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Prominente in der Plaudernische des Cafés „Da capo“

Ein Nachtrag zum langen Weg der „Guten Laune“ im Stadtkulturhaus.

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© Foto: privat

Von Heinz Fiedler

Freital. Wir haben uns nicht verrechnet. In unserer gestrigen Ausgabe berichteten wir über das Ende der hochbetagten Veranstaltungsreihe des Stadtkulturhauses „Gute Laune in Freital“. Begonnen hatte die Dauershow 1969. Der Schlusspunkt wurde 2018 gesetzt – das wären eigentlich 49 Jahrgänge. In unserem Bericht ist allerdings von 47 Jahren die Rede. Ein Druckfehler? Mitnichten!

Hartmut Eichler und Karla Schreiter in der Plauderecke des Cafés „Da capo“. Foto: Archiv SZ
Hartmut Eichler und Karla Schreiter in der Plauderecke des Cafés „Da capo“. Foto: Archiv SZ © Foto: Archiv SZ
Helga Brauer (1936-1991) gehörte zu den erfolgreichsten Schlagersängerinnen ihrer Zeit. Foto: PR
Helga Brauer (1936-1991) gehörte zu den erfolgreichsten Schlagersängerinnen ihrer Zeit. Foto: PR © Foto: PR

Gert Knieps, einstiger Kulturhauschef, kennt die Zusammenhänge: „Nach dem Ausscheiden von Kulturhausleiter Günther Grundmann 1988 herrschten zwei Jahre chaotische Zustände im Haus. Die eingesetzten führenden Herren erwiesen sich als untauglich. In ihrer Not setzten sie u. a. die „Gute Laune“ kurzerhand vom Spielplan ab. Eine Pause von rund zwei Jahren trat ein. Als ich 1991 in die leitende Funktion berufen wurde, habe ich versucht, die Veranstaltungsreihe wieder zum Leben zu erwecken. Das war nicht einfach. Schließlich wagten wir mit 300 Anrechtsinhabern einen Neustart. Die Nachfrage nahm zu, sodass wir uns für eine Nachmittags- und eine Abendvorstellung entschieden. Das ließ sich einige Zeit vielversprechend an, war aber nur vorübergehend. Der Kreis der Stammbesucher nahm derart ab, dass wir es bei einer Vorstellung beließen.“

Hör’ mein Herz

Die Sächsische Zeitung hat von Anfang an die Veranstaltungsreihe begleitet. Es war üblich, dass wir als SZ prominente Künstler zwischen den Vorstellungen ins Café „Da capo“ zu einem Interview baten. Zu den ersten Gesprächspartnern zählte die seinerzeit sehr beliebte Schlagersängerin Helga Brauer. Ein schöner, sanfter Frauentyp, auf der Bühne ebenso perfekt wie in Sachen Hauswirtschaft.

Die 1936 in Leipzig geborene gelernte Zahntechnikerin hatte im Sommer 1954 während ihres Urlaubs in Sellin auf Rügen an einem Sängerwettstreit teilgenommen und den ersten Preis errungen. Das hatte Folgen. 1956 trat sie erstmals mit dem Rundfunktanzorchester Leipzig unter Leitung von Kurt Henkels auf. Mit „Heute spielt der Konstantin Klavier“ gelang ihr der erste große Hit in der DDR-Schlagerrevue.

1960 heiratete Helga Brauer den Komponisten, Trompeter und Orchesterchef Walter Eichenberg, der sich für seine Gattin etliche Erfolgstitel einfallen ließ. Etwa „Hör’ mein Herz“ oder „Mit dem strahlendsten Lächeln der Welt“. Zu Freital hatte die Künstlerin ein fast liebevolles Verhältnis. Ihr Kommentar: „Ihre Stadt hat eine wunderschöne Umgebung, da können wir in Leipzig nicht mithalten.“

Kritisch fügte sie hinzu: „Ich hatte schon einige Male in eurem ,Goldenen Löwen’ zu tun. Schöner Saal, akzeptable, wenn auch schmale Bühne. Ich bin nicht verwöhnt und zimperlich, aber die Garderobe-Verhältnisse im Löwen sind eine Zumutung. Vielleicht kann die SZ die Zustände verändern helfen.“

Ein Star und die Rollmöpse

Wir haben es über die damals verantwortliche HO versucht – freilich nicht mit dem gewünschten Ergebnis. Man hat zwar einiges verändert, aber zu einer merklichen Besserung reichte es leider nicht.

