Von Jens Hoyer
Döbeln. Die Abschiebung einer sechsköpfigen georgischen Familie am Dienstag schlägt hohe Wellen. Viele Menschen drücken in E-Mails an unsere Zeitung und in Anmerkungen bei Facebook ihr Unverständnis über die Vorgehensweise der Abschiebe-Behörde gegen diese voll integrierte Familie mit vier kleinen Kindern aus. Am Dienstagmorgen war die Familie in ihrer Wohnung an der Friedrichstraße von der Polizei überrascht und aufs Revier gebracht worden. Am frühen Nachmittag hob der Flieger von Leipzig in Richtung Georgien ab. „Ich und die Kinder waren sehr geschockt. Wir waren im Flugzeug mit Kriminellen. Das war für uns ein schrecklicher Tag“, so die 38-Jährige Jana Sulaberidze, mit der wir nach der Abschiebung Kontakt hatten. Die Familie ist derzeit in Georgiens Hauptstadt Tiflis bei Verwandten untergekommen. Alle Sachen, Möbel, das Auto, mussten sie in Deutschland zurücklassen. „Im Moment haben wir hier nichts“, so Jana Sulaberidze.
Schwer wird die Umstellung für die Kinder. Die drei Mädchen der Familie hatten die Kunzemannschule in Döbeln besucht. In Georgien enden die Sommerferien am 15. September, so die Mutter. „Das Problem ist, dass die Mädchen Georgisch nicht so gut lesen und schreiben können.“ Vier Jahre hatte die Familie in Döbeln gelebt. Die Kinder besuchten die Musikschule und waren erfolgreiche Judoka beim Döbelner SC. Die Wohnung an der Friedrichstraße, die zu einem Wohnprojekt des Asylbewerberheims gehört, wird in den nächsten Wochen geräumt. Freunde hätten Kontakt zur Familie, so Hartmut Fuchs vom Bündnis „Willkommen in Döbeln“. Sie und der Sozialarbeiter des Asylbewerberheims kümmerten sich um die persönlichen Sachen der Familie.
Die Chancen für Georgier, in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt zu werden, sind sehr gering. Nach Angaben der Landesdirektion Sachsen war der Asylantrag der Familie im April vorigen Jahres vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt worden. Eine freiwillige Ausreise sei aber nicht erfolgt. Die Androhung der Abschiebung nach Georgien sei im Juli dieses Jahres vollziehbar geworden. Erst in der vergangenen Woche war die Duldung der Familie unter „auflösenden Bedingungen“ erneuert worden. Damit endete sie aber am Tag der Abschiebung.
Das sagen die Leser
Die Familie hatte sich mithilfe von Freunden bemüht, als Härtefall anerkannt zu werden. Aber die Härtefallkommission des Landes Sachsen hatte sich damit gar nicht beschäftigt. Die Annahme eines Härtefalls sei nach dem Aufenthaltsgesetz in der Regel ausgeschlossen, wenn ein Rückführungstermin bereits konkret feststehe, so Grit Prager, Referentin der Geschäftsstelle des Sächsischen Ausländerbeauftragten. Rolf Wittrin, Pastor der Landeskirchlichen Gemeinschaft, gehört zu denen, die der Familie halfen. Er zieht ein sehr nüchternes Fazit: „An diesem Beispiel sieht man, das es äußerst wichtig ist, die Asylverfahren zu beschleunigen, damit die Familien nicht erst einige Jahre in Deutschland sind.“