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Lange Leitung

Bei Wilsdruff wird eine neue Erdgastrasse verlegt. Dahinter steht ein Milliardenprojekt.

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© Ronald Bonß

Von Maik Brückner

Wilsdruff. Wilsdruff bekommt die nächste Großbaustelle. Anfang nächster Woche beginnt ein hessisches Unternehmen, eine Erdgastrasse durchs Stadtgebiet zu verlegen. Die SZ erklärt, was geplant ist, wie Straßen gekreuzt werden, wer hinter der Investition steht und wann das Projekt abgeschlossen sein soll.

Warum wird die Trasse verlegt?
Die Erdgasleitungen, die durch das Wilsdruffer Gebiet geführt werden, sind Teil der Trasse Eugal. Diese wird von der Firma Gascade Gastransport GmbH mit Sitz im hessischen Kassel gebaut. An dem Projekt beteiligt sind außerdem die Firmen Fluxys Deutschland, Gasunie Deutschland Transport Services und Ontrans Gastransport. Sie investieren insgesamt drei Milliarden Euro. Die Investoren wollen mit der neuen Trasse die Netzstabilität und Versorgungssicherheit in Europa „deutlich erhöhen“. Erreicht werden soll das durch die Anbindung der Trasse an die bestehenden deutschen Ferngasleitungen Jagal, Nel und Netra sowie an das tschechische Erdgasnetz. Damit können die Betreiber Erdgas in alle Richtungen transportieren, heißt es.

Wie verläuft die Eugal-Trasse?
Die Erdgastrasse beginnt im vorpommerschen Lubmin bei Greifswald. Dort kommt die durch die Ostsee verlegte Trasse Nordstream an. Diese bringt Gas aus Russland nach Deutschland. Mit Eugal kann das Gas künftig bis an die Grenze bei Deutschneudorf im Erzgebirge transportiert werden. Die Trasse ist rund 480 Kilometer lang. Sie wird parallel zur 2010 verlegten Opal-Leitung errichtet. Die Bauarbeiten an der neuen Leitung haben im August in Brandenburg begonnen. Ende 2019 soll der erste Leitungsstrang fertiggestellt sein und danach kann Erdgas durch die Eugal fließen. Anfang 2019 beginnen die Arbeiten am zweiten Strang. Diese sollen bis Ende 2020 abgeschlossen sein. Dieser zweite Strang wird nur durch Mecklenburg-Vorpommern bis in das südliche Brandenburg verlegt.

Was kommt unter die Erde?
Für die rund 480 Kilometer lange Leitung zwischen Ostsee und Erzgebirgskamm werden knapp 47 000 Rohrteile benötigt. Jedes Stahlrohr hat eine Mindestwanddicke von 22,3 Millimeter und einen Durchmesser von 1,40 Metern. Jedes Rohr ist rund 18 Meter lang und wiegt 15 Tonnen.

Wann beginnen die Arbeiten im Wilsdruffer Stadtgebiet?
„Die ersten Arbeiten beginnen voraussichtlich am 17. September“, sagt Nicola Regensburger, Sprecherin des Unternehmens Gascade Gastransport. Zunächst wird der Mutterboden abgetragen und seitlich gelagert. Dann werden die Rohre entlang der Trasse angeliefert und zu einem Strang verschweißt. Im Anschluss werden der Rohrgraben ausgehoben und der Strang in den Rohrgraben hinabgelassen. Spielt das Wetter mit, könnte bereits Ende November mit dem Verlegen der Rohre begonnen werden. Wann die Arbeiten bei Wilsdruff beendet werden, hängt vom Wetter ab.

Wie lang ist die Erdgastrasse im Stadtgebiet Wilsdruff?
Die Trasse im Stadtgebiet von Wilsdruff ist rund zehn Kilometer lang. Der Abschnitt reicht von der Kreuzung an der Autobahn A 4 bis an die Gemeindegrenze von Reinsberg im Landkreis Mittelsachsen.

Wie werden die Rohre durch Straßen und Flüsse verlegt?
Um Straßen, Bahntrassen und Flüsse zu queren, gibt es mehrere Methoden, sagt Regensburger. Die Fachleute unterscheiden dabei zwischen offener Querung und Unterquerung. Beim ersten Verfahren wird ein Graben ausgehoben. Beim anderen wird ein Tunnel gebohrt. „So werden zum Beispiel die Bundesstraße B 6 südlich der Elbe und auch die Bundesautobahn A 4 unterirdisch gekreuzt“, so die Sprecherin. Um die Elbe bei Coswig zu queren, werden die Gasrohre auf einer Länge von 180 Metern etwa zweieinhalb Meter unter der Flusssohle verlegt. Der Schiffsverkehr wird dadurch kaum eingeschränkt, heißt es von Gascade. Bis Weihnachten soll die Elbquerung geschafft sein.

Was passiert nach dem Verlegen der Leitung mit den Flächen?
Die Investoren sind angehalten, die Flächen nach Verlegung der Gasleitung soweit wie möglich wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Geregelt ist das in dem von der Landesdirektion Sachsen erlassenen Planfeststellungsbeschluss. Die Flächen können bis auf einen Sicherheitsstreifen uneingeschränkt genutzt werden. Auf dem betreffenden Streifen dürfen keine tief wurzelnden Bäume gepflanzt werden. Nach der Rekultivierung können die Flächen aber uneingeschränkt landwirtschaftlich genutzt werden.

Welche Folgen hat der Bau für die Grundstückseigentümer?
Auch das ist geregelt. Im Grundbuch wird für jede der betreffenden Flächen vermerkt, dass eine Erdgastrasse durchläuft. Für die damit verbundene Einschränkung erhalten die Eigentümer eine Entschädigung. „Die Höhe ist für alle Eigentümer im Verhältnis zum Umfang ihrer Betroffenheit gleich und orientiert sich am Verkehrswert der beanspruchten Grundstücke“, erklärt Regensburger. An den Verhandlungen war der Landesbauernverband Sachsen beteiligt. Die Investoren zahlen nach eigenem Bekunden den Eigentümern einen Ausgleich für den Aufwand, den diese mit dem Erarbeiten der Verträge hatten.

Werden durch die Trasse Naturschutzgebiete beeinträchtigt?
Die Trasse berührt sechs Fauna-Flora-Habitat- und drei Vogelschutzgebiete. Der Bau und der Betrieb der Gasleitung wird diese Gebiete nur unerheblich beeinträchtigen, teilt die Landesdirektion mit. Die Investoren wurden aufgefordert, die Umweltverträglichkeit des Vorhabens sicherzustellen. Sie werden Bäume pflanzen, Streuobstwiesen anlegen und Gräben freilegen.