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Nicht schummeln, Herr Taxifahrer!

Erst ab Mitte der 80er wurden die Taxis in Dresden mit Taxametern ausgestattet. Ein Exemplar kommt nun ins Museum.

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© René Meinig

Von Henry Berndt

Jahrzehntelang mussten die Taxi-Fahrer der DDR bei ihrer Arbeit mehr schreiben als fahren. Für jeden Fahrgast trugen sie in ihre Liste ein, wo er eingestiegen ist und wie hoch der Kilometerstand ihres Taxis war. Am Ende der Fahrt dasselbe noch einmal. Dann mussten sie noch die Differenz ausrechnen und das Ergebnis mit 65 Pfennig multiplizieren. Und schon konnten sie dem Fahrgast den Preis nennen.

Keine Frage, dieser Aufwand war immens. Doch so mancher Taxifahrer in Dresden hing trotzdem sehr an dem gewohnten Prozedere. Wer konnte schließlich nachvollziehen, ob bei der ganzen Rechnerei nicht doch mal eine Mark zu viel herauskam? Das Vertrauen in die Ehrlichkeit der Taxifahrer musste groß sein – und die meisten Fahrgäste waren ja froh, überhaupt ein Taxi bekommen zu haben. Nachgerechnet haben deshalb die wenigsten.

Dennoch wuchsen Anfang der 80er-Jahre die Bestrebungen, den Taxifahrern der DDR ein Taxameter ins Auto zu setzen, das die Fahrtkosten mit wenigen Tastendrücken automatisch berechnet. Und so beauftragte das Ministerium für Verkehrswesen das Wissenschaftlich-Technische Zentrum des Kraftverkehrs (WTZK) in Dresden mit der Entwicklung eines solchen Bordrechners. Der erste Prototyp wog fünf Kilogramm und passte in kein Auto. Drei Jahre später aber war das durch einen Mikroprozessor gesteuerte Gerät namens Botax 80 ausgereift und wurde zuerst in Dresden und Berlin getestet. Mehr als 12 000 Stück wurden daraufhin gefertigt.

„Als wir gerade alle Taxis ausgerüstet hatten, kam die Wende und sie wurden nutzlos“, sagt Karheinz Otte, der frühere Technische Leiter des VEB Taxi Dresden. Bevor die Wolgas nach Russland verkauft wurden, baute man die Taxameter wieder aus und sammelte sie auf einem riesigen Schrotthaufen. Von nun an wurde mit Westprodukten gemessen. Der gerade in Dresden entwickelte Nachfolger Botax 2000 wurde nie in Serie produziert.

Dennoch bleibt der Botax ein Stück Zeitgeschichte und so freuen sich die Technischen Sammlungen Dresden in diesen Tagen, dass ihnen aus privater Hand ein funktionsfähiges Original-Gerät von Mitte der 80er übergeben wird. Zu diesem Anlass kamen am Freitagvormittag die inzwischen nur optisch ergrauten Entwickler des WTZK im Museum zusammen und schwelgten gemeinsam in ingenieurtechnischen Erinnerungen.

Für die Taxifahrer der DDR bedeutete der Einbau der Taxameter, dass sie nicht mehr so einfach großzügig aufrunden konnten – wobei die Mehrheit von ihnen sicher auch vorher ehrlich war, wie zu hoffen ist. Nun aber wurden die kleinen Schummeleien noch schwieriger.

Aber nicht unmöglich. Mithilfe von Stricknadeln konnten die ersten Geräte kurzgeschlossen werden, um Daten zu löschen und abends nicht abzurechnen. Teilweise konnte der Zähler auch mit einer verbogenen Büroklammer anstelle des vorgesehenen Schlüssels zurückgesetzt werden. Bis 1989 wurde in Dresden an der Sicherheit der Taxameter gefeilt.

„Wir freuen uns sehr, dass wir nun auch einen Botax 80 in unsere Sammlung aufnehmen dürfen“, sagte Ralf Pulla von den Technischen Sammlungen. Bald soll das Gerät in der Abteilung Rechentechnik zu bewundern sein.