäude 2001 gekauft. Und ist seitdem engagiert dabei, es zu erhalten. Was jüngst in eine Schönheitskur für die Fassade mündete. Die brauchte neuen Putz. Nicht irgendeinen. Altdeutschen Glattputz, handgerieben. Weil alles möglichst nah am Ursprung sein soll und die Denkmalpflege ein Wörtchen mitzureden hat. Nicht unkompliziert, aber erfolgreich, sagt der 65-jährige Hausbesitzer mit dem auffälligen Bart angesichts des Resultats. Alles privat finanziert und dafür lange gespart.

Die Experten haben ihn zu Material und Farbgebung beraten, nach gründlicher Analyse. Acht Wochen stand dann das Gerüst rundherum. Weil sich der Anstrich nicht etappenweise auftragen ließ, sondern nur in einem Zug. Volkmar Funke ist voll des Lobes für die Handwerker.

Jetzt ist das Kleinod von außen fertig saniert. Das Dach war schon eher dran, wie Wetterfahne und Wappenstein. Freude beim Eigentümer. Und besonderer Einsatz, um fürs Foto mit Haus weit aus dem Fenster zu schauen. Was nicht so einfach geht. Die Mühle hat dicke Bruchsteinwände, für die richtige Position muss Volkmar Funke ein wenig kraxeln. Seine Mühle ist ihm das wert. Da wird auch schnell noch eine Leiter geholt. Dann passt alles – wie das Haus zur Familie. Töchter und Enkel sind gern da, Volkmar Funke findet am Brockwitzer Lebensmittelpunkt Texte für seine Lieder und Ideen für Theaterstücke.

Dass er mal Mühlenbesitzer sein würde, hat ihm niemand an der Wiege gesungen. Als er seine spätere Frau Margot kennenlernt, wendet sich sein Leben, persönlich, beruflich, wohnungsmäßig. Sie arbeitet in der Puppentheatersammlung Dresden. Als er den Puppen begegnet, ist der gelernte Buchhändler, der Buchhandel und Verlagswesen studiert hat, fasziniert. Er spielt im Puppentheater vor, wird Schauspiel-Eleve und an der Schauspiel-Hochschule Ernst Busch Berlin zum Profi. Und bis heute als Puppenspieler und Regisseur auch international unterwegs.

Seine Frau bleibt den Puppen ebenfalls treu, ist nach dem Kulturwissenschaftsstudium lange Jahre Depotverwalterin der Puppentheatersammlung. Sie kümmert sich tatkräftig mit um die Mühle, dem Garten gilt ihre besondere Leidenschaft.

Zu tun gibt es daheim immer was. Volkmar Funke sieht schon vor sich, was an Renovierungsaufwand im Innern auf die Familie zukommt. Dabei ist es doch schon schön wohnlich. In der großen Küche tickt bedächtig die Uhr, die hellen Wände lassen unverputzte Blicke auf die Bruchsteine zu.

Als Funkes ganz jung hier einzogen, froh, überhaupt was zu bekommen, hatten sie kaum Mitbewerber. In den runden Wänden wollte keiner wohnen, wo da die Schrankwand hinstellen? Für Funkes das kleinste Problem. Denn vieles war kaputt, Dach, Dachrinne, Fenster. Wasser lief in die Wände, der Wind pfiff ins Haus. Plumpsklo statt Komfort. Dazu drei Wohnungen auf drei Etagen. In der Küche im Erdgeschoss lässt sich noch erkennen, wo Wände eingezogen waren für die engen Räume.

Heute gibt es Fußbodenheizung und eine großzügige Raumaufteilung. Oben Stube, darunter Bad, Schlaf-, Kinderzimmer. Unten Küche und Arbeitszimmer. Gearbeitet wird auch in Nebengebäude und Garten, dem Hauptlebensort im Sommer. Volkmar Funke sagt, dass er sich jeden Tag freut, hier so angenehm zu wohnen, nicht zuletzt wegen der netten Nachbarn.

Mein Anker, sagt der Künstler und bietet dem Gast einen Kaffee an. Da plaudert es sich besser, aufmerksam beäugt von einer schwarzen Katze, allerdings nur im Bild dabei, Erinnerung an das Puppentheaterstück Hannelore Katz. Eine Funke-Miez, gemalt von Gottfried Reinhardt, Maler und Puppenspieler, ein enger, leider schon verstorbener Freund Volkmar Funkes, der mit ihm viele künstlerische Ambitionen teilte.

Kurz darauf spaziert Faust herein, verbeugt sich gekonnt. Eine Fadenmarionette, ein Geschenk, das der Künstler von einem Gastspiel in Gera mitbrachte.

Ob Faust manchmal lebendig wird? Seine gar nicht hölzernen Gesichtszüge ähneln denen Volkmar Funkes. Der lächelt. Ja, das ist die Kunst des Puppenspielers, die Zuschauer die Person hinter der Puppe vergessen zu lassen. Bei Faust gelingt das schnell. Ein gutes Zeichen für künstlerische Vorhaben.

Zwar geht der Brockwitzer das Jahr am Anfang etwas ruhiger an, mit weniger Auftritten. Dafür entsteht an der Mühlen-Quelle Neues. Vielleicht Fausts Monologe.

www.puppentheater-funke.de