Die Ehe Brauer-Eichenberg verlief überaus glücklich. Die Künstlerin, Mutter eines Sohnes, litt längere Zeit an einem Krebsleiden, erfüllte aber trotzdem bis fast zum Schluss ihre künstlerischen Verpflichtungen. Am 15. Juni 1991 beendete Helga Brauer in Leipzig ihr irdisches Gastspiel.

Viele Damen der schlagersingenden Zunft boten bei ihren Auftritten zur „Guten Laune“ Hits aus Deutschland-West. Die attraktive Bärbel Wachholz machte da keine Ausnahme. Aber sie konnte auch anders. 1959 hatte der Ostberliner Gerd Natschinski einen Hit geschrieben, der selbst in Übersee Bestnoten erhielt. Sein Titel: „Damals“. Walter Ulbricht wollte übrigens den Schlager anfangs verbieten. Seiner Auffassung nach konnte mit „Damals“ nur die menschenverachtende Nazizeit gemeint sein. Als Ulbricht erfuhr, dass aus der benachbarten CSSR bereits 20 000 Vorbestellungen registriert seien, änderte er über Nacht seinen Standpunkt. „Damals“ wurde ein enormer Erfolg und zählt heute zu den unvergessenen Evergreens.

Was wenig bekannt ist: Der Star schätzte die Hainsberger Rollmopsschänke wegen der dort angebotenen Spezialität. Rudi Wolf, Leiter der ehemaligen Konsum-Gaststätte, verehrte die Wachholz so intensiv, dass er kein Gastspiel von ihr im Dresdner Raum verpasste. Und jedes Mal ließ sich die prominente Sängerin von Wolf in die Rollmopsschänke zum Schmausen entführen. Nach Beobachtungen des Wirts soll Frau Bärbel bis zu acht Möpse am Stück verdrückt haben.

Ein nicht erfüllter Wunsch

Schlagersänger Hartmut Eichler war ein Typ, den viele Frauen mochten. Er hatte keine große Stimme, Bariton mit etwas Tenoransatz. Seine Lieder waren entsprechend angelegt. Eichler, gelernter Maler, kam aus den Reihen des Erich-Weinert-Ensembles der Nationalen Volksarmee.

Während eines Interviews in der Halbzeitpause der „Guten Laune“ bat er uns: „Alle Welt fragt mich, ob ich wirklich mit meiner Bühnenpartnerin Karla Schreiter verlobt oder verheiratet bin. Das nervt mich! Könnt Ihr nicht in der SZ darauf hinweisen, dass ich kein privates Verhältnis mit Kollegin Karla habe.“ Wir bedauerten – für Klatsch war unser Blatt noch nie zuständig. Wie gut, dass wir Eichlers Wunsch nicht erfüllt haben. Sechs Wochen später kam aus Berlin die Kunde: „Hartmut Eichler und Karla Schreiter haben geheiratet.“ Es wurde übrigens eine sehr harmonische Ehe. Hartmut Eichler hat am 23. April 2007 das Zeitliche gesegnet.

Horst Krauts Illustrierte

Eine absolute Besonderheit im langen Leben der „Guten Laune“ war die von Horst Kraut (1932-1994) präsentierte Show „Freitals Bunte Illustrierte“. Im Blickpunkt „Die Stahlspritzer“ vom größten Betrieb des Plauenschen Grundes. Ein Riesenprogramm mit lokalem Zuschnitt, im Wesentlichen bestritten von Amateuren.

Die Qualität von Horst Krauts Stahlspritzern wurde, wo auch immer, von keiner anderen Gruppe erreicht. Talentevater Heinz Quermann konstatierte: „Das Freitaler Team gehört in unserem Land mit zur Spitze.“ Die Stadt am Windberg darf stolz auf ein Amateurensemble sein, das es leider nicht mehr gibt.