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Neuer Sound für altes Rundkino

Der große Saal hat jetzt hochmoderne Lautsprecher und ein Spitzenbild. Nebenan entsteht ein Premiumkino.

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© Siegfried Thienel

Von Daniel Krüger

Schreie von hinten. Dann Motorgeräusche, Reifen quietschen. Der Sitz vibriert. Könnte man den Benzingeruch riechen, würde so manch ein Besucher glauben, er befände sich nur Zentimeter von einer Formel-1 Rennstrecke entfernt. Dann geht der Vorhang zu. „Das war nur die halbe Lautstärke-Leistung“, berichtet Jan Pielensticker, als er am Mittwochmorgen das neue Klangsystem im Rundkino an der Prager Straße vorstellt. Der 29-Jährige ist technischer Leiter der Cineplex-Berlin Gruppe. In den 90er-Jahren haben sich unter dem Namen Cineplex mehrere unabhängige Kinobetreiber in der Bundesrepublik zusammengeschlossen. Seit 2011 gehört auch das altehrwürdige Rundkino dazu.

Kinochef Markus Kühlmorgen im großen Saal mit neuer Tonanlage.
Kinochef Markus Kühlmorgen im großen Saal mit neuer Tonanlage. © René Meinig
Im ehemaligen Puppentheater wird ein Premiumkino gebaut.
Im ehemaligen Puppentheater wird ein Premiumkino gebaut. © René Meinig

Das 1972 erbaute Gebäude, das architektonisch einem Papierkorb nachempfunden ist, sollte sich schon in seiner Form von der Einkaufsmeile ringsherum absetzen. Hier wurden zu DDR-Zeiten nicht nur Filme gezeigt, sondern auch allerlei Veranstaltungen abgehalten. So fanden etwa Vorlesungen der TU Dresden sowie Jugendweihen im großen Saal des Kinos statt. Nach der Wende kam es dann häufig zu Betreiberwechseln; das Rundkino verlor seine herausragende Stellung, konnte aber erhalten werden. Galt das Filmtheater zu DDR-Zeiten noch als das modernste Dresdner Kino, muss es sich heute in der Stadt allerdings gegen eine Vielzahl von Lichtspielhäusern behaupten.

Hier spielt auch der städtebauliche Nachteil eine Rolle: War das Rundkino früher vom Hauptbahnhof aus gut zu sehen, ist heute ein Großteil des bedeutenden Baus von anderen Gebäuden verdeckt. Dadurch, dass der Bau seit der Mitte der 90er-Jahre von der Wöhrl Plaza und dem Kristallpalast abgeschottet wird, wissen viele Zugezogene gar nicht mehr, dass sich hier ein Kino befindet.

Um trotzdem auf das Rundkino aufmerksam zu machen, bemüht sich Geschäftsführer Markus Kühlmorgen um eine moderne Innenausstattung. „Wir wollen uns vom Kristallpalast absetzen“, betont der 46-Jährige. Frei nach dem Motto „Die inneren Werte zählen“ hat er deshalb insgesamt 250 000 Euro für ein neues Soundsystem und die Aufrüstung auf den höchsten Bildstandard Ultra-HD investiert. Seit vergangener Woche kommen die Zuschauer in Kino 1 in den Genuß modernster Technik. Im größten Kinosaal Sachsens mit 898 Sitzplätzen sorgen insgesamt 67 Lautsprecher und zahlreiche Bassboxen für satten Sound, wie Pielensticker erzählt. Das neue System im Rundkino hat einen Vorteil. Die Zuschauer bekommen eine Rundumbeschallung.

Einziger Nachteil: Viele aktuelle Filme sind noch nicht an den neuen Standard angepasst. Es wird deshalb noch einige Zeit dauern, bis Kinobesucher bei jedem Film die volle Leistungsfähigkeit sprichwörtlich „um die Ohren gehauen“ bekommen. Dafür, dass die Gäste bereits jetzt schon bei allen Werken auf ihre Kosten kommen, sorgen neue Bassboxen in der Decke.

Das Filmtheater ist der erste Betrieb von insgesamt acht Kinos im Cineplex-Verbund, der mit dem neuen System ausgestattet wird. Bei vielen Bestandsbauten sei es schwierig, damit zu arbeiten, berichtet Jan Pielensticker. Denn oft gebe es Probleme mit dem Schallschutz. Dass das Rundkino jetzt so modern ist, verschafft dem Lichtspielhaus nach Einschätzung des Technikers einen guten Wettbewerbsvorteil. Und den braucht es auch: Kamen 2017 noch rund 24 000 Zuschauer an die Prager Straße, liegen die Zahlen dieses Jahr rund acht Prozent darunter.

Das aber gehe der gesamten Branche so, betont Kühlmorgen. Wenige gute Kinderfilme und ein heißer Sommer haben „eine generelle Delle“ in die Umsatzerwartungen deutscher Kinos geschlagen, so der Chef. Weil die Konkurrenz nicht schläft, lässt er auch das ehemalige Puppentheater umbauen. Dort entsteht gerade ein Premium-Kinosaal mit eigener Bar und separatem Eingang. Eine extra Bühne soll dann ab Januar auch Veranstalter in die Prager Straße locken.