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Panzerstraßen für Europa

Die EU-Kommission reagiert auf die Nato-Kritik und kündigt einen Plan für eine bessere Infrastruktur an.

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© picture alliance/peter gercke

Detlef Drewes, SZ-Korrespondent in Brüssel

Zerstörte Äcker, beschädigte Straßen – solche Erinnerungen an die unangenehmen Begleiterscheinungen militärischer Übungen in Europa sind selten geworden. Doch die Zeit ohne Manöver geht offenbar zu Ende. „Viele zivile Straßen sind für den Transport militärischer Technik nicht nutzbar“, beklagte Violeta Bulc, als EU-Kommissarin zuständig für Verkehr, denn auch am Freitag in Brüssel. Das soll anders werden. „Wir brauchen eine Priorität für den militärischen Bedarf, schon bei der Planung neuer Verbindungen“, sagte sie.

Nur einen Tag zuvor hatten sich die Nato-Verteidigungsminister bitter darüber beklagt, dass Straßen, Gleise und Flughäfen nicht mehr geeignet seien, um schnell militärisches Großgerät innerhalb der Union zu verlegen. Besonders bittere Erfahrungen, so hieß es in der Allianz, habe man bei der Stationierung von Truppen im Baltikum und in Polen gemacht. Für Panzertransporte ungeeignete Straßen hätten eine zügige Verlegung zumindest behindert und kostspielige Umwege nötig gemacht. Im Ernstfall ist das ein Nadelöhr, das für die Sicherheit der Gemeinschaft schweren Schaden nach sich ziehen würde. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg appellierte, „militärische Mobilität könnte ein wirkliches Flaggschiff der Nato-EU-Zusammenarbeit werden“.

Tatsächlich legte die Kommission ihren Vorstoß nicht zufällig an diesem Tag vor. Am Montag kommen die Außen- und Verteidigungsminister der Gemeinschaft in Brüssel zusammen. Mutmaßlich 20 Vertreter der Mitgliedsstaaten wollen dann eine Vereinbarung für eine künftige Verteidigungsunion unterzeichnen. Deutschland ist nicht nur dabei, sondern könnte sogar eine Schlüsselrolle einnehmen. Denn Berlin hat ein Auge auf das neue Nato-Kommandozentrum für Logistik geworfen, das auch für die Truppentransporte zuständig sein wird. Nato und EU arbeiten also bereits Hand in Hand. Die Verbesserung der Straßen, Gleise und Airports für die Truppe gehört als eines der Kernanliegen dazu.

Allerdings sieht die Kommission ihre Aufgabe nicht darin, neue Autobahnen zu bauen, sondern vielmehr gemeinsame Standards zu entwerfen und die Mitgliedsstaaten anzuhalten, vorhandene Verkehrswege nachzubessern sowie bei der Planung neuer Straßen den Bedarf der Militärs miteinzuplanen. „Im März 2018 werden wir einen konkreten Aktionsplan vorlegen“, kündigte Bulc an. Er soll eine Aufstellung der notwendigen Nachbesserungen bei bisherigen Verbindungen beinhalten. Eine Straßenkarre für die Truppe also, die Mitgliedstaaten müssten sich daran halten und umsetzen. Wie sich das alles mit vorhandenen Strukturen und Maut belegten Autobahnen verträgt, will Brüssel bis zum Anfang nächsten Jahres zunächst rechtlich prüfen. In jedem Fall, so die Kommissarin am Freitag, gehe es „nur darum, die zivile und militärische Nutzung zusammenzubringen“. Eigene Netze für die Militärs werde es nicht geben.

Dennoch sieht man bei der EU die intensivere Kooperation der Staaten in Sachen militärischer Mobilität als eines jener Projekte an, die einen europäischen Mehrwert ergeben könnten. Vorausgesetzt, die Finanzierung lässt sich befriedigend klären. Bisher sehen Nato und EU die Länder in der Pflicht, was zu erheblichen Auseinandersetzungen führen dürfte. „Wir müssen in die Infrastruktur investieren, um unsere militärische Sicherheit zu erhöhen“, betonte die EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini, am Freitag. Das ist auch zwischen den EU-Mitgliedern, die sich am Montag zu einer engeren Zusammenarbeit verpflichten, unstrittig. Bezahlen will die Aufwendungen trotzdem keiner.