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Meine schwierigste Entschärfung

48 Stunden hielt ein Blindgänger Sprengmeister Holger Klemig auf Trab. Wie der Einsatz aus seiner Sicht verlief und was er sich als erstes danach gönnte:

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© Ronald Bonß

Seit vielen Jahren ist Holger Klemig Sprengmeister. Die 219. erfolgreiche Bombenentschärfung war wohl auch die schwierigste des 56-Jährigen, der in der Nähe von Riesa wohnt. So verlief der Einsatz aus Sicht des Sprengmeisters.

Herr Klemig, das war eine aufwendige Aktion. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?

Ja, das kann man so sagen. Das Wesentliche ist, dass es keine Personenschäden gab. Auch über alles andere bin ich nicht unglücklich. Ein bisschen Ruß an einer Wand, ein bisschen brennendes Papier – das Ganze ist glimpflich ausgegangen.

Was war an diesem Einsatz besonders kompliziert?

Beim Entschärfen bestand das Problem darin, dass sich der mechanische Aufschlagzünder nicht verhalten hat wie üblich. Weil die Nadel bereits im Zündhütchen steckte, gab es Schwierigkeiten. Das hätte zu einer Detonation führen können. Wir mussten die Aktion abbrechen und uns eine neue Strategie überlegen.

Wie sind Sie also vorgegangen?

Um Sprengschäden zu vermeiden, haben wir die Bombe noch mehr abgesichert. Zum Beispiel durch die Wand aus Nizzasperren. Wir haben dann eine sogenannte Fangentschärfung durchgeführt. Deshalb konnte man es zweimal knallen hören. Beim ersten Mal war das der Schuss mit der Raketenklemme. Die Klemme wurde in Rotation versetzt und so der Zünder herausgedreht. Dann gab es einen zweiten Knall; die Teildetonation der Bombe. Gelöscht haben wir mit einem Löschroboter aus Leipzig, also im Prinzip unbemannt.

Wie gefährlich war denn diese Bombe eigentlich?

Das war eine Fliegerbombe englischer Bauart mit dem Kaliber 250 Kilogramm. Die Sprengkraft dieser Bombe ist schon beachtenswert. Wie viel da hätte passieren können, darüber könnte ich nur spekulieren.

Warum ist die Bombe denn nicht explodiert, als sie abgeworfen wurde?

Das kann verschiedene Gründe haben. Vielleicht wurde sie sabotiert, vielleicht war sie vereist. Auch kann die Sprengmischung verkehrt gewesen sein. Es handelte sich auf jeden Fall um ein mechanisches Problem.

Wohin kommt die Bombe jetzt?

Die wird nun in den Kampfmittel-Zerlegungsbetrieb in Zeithain gebracht.

Und wie geht es Ihnen nach diesem Einsatz?

Jetzt, wo das alles vorbei ist, geht es mir besser. Das war meine 219. erfolgreiche Entschärfung, aber zwischendurch haben sich meine Nackenhaare aufgestellt. Nach der Entschärfung habe ich mir erst einmal eine Zigarre gegönnt.

Das Gespräch führte Theresa Hellwig.