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Lidl-Eröffnung wird zum Politikum

Lidl eröffnete am Donnerstag einen Markt in Dippoldiswalde und wollte den Oberbürgermeister für einen guten Zweck kassieren lassen. Der kam aber nicht.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. Rund 50 Kunden standen schon in der Schlange, als am Donnerstag Schlag 8 Uhr Filialleiter Swen Baumgart die Glastüre zum neuen Lidl-Markt öffnete. Er hatte einen Blumenstrauß vorbereitet, den er Ines Riebisch überreichte, der ersten Kundin im neuen Markt. Die Glashütterin kam von der Arbeit und wollte sich den Markt ansehen, bevor sie nach Hause fuhr.

Zur Eröffnung um 8 Uhr hatte sich schon eine lange Schlange gebildet.
Zur Eröffnung um 8 Uhr hatte sich schon eine lange Schlange gebildet. © Egbert Kamprath

Geplant war ja, dass sich dann Oberbürgermeister Jens Peter (parteilos) eine halbe Stunde an die Kasse setzt und Lidl dessen Einnahmen an den Dippser Verein Kulturraum- und Brauchtumspflege spendet. Eine solche Aktion hat Lidl mit dem Bürgermeister von Weißwasser auch schon gemacht.

Doch in Dippoldiswalde wurde es zum Politikum. Am Vorabend im Stadtrat gab es eine Diskussion darum. Klaus Walter, stellvertretender Vorsitzender der Freie-Wähler-Fraktion, zählte den Oberbürgermeister an. Vergangenes Jahr hatte der Technische Ausschuss des Stadtrats das Bauvorhaben von Lidl abgelehnt. Allerdings waren die Gründe dafür rechtlich nicht stichhaltig. Daher hatte das Landratsamt den Bau dennoch genehmigt. Lidl hat gebaut, und nun wollte der Oberbürgermeister zur Eröffnung gehen. Walter nannte das einen „Affront gegen den Stadtrat“. Außerdem müsste der Rat entscheiden, an wen die Spende geht, forderte Walter.

In der Ratssitzung hielt Peter dem noch tapfer entgegen, dass er prinzipiell zu Geschäftseröffnungen gehe, zu denen er eingeladen wird. Zur Eröffnung am nächsten Morgen war er allerdings erkrankt.

So kam Dirk Massi unverhofft zu einer neuen Arbeit. Der Vorsitzende des Vereins Kulturraum- und Brauchtumspflege war eigentlich gekommen, um die Spendensumme entgegenzunehmen. Die hatte aber noch niemand erarbeitet. Daher baten die Lidl-Mitarbeiter ihn, sich selbst für eine halbe Stunde an die Kasse zu setzen. Silke Schönherr, eine erfahrene Mitarbeiterin, seit 18 Jahren bei Lidl, räumte ihren Stuhl und stellte sich hinter den neuen Kollegen. Er musste manchmal etwas gucken, wo denn der Strichcode ist, zog die Waren dann aber schnell über den Scanner. Schließlich ging es um Geld, mit dem der Verein nächstes Frühjahr seine Osteraktion im Sportpark finanzieren will. Dazu sind beim letzten Mal 250 Kinder gekommen. Nach einer halben Stunde stand er schwitzend auf. „Ich habe dabei einiges gelernt“, sagte Massi. Zum Beispiel gebe es Geldkarten mit einem Funksymbol. „So etwas hatte ich noch nie gesehen. Aber es ist ganz einfach einzugeben“, stellte er fest. Er kassierte Waren für rund 300 Euro. Lidl stockte diesen Betrag auf 500 Euro auf, die Immobilienleiter Jens Köhler dann dem Verein offiziell übergab.

Zur Eröffnung überreichte Volker Lotzmann vom Handelsverband Sachsen dem Marktleiter noch das Zertifikat für generationenfreundliches Einkaufen. Die geräumigen Gänge, die niedrigen Regale und die klare Auszeichnung der Waren kommen sowohl Senioren als auch Familien mit kleinen Kindern entgegen. So wie Sandra Schmidt aus Schmiedeberg, die gerade in Elternzeit ist. Sie hatte vorher bei Dirk Massi bezahlt. „Das wussten wir gar nicht, dass das jetzt für den Verein ist“, sagte Sandra Schmidt. Ihre Familie ist bisher schon Stammkunde bei Lidl. Ein-, zweimal die Woche kaufen sie hier ein. „Daran wird sich auch jetzt nichts ändern. Aber es ist schön geworden“, sagte Sandra Schmidt.

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