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Lenin ist jetzt Leipziger

Die Statue aus Bischofswerda hat jetzt ihren Platz im Zeitgeschichtlichen Forum. Dort hat man einiges mit ihr vor.

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© Stiftung Haus der Geschichte der BRD

Von Nicole Preuß

Bischofswerda.Der Abschied war kurz, schmerzlos und vor allem unspektakulär, betrachtet man die Diskussion um den Bischofswerdaer Lenin zuvor. Ein Laster holte die zwei Meter hohe Figur mithilfe eines Schwerlast-Gabelstaplers bereits Mitte November ohne großen Bahnhof vom Bauhofgelände Bischofswerda ab und brachte sie nach Leipzig. „Die Statue ist durch eine professionelle Kunstspedition nach Leipzig transportiert worden“, sagt der Sprecher des Zeitgeschichtlichen Forums, Dr. Daniel Kosthorst jetzt auf SZ-Nachfrage. Die Figur hat den Transport dementsprechend unbeschadet überstanden.

Die Stadt Bischofswerda hat die Lenin-Statue dem Zeitgeschichtliche Forum Leipzig geschenkt. Das Sandsteinbildnis hatte zuvor jahrelang weitgehend unbeachtet auf dem Gelände des Bauhofs an der Geschwister-Scholl-Straße gestanden, lediglich durch eine Plastikplane abgedeckt. Der Sandstein war verschmutzt und der Mützenschirm des Revolutionsführers beschädigt. Die Stadt Bischofswerda wollte Lenin zunächst dem DDR-Museum in der Spreewaldstadt Burg überlassen, doch der Vertrag kam nicht zustande. Dafür meldete sich das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig, das zur Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gehört. Das Forum hatte durch Presseberichte vom Lenin in Bischofswerda erfahren. Das Museum, das unter anderem das Alltagsleben in der ehemaligen DDR und die Wiedervereinigung thematisiert, will die Lenin-Figur dauerhaft in eine Ausstellung integrieren. „Unser Haus sieht in dem Denkmal ein erhaltenswertes zeithistorisches Zeugnis und ein außergewöhnliches Werk der Bildhauerkunst“, sagte der Sprecher des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig, Daniel Kosthorst, bereits vor einigen Monaten.

Das Denkmal stand einst vor dem Kulturhaus der Kaserne an der Bautzener Straße. Die Figur war ein Geschenk des Rates des Kreises Bischofswerda zum 100. Geburtstag von Wladimir Iljitsch Uljanow im Jahr 1970 an die in Bischofswerda stationierte sowjetische Garnison. Das Sandsteinbildnis stand dort mehr als 20 Jahre, bis es schließlich auf das Gelände des Bauhofs gebracht wurde.

Dort war es für die Öffentlichkeit nicht zu sehen. 2013 hoben Mitarbeiter des Bauhofs exklusiv für die SZ die Plane, um einen Eindruck von dem Denkmal zu bekommen. Das Bildnis sollte daher wieder zugänglich gemacht werden, zumal man eine solche Abbildung von Lenin nicht unbedingt jeden Tag sehen kann. Normalerweise wurde der Revolutionsführer in heroischer Pose stehend dargestellt. Der Schöpfer der Plastik, der Schmöllner Steinbildhauermeister Manfred Wagner, entschied sich jedoch für einen nachdenklichen, weniger verbreiteten Blick. Der Revolutionsführer sitzt in dieser Darstellung auf einer Art Bank, die Arme locker auf die Knie gestützt, in der Hand ein Buch. Das Denkmal aus Sandstein ist 2,25 Tonnen schwer und 1,15 Meter breit. Es musste daher für den Transport die nötige Technik bereitgestellt werden, damit Lenin überhaupt auf Reisen nach Leipzig gehen konnte. Das Zeitgeschichtliche Forum übernahm die Kosten, die mit dem ungewöhnlichen Transport anfielen. Lenin wurde in einem geschlossenen Lastkraftwagen transportiert und dürfte damit weder in der Stadt noch auf der Autobahn Aufmerksamkeit erregt haben.

Lenin steht jetzt im Depot des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig. Dort soll das Denkmal allerdings nicht lange bleiben. Die Spezialisten der Einrichtung planen gerade eine neue Dauerausstellung für das Museum an der Grimmaischen Straße in der Nähe der Thomaskirche in Leipzig. Die aktuelle dauerhafte Schau wird deshalb bereits Ende Januar geschlossen und erst Mitte Oktober wieder geöffnet. Die aktuelle Planung soll in zwei Wochen auf einer Pressekonferenz verkündet werden. Die Absicht ist allerdings klar: „Die Statue wird voraussichtlich in der neuen Dauerausstellung unseres Hauses präsentiert“, sagt Daniel Kosthorst. Die anderen Ausstellungen des Zeitgeschichtlichen Forums unter anderem zum DDR-Comic Digedags sind trotzdem weiterhin zu sehen.

Die Stadt Bischofswerda sieht eine Chance in der Schenkung. „Leipzig ist eine tolle Plattform, um mit Lenin die Besucher der Ausstellung auf Bischofswerda aufmerksam zu machen“, sagte Rathaussprecher Sascha Hache bereits im September. Zudem bietet sich so die Gelegenheit, dass Lenin überhaupt gesehen werden kann, auch von den Bischofswerdaern.