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Nostalgiereise mit Funktionärs-Schlitten

Mit einem Wolga GAZ 24 und alten Karten erkundet Thomas Klich die frühere Fernstraße 96 von Zittau nach Sassnitz.

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© Bernd Gärtner

Von Mario Heinke

Zittau/Sassnitz. Thomas Klich und seine Partnerin Sylvia Dittfeld aus Staßfurt in Sachsen-Anhalt sind sichtlich von der Hitze gezeichnet am Mittwoch in Zittau angekommen. Der Wolga GAZ 24 hat keine Klimaanlage. Der Oldtimer glänzt in der Sonne, die gnadenlos auf die Neustadt brennt. „Wir fahren erst einmal an den Olbersdorfer See und springen ins Wasser“, entscheidet Thomas Klich spontan. Zwei Stunden später sind die beiden erfrischt wieder zurück und haben von ihrem Vorhaben erzählt.

Am Donnerstagmorgen sind sie nach der Übernachtung im Hotel Riedelauf ihre Nostalgietour mit einem Wolga GAZ 24 entlang der alten Fernverkehrsstraße 96 gestartet, die in weiten Teilen der heutigen Bundesstraße 96 entspricht. Altes Kartenmaterial aus DDR-Zeiten hilft den Staßfurtern, den Straßenverlauf der alten F 96 zu finden. Die vielerorts entstandenen Ortsumgehungen, die umfassende Sanierung des Fernstraßennetzes nach der Wende führte auch zu Änderungen des Straßenverlaufs oder auch zu Namensänderungen. Die Suche nach dem ursprünglichen Verlauf gleicht deshalb einem Puzzlespiel.

Die F 96 war die längste Fernverkehrsstraße innerhalb der DDR und gleichzeitig eine Hauptverkehrsachse in Nord-Süd-Richtung. Nach dem Bau der Berliner Mauer im Jahre 1961 wurde der Verlauf der damaligen F 96 so geändert, dass sie zwischen Blankenfelde-Mahlow an der südlichen und Birkenwerder an der nördlichen Berliner Stadtgrenze nur über DDR- und Ost-Berliner Gebiet führte.

Von der F96 zur B96

Ursprung: Die Fernverkehrsstraßen der Weimarer Republik wurden ab 1932 nummeriert, ab 1934 als Reichsstraßen bezeichnet.

F96: In der DDR wurde der Name Fernverkehrsstraße wiedereingeführt. Nach der Wende Bundesstraße 96.

Länge: circa 520 Kilometer

Verlauf: Die B96 führt durch die Bundesländer Sachsen, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.

Ausbauzustand: zweispurig

Quelle: Wikipedia

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Der Wolga des Paares stammt ursprünglich aus Bulgarien. Baujahr 1977, verfügt er über einen 2,5 Liter-Motor, der 95 Pferdestärken erzeugt. Fast acht Jahre lang baute Thomas Klich das alte Fahrzeug in Eigenleistung neu auf und nutzt es seit vier Jahren hauptsächlich für Urlaubsreisen. Die erste Tagesetappe geht diesmal zum Mellensee bei Wünsdorf. Am Freitag ist ein Abstecher an die Müritz geplant. Nach der Ankunft in Sassnitz am Sonnabend plant das Paar noch eine Woche Urlaub im Ostseebad Göhren.

Thomas Klich war in seiner Jugend in der Freizeit als „staatlich geprüfter Schallplattenunterhalter“ unterwegs, zunächst mit einem Trabant, der ständig kaputt ging. Ein Bekannter riet ihm damals, sich einen alten Wolga zu besorgen. So fuhr Klich ab 1987 einen Wolga GAZ 22, die rundgelutschte Variante des späteren eckigen und flachen Nachfolgermodells. So entstand eine feste Bindung zu einem robusten und geräumigen Fahrzeug, die im vorgerückten Alter wieder ausbrach und bis heute anhält. So schraubt Klich weiterhin am Oldtimer. Was Aufbau und Erhaltung bislang kosteten, kann der Staßfurter nicht beziffern. „Unzählige Stunden Arbeit“, kommentiert die Lebensgefährtin die Nachfrage.

Der Wolga GAZ 24 wurde zwischen 1967 und 1992 im heutigen Nischni Nowgorod an der Wolga gebaut. Das Fahrzeug wurde in ganz Osteuropa vor allem als Behördenfahrzeug oder Taxi eingesetzt. Kleinere Stückzahlen wurden auch nach Westeuropa verkauft.