Merken

Mehr Klarheit an der Zapfsäule

Der Autofahrer kann heute bewusster tanken. Er muss sich aber Tageszeiten und dem Regionalmarkt anpassen.

Teilen
Folgen
© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke & Frank Oehl

Kamenz/Rödertal. SZ-Leser beschäftigen sich regelmäßig mit den aktuellen Spritpreisen. Wie zum Beispiel Udo Richter aus Kamenz. Er vermutete jetzt sogar illegale Preisabsprachen in der Region. „Nach wie vor kann man die deutlich höheren Preise und dies nahezu einheitlich an den Tankstellen in Kamenz verfolgen.“

Nun, der erste Eindruck des Lesers täuscht nicht. In der Tat stellt so mancher Pendler immer wieder fest, dass es im Raum Kamenz teurer ist. Beispiel am Mittwoch zwischen 8.45 und 9.15 Uhr beim Liter Diesel. Der Standardpreis in Kamenz hat sich auf 1,32 Euro eingepegelt und ändert sich auch über Gersdorf und Pulsnitz nicht. Wer das Glück hatte, gerade in Arnsdorf, im Raum Bischofswerda oder in Radebeul an bestimmten Tankstellen vorbeizukommen, zahlte acht oder neun Cent weniger. Kurze Zeit später gaben auch die Tankstellen im Kamenzer Raum immerhin fünf Cent nach. Das ist offenbar keine Seltenheit.

In Pulsnitz erklärt Sylvi Richter, die Pächterin der Agip-Tankstelle, einige Hintergründe: Die aktuellen Preise würden aus der Konzernzentrale an die zentrale Erfassungsstelle für Kraftstoffpreise – die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe – gemeldet und auch aus der Firmenzentrale beobachtet und von dort aus gesteuert. Die Zentrale passe dann die Preise auch an die regionalen Gegebenheiten an, so dass ihre Tankstelle im Preisgefüge quasi mitschwimme. Sie selbst als Pächterin habe in der Regel keinen Einfluss auf die Preistafel. Das sei dann eher ein Ausnahmefall, wenn sie zum Telefonhörer greife. Wenn preislich eine Schieflage eingetreten ist. Preisabsprachen, wie sie vermutet werden, seien aus ihrer Sicht durch das neue System der Markttransparenzstelle kaum möglich. Letztlich sei wohl eher der Wettbewerb in den Regionen entscheidend und damit die Tankstellendichte. Wenn es viele Tankstellen wie im Bereich Bischofswerda oder in Dresden gebe, drücke das auf den Preis. Im Bereich Kamenz gebe es vergleichsweise weniger Tankstellen.

Vor allem für den Eigenbedarf

Eine freie Tankstelle steht in Gersdorf. Sie wird von einer Tochter der Lausitzer Hügelland Agrar AG betrieben und ist durch einen kurzen Abzweig von der S 95 auf den Hof des Landwirtschaftsbetriebes zu erreichen. Zuletzt lag der Dieselliterpreis hier eher im oberen Bereich, was man zunächst nicht vermuten würde. Immerhin muss der Tankstellerbetreiber keine Rücksicht auf Konzernbelange nehmen. Er muss versuchen, den Sprit möglichst günstig einzukaufen (was schwierig genug ist) und dann mit Gewinn an den Endverbraucher abzugeben. AG-Chef Wilfried Furchert hält den Ball flach: „Wenn das Jahr optimal gelaufen ist, können wir an unserer Tankstelle mit einem Reingewinn von gerade mal 4 000 Euro rechnen.“ Die Agrar AG hält die Tankstelle vor allem auch für den Eigenbedarf, aber auch das lohne sich kaum. „Eigentlich müsste man sie zumachen.“ Dr. Furchert sieht vor allem die immer weiter ausufernde Sicherheitsbürokratie im Land als einen Hemmschuh. „Der Tankstellenmittelstand arbeitet eher für das Eichamt, für den Explosionsschutz und für den TÜV.“

Auffällig ist, dass die HEM-Tankstelle in Arnsdorf häufig günstiger ist als die Konkurrenz. Das erklärt Marion Menken vom Management so: „Mit einer schlanken Unternehmensstruktur und einem starken Fokus auf Kosteneffizienz können wir den Kraftstoff preiswerter anbieten als andere große Marken.“ Bereits seit April 2015 garantiere man als erstes Tankstellen-Unternehmen den jeweils günstigsten Preis im Umkreis von fünf Kilometern. Zurate- gezogen werde dabei das Verbraucherportal www.clever-tanken.de. „An der Kasse zahlen Autofahrer immer den günstigsten Preis – selbst wenn an der Zapfsäule ein höherer ausgewiesen ist.“