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Neuanfang im Dirndl

Das Sprungwunder aus Dresden ist nach einem Auslandsjahr und langer Verletzungspause zurück in der Volleyball-Bundesliga.

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© Harald Schindler

Von Michaela Widder

Noch ein bisschen ungewohnt hat sie sich auf der Bühne gefühlt. Das lag aber nicht am Publikum, sondern am Dirndl. Lisa Izquierdo, eines der größten Dresdner Volleyballtalente der vergangenen Jahre, ist zurück in der Bundesliga. Die 24-Jährige war die Überraschung bei der offiziellen Teampräsentation im Greindl Festzelt in Straubing und hatte Spaß bei ihrem ersten Auftritt in der bayrischen Tracht.

Ein Foto aus guten Tagen. Volleyballerin Lisa Izquierdo feierte mit dem DSC drei Meistertitel und holte 2016 das Double.
Ein Foto aus guten Tagen. Volleyballerin Lisa Izquierdo feierte mit dem DSC drei Meistertitel und holte 2016 das Double. © Robert Michael

Die Nachricht ist insofern bemerkenswert, als dass wohl nicht wenige in Dresden geglaubt haben, dass die Karriere der Angreiferin vorbei sein dürfte – und sie selbst auch. „Es war ein beschissenes Jahr“, gibt sie zu und hofft auf einen sportlichen Neuanfang in der niederbayrischen Stadt.

Lisa Izquierdo war ein Name im Dresdner Volleyball. Der Tochter eines Kubaners und einer Deutschen hatte man mit ihren nur 1,78 Meter den Beinamen Sprungwunder verliehen, 2012 spielte sie sich als 18-Jährige zum ersten Mal in die Profimannschaft von Alexander Waibl. Ein Jahr später gab sie ihr Debüt in der Nationalmannschaft, als die Deutschen im eigenen Land Vize-Europameister wurden.

Doch schon in ihrer Zeit beim DSC warfen sie Verletzungen immer wieder zurück. Die sportliche Leitung glaubte weiter an sie, investierte viel in ihr Talent und verzieh ihr sogar persönliche Fehltritte.

Unschöne Trennung vom DSC

Trotzdem gab es 2016 nach dem Double aus Meisterschaft und Pokal eine unschöne Trennung, was die DSC-Verantwortlichen nicht vergessen haben. Weniger ging es damals um den Fakt, als um die Art und Weise, wie sie die Zusammenarbeit beendete.

Izquierdo wagte den Schritt ins Ausland, spielte eine gute Saison bei Samsun Anakent in der zweiten türkischen Liga. „Ich bin froh, dass ich den Schritt und die Erfahrung gemacht habe. Wenn man selbst mal Ausländerin im Team ist, weiß man auch erst, wie sich das anfühlt, und man lernt immer dazu, es sind die vielen kleinen Dinge.“

Einen Sommer später wechselte die 28-fache Nationalspielerin zum rumänischen Meister Volei Alba-Blaj. Doch schon in der zweiten Woche der Vorbereitung verletzte sie sich im Training schwer. „In meinem Knie war fast alles kaputt“, sagt sie und zählt auf: Knorpel, Meniskus, vorderes Kreuzband, Innen- und Außenband. Izquierdo ließ sich Ende September 2017 in Dresden operieren und kehrte nicht noch einmal nach Rumänien zurück. Die Reha absolvierte sie zeitweise in Dresden und dann in Weißwasser, wo ihr damaliger Freund, der Eishockeyspieler Feodor Boiarchinov, in der DEL2 unter Vertrag ist.

Doch mit der Zeit verlor sie völlig den Fokus auf ihre sportliche Rückkehr. „Ich habe das letzte Jahr dann gar nichts mehr gemacht“, gibt sie zu. „Ich habe zwischendurch nicht mehr dran geglaubt, dass ich noch einmal zurückkomme.“ Die Situation belastete auch die Sportler-Beziehung. „Ich habe den ganzen Tag auf Feo gewartet, dass er mich bespaßt.“ Ihre einzige Beschäftigung: Seit Januar ging sie zum Training in Weißwasser und absolvierte ein paar Spiele in der Hobbyliga. Mit Leistungssport aber hatte das nichts zu tun. Es gab nicht den einen Tag oder den Moment, der sie aufrüttelte. „Ich war nicht ausgelastet. Irgendwas hat mir gefehlt.“

Seit dem Frühjahr beschäftigte sich Izquierdo wieder ernsthaft mit dem Thema Volleyball, sprach mit ihrem Manager Theo Hofland. Mit Aufsteiger Straubing fand der Holländer einen Erstligisten, der sie zunächst für ein paar Wochen zum Probetraining einlud.

Die große Frage lautete: Hält das Knie? „Ich bin sehr zufrieden und werde medizinisch bestens betreut. Der Athletiktrainer hat alles im Griff.“ Selbst nach dem Training habe sie bisher keine Probleme. Mitte August durfte sie den Vertrag unterschreiben. „Wir freuen uns sehr, Lisa im Team zu haben“, wird Straubings Trainer Benedikt Frank in der Pressemitteilung zitiert. „Wenn sie gesund ist, dann ist sie eine super Verstärkung für uns.“ Auf der Homepage ist nachzulesen, dass die Fans sie sogar als „Königstransfer“ sehen.

Izquierdo hofft erst einmal, bis zum Saisonbeginn Ende Oktober gegen Meister Schwerin wieder richtig fit zu sein. Ob das realistisch ist, werden die ersten Partien zeigen. Zum Aufeinandertreffen mit ihrem Ex-Klub kommt es erst 2019, wenn Straubing am 16. Januar in Dresden zu Gast ist. „Ja, darauf freue ich mich schon“, meint sie. Nur ein einziges Mal saß sie in der vorigen Saison auf der Tribüne in der Margonarena. In ihrer neuen bayrischen Heimat fühlt sich die gebürtige Staßfurterin schon wohl. Zusammen mit ein paar Spielerinnen teilt sie sich ein großes Haus, ihren Hund Balu hat sie mitgenommen.

Zum ersten Mal denkt Izquierdo an ihre berufliche Zukunft und hat eine Ausbildung zur Arzthelferin angefangen. „Ich habe schon so viel Zeit in Arztpraxen verbracht, diesen Beruf kann ich mir gut vorstellen.“ Die Arbeits- und Schulzeiten sind mit dem Training abgestimmt. „Dafür ist Straubing der perfekte Ort.“ Für Lisa Izquierdo ist es eine neue Chance.