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Ohne Keßners hebt am BER kein Flieger ab

Die Löbauer Unternehmer beliefern aus Dresden den Airport mit Schildern – und das schon zum dritten Mal.

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© Matthias Weber

Von Markus van Appeldorn

Löbau. Das Produkt, das Lukas Keßner anbietet, ist winzig. Es misst nur wenige Quadratzentimeter. Und auf diese Aluminiumschilder sind ein dreizeiliger Text und ein Code gedruckt. Wenn Lukas Keßner diese unscheinbaren Dinger nicht liefert, kann der BER nicht eröffnen.

Für den jungen Löbauer Unternehmer ist der pannengeplagte Berliner Großflughafen ein steter Quell der Freude. „Wir beliefern eine Firma für Brandschutz- und Klimatechnik, die auch am BER tätig ist“, sagt Lukas Keßner, „Und das machen wir jetzt zum dritten Mal.“ Denn mit den Jahren, die mit der Baustelle ins Land gingen, änderten sich auch Ansprüche und Vorschriften im Brandschutz – und damit auch die Vorschriften der Beschilderung dieser Anlagen. „Diese kleinen Schilder sind an jedem Klimagerät angebracht und an jedem Sprinklerverteiler. Das sind Abertausende“, sagt Keßner.

So geht Keßners Unternehmen, der Dresdner Stempel- und Schilderfabrik Albert Walther auch in Zukunft die Arbeit nicht aus. Die Vergangenheit der Firma gehört zur Dresdner Stadtgeschichte. 1888 gegründet gehört es zu den ältesten Handwerksbetrieben der Landeshauptstadt. Und in diesem Jahr feiert die Fabrik ihren 130. Geburtstag. Seit 2006 gehört das Traditions-unternehmen zum kleinen Imperium der Löbauer Familie Keßner und ihrer Firma „Stempel & Schilder Rudolf Schmorrde“ am Wettiner Platz.

Das Schicksal verbindet diese beiden Firmen aber schon viel länger. Einem grausigen Umstand der Geschichte nämlich verdankt die Löbauer Stempel-Firma überhaupt ihren Aufstieg. „Unsere Firma hat schon in den 40er-Jahren Stempel vertrieben“, erzählt Firmen-Chef Reinhart Keßner, „wir haben die damals aber nicht selber hergestellt, sondern aus Dresden von der Stempelfabrik Albert Walther bezogen. Die war damals die Nummer 1 in Deutschland.“ Dann aber kam am 13. Februar die Bombennacht über Dresden. Die Fabrik brannte komplett nieder.

Reinhart Keßners Großmutter sah damals in der Katastrophe eine Chance. „Innerhalb weniger Tage hat sie die Technologie beschafft, um die Stempel selbst herstellen zu können“, erzählt Reinhart Keßner. Das rettete der Löbauer Firma die Existenz. Denn deren Haupterwerb war bis Ende des Zweiten Weltkriegs die Herausgabe einer Lokalzeitung für Löbau. „Als ein paar Tage später die Russen kamen, war die Drucklizenz natürlich sofort weg“, erzählt Keßner. Jahrzehnte später fügte es sich, dass ein Erbe der Dresdner Stempelfabrik Reinhart Keßner das Unternehmen zum Kauf anbot. Nicht nur ei gutes Geschäft, sondern auch eine Herzenssache für den Löbauer: „Der einstige Kunde hat seinen Lieferanten gekauft.“

Stempel sind seit der Übernahme und umfangreichen Investitionen in der Dresdner Fabrik ein Imageträger, aber nicht mehr das Hauptgeschäft.. „Wir sind bekannt als Stempel Walther in Dresden“, sagt Lukas Keßner, „es ist in den Köpfen der Menschen, dass aus Dresden Stempel kommen.“ Deswegen behalten sie die Produktion hier auch bei, wenn auch nur als Endmontage. Das Hauptaugenmerk liegt auf Industrie-Beschilderung, zum Beispiel Typenschilder. „Wir haben zum Beispiel als Kunden viele Energieversorger, die Schilder für Trafo-Stationen brauchen“, sagt Lukas Keßner. Aber auch die Werksbeschilderung der Gläsernen Manufaktur von VW hat er geliefert. In diesen Tagen holte die Geschichte das Dresdner Unternehmen noch mal ein. „Fast wäre die Stempel- und Schilder-Fabrik Albert Walther ein zweites Mal in die Luft geflogen“, sagt Reinhart Keßner. Denn der Bombenfund in der Löbtauer Straße, das war nur ein paar Meter von der Stempelfirma entfernt. „Die Firma war zwei Tage lang evakuiert“, sagt Lukas Keßner. Nur gut, dass der BER in diesen zwei Tagen nicht auf eine dringende Schilder-Lieferung gewartet hat.