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Neue Mauern fürs Besucherbergwerk

Die Tagesstrecke in Burgk ist weitgehend saniert. Einen Termin für die Wiedereröffnung gibt es aber noch nicht.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Thomas Morgenroth

Freital. Am Mundloch des Besucherbergwerks im Schlosspark Freital-Burgk dreht sich ratternd eine elektrisch angetriebene Haspel, die hurtig ein langes Stahlseil aufleiert. Dessen Ende ist nicht zu sehen, es verschwindet hundert Meter weit in dem abschüssigen Stollen. Dann bewegt sich in dem spärlich beleuchteten Gang langsam eine Gestalt auf den Ausgang zu. Es handelt sich um den Maurer Sven Hoffmann, der eine schwer beladene Schubkarre vor sich herschiebt, stetig bergauf durch Schlamm und Matsch. Und das auch noch in gebückter Haltung, um nicht mit dem behelmten Kopf an Stein oder Stahl anzustoßen.

Nach der Sanierung kommt das Steinkohlenflöz in der Tagesstrecke besonders schön zur Geltung, wie Bauleiter Martin Pfütze dem SZ-Redakteur Thomas Morgenroth zeigt.
Nach der Sanierung kommt das Steinkohlenflöz in der Tagesstrecke besonders schön zur Geltung, wie Bauleiter Martin Pfütze dem SZ-Redakteur Thomas Morgenroth zeigt. © Karl-Ludwig Oberthür
An einigen Stellen bleibt der alte Ausbau mit Holz erhalten.
An einigen Stellen bleibt der alte Ausbau mit Holz erhalten. © Karl-Ludwig Oberthür

Ohne Seilwinde wären die Lasten kaum zu bewältigen, erklärt Volker Neumann. Der 58-jährige Bergmann aus Obercarsdorf, der vierzehn Jahre lang bei Zinnerz in Altenberg gearbeitet hat, steht am Motor und passt auf, dass sich das Zugseil gleichmäßig um den rotierenden Zylinder wickelt. Dann entleeren die beiden Männer den Inhalt der Karre in einen Container: klatschnasse Erde, vermischt mit Ton und Lehm, was sie besonders schwer macht.

Immer wieder müssen die Mitarbeiter der Bergsicherung Freital in diesen Tagen ihre Baustelle in zwölf Meter Tiefe – oder Teufe, wie es bergmännisch heißt – beräumen. „Da bricht ständig etwas nach“, sagt Neumann. Was nicht weiter verwundert, fehlt doch am Ende der freigelegten Tagesstrecke das Gewölbe, das sonst den Berg darüber im Zaum hält. Immerhin mehr als 150 Jahre lang hat die erste Ausmauerung von 1863 dem Druck standgehalten, nun aber wird sie auf rund fünf Metern Länge erneuert. Nach historischem Vorbild, mit Klinkern und einem schönen Bogen.

Hoffen auf das Frühjahr

„Ein paar der alten Steine bleiben als Erinnerung erhalten“, sagt Juliane Puls. Die für die Bergbaugeschichte zuständige Mitarbeiterin der Städtischen Sammlungen Freital freut sich über den Baufortschritt, der ihre Hoffnung nährt, die Tagesstrecke im Frühjahr wieder für Besucher öffnen zu können. Im vergangenen Jahr blieb das 1996 eingeweihte Besucherbergwerk aus Sicherheitsgründen geschlossen. Sowohl die Bergsicherung Freital als auch das Sächsische Oberbergamt Freiberg hatten bei ihren turnusmäßigen Begehungen Sanierungsbedarf festgestellt.

„Wir hatten einige Schwachstellen gefunden, die dringend beseitigt werden mussten“, sagt Martin Pfütze, promovierter Bergbauingenieur und Bauleiter der Bergsicherung Freital. Für das Unternehmen ist die 1821 aufgefahrene Burgker Tagesstrecke übrigens kein unbekanntes Objekt: Schon 1967 hatte die Firma, damals noch als Bergsicherung Dresden, das Mundloch abgefangen – und es schließlich 1971 zugemauert. Erst nach der Wende wurde der Stollen museal. Die mühselige Beräumung und den Ausbau des Besucherbergwerks übernahmen damals ehemalige Kumpel der Wismut.

Deren Arbeit war solide und hat mehr als zwanzig Jahre gehalten – keine schlechte Bilanz, wie Pfütze findet: „Für Holz unter Tage ist das eine recht lange Lebensdauer.“ Mit seinen Mitarbeitern hat er nun im Auftrag der Stadt Freital seit Ende Oktober vergangenen Jahres den Berg zwischen altem und neuem Mundloch mit viel Beton abgefangen und den Ausbau der Tagesstrecke ertüchtigt. Die verfaulten Hölzer wurden größtenteils durch Stahlträger ersetzt. In einem längeren Abschnitt kam aber auch Spritzbeton zum Einsatz, was Juliane Puls anfänglich nicht so schmeckte, weil es ja keine historische, sondern eine neuzeitliche Methode des Bauens ist.

Der Schatz des Bergwerks

Letztlich aber ließ sie sich überzeugen, gewinnt die mitunter kaum anderthalb Meter hohe Röhre doch an einer entscheidenden Stelle an Höhe. Die Tagesstrecke bekommt eine zusätzliche Weitung, wie der Bergmann sagt, und zwar genau dort, wo der Schatz des Besucherbergwerks nun besonders schön im Grubenlicht glänzt: ein Steinkohlenflöz. Nirgendwo sonst in Deutschland ist der fossile Brennstoff unter Tage am Ort seiner Entstehung öffentlich zu besichtigen. „Das gibt es nur in Freital“, sagt Juliane Puls nicht ohne Stolz.

Mit dieser Einmaligkeit könnte die Stadt, die für die Sanierung der Tagesstrecke rund 75 000 Euro bezahlt, in diesem Jahr besonders werben. 2018 nämlich soll der Steinkohlebergbau in ganz Deutschland eingestellt werden. Und ob aus den Gruben im Ruhrgebiet jemals ein Museum wird, ist ungewiss. Immerhin müssten Besucher dort tausend Meter tief in den Schacht einfahren, um ein echtes Steinkohlenflöz zu sehen. Außerdem, weiß Frau Puls, hat das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie die Steinkohle zum Geotop des Jahres erklärt.

Anfang nächster Woche, schätzt Martin Pfütze, sind die Bauarbeiten der Bergsicherung abgeschlossen. Dann hat der Elektriker noch einiges zu tun, unter anderem mit dem Geleucht, das aus alten Lampen der Wismut besteht. Zum Schluss müssen das Oberbergamt und der TÜV alles für sicher befinden, bevor im Besucherbergwerk wieder Führungen stattfinden dürfen. Ganz ohne Aufzug übrigens: Die Seilwinde ist dann längst wieder abgebaut.

www.freital.de/museum