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Munteres Leben neben der Post

Das Haus an der Gartenstraße 30 ist fertig. Senioren sind hier in Gemeinschaft und können und trotzdem selbst bestimmen.

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© Daniel Schäfer

Von Mareike Huisinga

Pirna. Warm scheint die Sonne an diesem Maimorgen in den grünen Hintergarten. Etwa 20 Senioren sitzen im Kreis, halten ein großes Schwungtuch in ihren Händen und stimmen passend zum Wetter das Lied „Komm lieber Mai“ an. Die Stimmung ist gut. Einer versucht, lauter zu schmettern als der andere, auch wenn es mit der Textsicherheit manchmal hapert. „Aber Spaß haben wir, das zählt“, sagt eine ältere Dame und lacht.

Das Haus ist frisch saniert, neben der Tagespflege sind auch seniorengerechte Wohnungen hier entstanden.
Das Haus ist frisch saniert, neben der Tagespflege sind auch seniorengerechte Wohnungen hier entstanden. © Daniel Schäfer

Das große Gebäude an der Gartenstraße Nummer 30 wurde zu einem modernen Seniorenzentrum umgebaut. Betreiber ist die Diakonie Pirna, die hier eine Tagespflege eröffnete. Da sich gleich daneben die Post befindet, wird das historische Gebäude auch Seniorenzentrum Alte Post genannt. Die Tagespflege hat unter anderem die Räume in der ersten Etage angemietet. Die Flure sind breit und die Zimmer hell. Es gibt ein Pflegebad sowie einen Ruheraum. In der Küche können die Patienten selber kochen.

Wenn sie wollen. Denn Selbstbestimmung gehört zur Philosophie der Tagespflege. „Wir werden den Patienten nichts vorschreiben. Sie sollen selber entscheiden, das zu tun, was sie gerade möchten“, erklärt Katrin Stelzig, Fachbereichsleiterin für Altenpflege der Diakonie Pirna. So darf beispielsweise nach Herzenslust im Garten Unkraut gezupft werden. Wer mag, kann Kartoffeln schälen oder einfach nur in einem der großen Schlafsessel faulenzen.

Diakonie-Chef Thomas Emmrich bringt es auf den Punkt: „Wir wollen keine Klinik, kein Pflegeheim anbieten, sondern ein Haus, in dem sich die Patienten wohlfühlen, wo sie gemeinsam singen, gemeinsam kochen, also auch in die alltäglichen Abläufe mit eingebunden werden.“

Das Unternehmen R&M GmbH aus Dresden hatte das Gebäude bereits 2015 gekauft. Geschäftsführer Frank Müller ließ es nach Auflagen des Denkmalschutzes sanieren. Entstanden ist ein Haus, das für die Bedürfnisse für Senioren perfekt zugeschnitten ist.

Denn nicht nur die Tagespflege ist vor Ort. Im zweiten und dritten Obergeschoss wurden elf barrierearme Wohnungen eingerichtet, sie haben eine Größe von 29 bis 60 Quadratemeter. Jede ist mit einem Hausnotruf ausgestattet. Je nach Bedarf können die Mieter weitere Betreuungsleistungen von der Diakonie dazubuchen. Die Warmmiete beläuft sich auf 375 bis 600 Euro im Monat, teilt Kerstin Mohr von der Firma R&M mit. Zwei Wohnungen sind bereits vermietet, es gibt Anfragen für die anderen. „Das Besondere ist, dass wir hier Wohnen und Tagespflege an einem Standort bieten“, erklärt Müller. Im Erdgeschoss hat die Diakonie ein Beratungsbüro und einen Gemeinschaftsraum eingerichtet. „Er ist ein Treffpunkt für die Gäste der Tagesgruppe und die Mieter, wo man auch mal gemeinsam einen Geburtstag feiern kann“, sagt Thomas Emmrich.

Schon im vergangenen Jahr zog eine Physiotherapie in das Erdgeschoss ein. Für das andere Ladengeschäft wird noch ein Mieter gesucht. Denkbar wäre eine Podologie, so Frank Müller. Die Gebäude Gartenstraße Nummer 29 und 30 wurden um die Jahrhundertwende errichtet. Zu DDR-Zeiten nutzte die Post sämtliche Räume. Zuletzt waren in der Nummer 30 unter anderem ein tschechischer Bäcker und Büros eingemietet. „Als wir den Kaufvertrag unterschrieben, stand das Gebäude bereits größtenteils leer“, sagt Müller.

Unterdessen ist es Mittag geworden. Das bunte Schwungtuch ist schon zusammengelegt. Sonja Findeisen besucht seit Februar die Tagespflege. Was ihr gefällt? „Einfach alles“, meint sie schmunzelnd. Dem stimmt Rolf Wünsche zu: „Es ist eine gute Gemeinschaft, ich komme gerne her.“

Informationen über R&M GmbH, Telefon 0351 6565600.