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Mit Medusa beim Schiffsfrühstück

Antje Menzel zeigt in der Freitaler Christuskirche eine Auswahl ihrer aktuellen Bilder – vor allem antike Themen in Schwarz-Weiß.

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© Thomas Morgenroth

Von Thomas Morgenroth

Freital. So ein Zweimaster kommt dem Ungeheuer als Frühstück gerade recht: Medusa, umtanzt und gekrönt von züngelnden Schlangen, schnappt sich das Segelschiff und wird es wohl samt Mannschaft verschlingen. So jedenfalls sieht Antje Menzel die antike Sagengestalt, die trotz aller Mordlust ein geradezu liebenswertes Gesicht hat. Wer weiß auch schon, was tatsächlich in dem Wesen vor sich geht, vielleicht ist es ja gar nicht so grässlich, sondern nur einsam.

Zimperlich freilich, glaubt man den Überlieferungen, waren Zeus und sein launisches göttliches Gefolge nicht. Das weiß Antje Menzel. Die Freitaler Künstlerin hat sich intensiv mit den historischen Stoffen befasst und verarbeitet diese in ihren Bildern. In der Christuskirche in Deuben ist jetzt eine Auswahl ihrer neuesten Collagen zu sehen. Pegasus zum Beispiel, das geflügelte Pferd; Leda mit einem niedlichen kleinen Schwan oder Aktaion, der zufällig Diana, die Göttin der Jagd, beim Baden beobachtet hat. Seine Strafe ist grausam: Er wird in einen Hirsch verwandelt und von seinen eigenen Hunden zerfleischt.

Antje Menzel zeigt Aktaion als ein Tier mit menschlichem Gesicht, zusammengesetzt aus zerschnittenen Fotografien. Auf den Schnipseln sind Strukturen von Ästen, Bäumen oder Pflanzenteilen zu erkennen, die sie selbst aufgenommen hat. Aber auch Schmetterlinge, Baumpilze, Blätter oder italienische Steinsäulen sind ihre Motive. Reduziert auf Schwarz und Weiß, werden die Fotos Zutaten für ihre Collagen.

Die Szenen und Figuren, nicht alle entstammen der griechischen oder römischen Mythologie, arrangiert sie auf schwarzem Hintergrund. Das suggeriert eine nächtliche Stimmung, jede Sonne wird so unweigerlich zum Mond. Im Schatten der Dunkelheit lernen sich etwa Zephir, der Westwind, und Flora, die Göttin der Blüte, kennen, und der Pfauenhahn himmelt seine winzig kleine Pfauenhenne an.

Das ist pure Poesie, eine Liebesszene, die zu Herzen geht. Und auch dazu hat sich Antje Menzel von der Literatur anregen lassen, von dem Roman „Pfaueninsel“ von Thomas Hettche. Überhaupt holt sich die 44-jährige Freitalerin oft und gern Inspirationen aus Büchern – von Tschechow genauso wie aus der Bibel.

Zur Kunst, die zunächst ihr Hobby war, kam Antje Menzel nach einer Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin bei Best-Sabel in Hainsberg. Ihr Talent förderte vor allem die 2016 verstorbene Dresdner Bildhauerin Susanne Voigt. Von dem Maler und Grafiker Hermann Naumann in Dittersbach, der, 88-jährig, noch heute ihr Mentor ist, erlernte sie den Punzenstich, eine seltene grafische Technik.

Wie Grafiken wirken auch ihre Collagen in der Christuskirche, die antike Themen mit einem Schuss Optimismus illustrieren: Vielleicht will ja Medusa mit der Fregatte nur spielen, immer nur Böses zu tun, ist auf Dauer sicher langweilig.

Bis 16. September in der Christuskirche Deuben, geöffnet während des Gottesdienstes und bei Konzerten; Arbeiten von Antje Menzel sind zudem in der Galerie im Hofmannschen Gut in Dittersbach zu sehen, und in Heft 88 der Zeitschrift „Ostragehege“ gibt es ein Porträt über sie.