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Knöpfe und Knöppe

In Pulsnitz sorgt derzeit eine ungewöhnliche Ausstellung für Aufsehen. Selbst der Eintrittspreis ist anders als üblich.

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© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Es funkelt und glitzert fast wie im Dresdner „Grünen Gewölbe“. Ein Grund mehr, sich die aktuelle Ausstellung in der Ostsächsischen Kunsthalle einmal vorzuknöpfen. Denn es geht um Knöpfe in jeder Form – schlicht und prächtig und sogar als Kunstwerke. Seit vier Wochen ist die Schau des Ernst-Rietschel-Kulturrings zu besichtigen und Galerieleiterin Sabine Schubert überrascht vom Interesse: „Die Ausstellung Kunst und Knöpfe ist die bestbesuchteste in diesem Jahr“, schätzt sie ein. Ein bisschen hatte Sabine Schubert die Sorge, dass es Schelte vom kunstinteressierten Fachpublikum geben könnte. Doch auch das ist eingenommen von der Schau. Von dieser Mischung aus kulturgeschichtlichem Anspruch zum Thema Knopf und dessen künstlerischer Verarbeitung.

Gut 600 Gäste zog die Schau bisher an. Die kamen bis aus Berlin, Chemnitz und Leipzig. Nicht ganz von ungefähr: „Wir haben unerwartete Unterstützung durch die Zeitung „kunst:art“ bekommen“, so Sabine Schubert. Die sorgte für überregionale Aufmerksamkeit. In der Fachzeitung fand ein Artikel über „Kunst und Knöpfe“ Platz: in bester Gesellschaft zwischen Texten über Ausstellungen so berühmter Museen wie der „Alten Nationalgalerie“ und dem Bodemuseum in Berlin. Die Pulsnitzer Exponate stammen aus dem Fundus des Sammlers und „Knopfkünstlers“ Michael Voigt aus Neusalza-Spremberg und führen in die schillernde Welt der Knöpfe und Schnallen. Voigt sammelt Objekte aus allen Zeiten und präsentiert manches prächtige Stück und einige Raritäten. So können auch historische Knöpfe mit dem Konterfei des amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln bewundert werden, Strumpfband- und Uniformknöpfe oder Knöpfe mit der Sixtinischen Madonna.

Büsten von Suleika

Besondere Hingucker sind zugleich die künstlerischen Arbeiten Voigts. Wenn er auf Flohmärkten, im Internet oder auf Sammlerbörsen die Knöpfe gleich nach Gewicht in größeren Mengen kauft, dann sind oft nur wenige kulturhistorisch wertvolle dabei. Die anderen sind der Fundus für seine Kunst. Er klebt Knöpfe zu Porträts, Stillleben und Objekten. Wie das „Glückliche Händchen“ zum Beispiel. Glücklich mit einem funkelnden Knopf natürlich, den das Händchen halten darf. Das beweist er selbst immer wieder beim Thema Knopf. So hat er offenbar auch einen Faible für prächtig verzierte Mädchenbüsten mit Namen wie Suleika oder Agyptine. Männliche Knopfbüsten sind eher rar, bis auf einen Erlkönig. „Es ist ja auch ein Privileg der Damen, sich zu schmücken“, sagt Sabine Schubert. Bei Michael Voigt werden alte Bügelbretter zu Kirchenfenstern und Knopfmotive wirken wie Bleiglasfenster. Die Fantasie Voigts und sein Einfallsreichtum, Materialien zu kombinieren, scheint keine Grenze zu kennen. Für andere wäre es Abfall, bei ihm wird es Kunst. Oft wirkt die am eindrucksvollsten, wenn der Betrachter etwas auf Distanz zu ihr geht.

Die bemerkenswerte Knopfsammlung entstand in nur wenigen Jahren seit 2010. Und nach der Ausstellung in Pulsnitz wird Michael Voigt noch um einige Kilogramm Knöpfe für seine Sammlung reicher sein. Den vielen der Besucher bereitet auch ein Angebot beim Eintrittspreis Freude. So zahlen sie statt einen Euro zu berappen in Knöpfen. 20 Stück sind fällig. Manche bringen gleich ganze Tüten mit. Vielleicht sind ja auch ein paar Raritäten dabei. Denn der Knopf war ja früher nicht nur ein Gebrauchsgegenstand, sondern ein Privileg und sollte etwas hermachen. Sabine Schubert freut sich über die Resonanz: „Die Knopfbox ist schon übervoll.“ Unter den Mitbringseln sind auch Besonderheiten, die sie dem Künstler persönlich übergeben will. Darunter einige aufwendig geprägte Stücke, die sich der Eigentümer „aus dem Herzen gerissen habe“. Auch eine Sammlung Aphorismen zum Thema Knopf gehört dazu von einer Frau aus Schkeuditz. Sie steuerte noch einen Schlager bei, von Bata Illic: „Ich möcht’ der Knopf an der Bluse sein.“ An so mancher Rarität hängt eine kleine Geschichte, wie die von Roswitha Weihermüller aus Dresden. Sie spendete einen Knopf, den ihre Mutter 1952 selbst gefertigt hatte. Noch dazu für ihre neue Bluse – ebenfalls Handarbeit der Mutter. So eingekleidet konnte sie stolz mit ihrer Klasse auf Fahrt in die Lausitz gehen, schreibt die Dresdnerin.

Der Künster im Gespräch

Bis 5. November ist die Ausstellung zu besichtigen. Für den Pfefferkuchenmarkt Anfang November bereitet Sabine Schubert eine besondere Künstleraktion vor – mehr will sie noch nicht verraten. Am kommenden Sonntag von 14 bis 17 Uhr wird Künstler Michael Voigt in der Ausstellung sein. So haben Besucher die Chance in ein Gespräch mit ihm zu kommen. Voll wird die Halle auch diesen Donnerstag sein. Dann besucht die Hortgruppe der Kita Kunterbunt die Knopfschau. Und die kleinen Knöppe können über die bunte Welt prächtiger Knöpfe staunen.

Öffnungszeiten der Kunsthalle auf der Robert-Koch-Straße 12: Donnerstag, Freitag, Sonntag 14 bis 17 Uhr.