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Keine Leute, keine Leute

Der Fachkräftemangel erreicht nun auch den Zittauer Handel: Nach der Schließung des Restaurants im Vier-Sterne-Haus am O-See verkürzt eine Gärtnerei ihre Öffnungszeiten.

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© Matthias Weber

Von Mario Heinke

Zittau. Anett Fritsche hat jetzt die Notbremse gezogen. Noch einmal hat sie die Öffnungszeiten ihres Pflanzenshops in der Löbauer Straße 82, gleich hinter dem Autohaus Lust, verkürzt. Bereits im vergangenen Jahr schränkte sie die Öffnungszeit am Abend von ursprünglich 18 auf 17.30 Uhr ein. Seit dieser Woche bleibt der Pflanzenshop nun auch Montag- und Mittwochnachmittag geschlossen. Der Grund für die Kürzung der Öffnungszeit: Personalmangel. Anett Fritsche sucht eine Floristin oder einen Gärtner, der Blumen binden kann, damit sie das Geschäft auch mal verlassen kann, um etwas zu erledigen. Die Suche nach Verstärkung habe sie inzwischen aber aufgegeben, sagt die Meisterin für Garten- und Landschaftsbau resigniert.

Der Fachkräftemangel ist nun offensichtlich auch im Handel angekommen. In der Gastronomie klagen Wirte und Hoteliers schon länger. „Die letzte Floristin war genau eine Woche da, dann kam der Krankenschein“, erzählt Anett Fritsche. Dabei sei die Frau in den ersten Tagen begeistert bei der Sache gewesen. „An der Bezahlung kann es nicht gelegen haben“, sagt sie, denn die läge über dem gesetzlichen Mindestlohn. Die Eltern und eine ungelernte Mitarbeiterin helfen ihr, den Laden an der Bundesstraße am Laufen zu halten. Rund 6 000 Quadratmeter mit Gewächshaus und Maschinenhalle bewirtschaftet die Zittauerin. Neben Stauden, Rosen, Gemüsepflanzen stehen Zier- und Obstgehölze auf der Freifläche mit dem Seerosenteich und dem kleinen Mühlrad. Im gläsernen Pavillon bietet Anett Fritsche Schnittblumen, Samen, Keramik und Geschenkartikel an. Im Sommer muss die ganze Blütenpracht auch am Wochenende gewässert werden. Zwei Stunden dauert es ungefähr, bis sonntags die Pflanzen gegossen sind. „Arbeit gibt es genug“, sagt die 43-Jährige und lacht. Vor zehn Jahren übernahm sie von ihrem Vater den kleinen Betrieb, der ihn 1991 gegründet hatte.

Wegen Personalmangel gab erst vor kurzem das Vier-Sterne-Hotel „Haus am See“ bekannt, künftig nur noch Hotelgäste bedienen zu können. Von ursprünglich drei Kellnern war wegen Krankheit nur noch einer übrig geblieben, erklärte Betreiber Thomas Hauser und sprach von „einer schweren Entscheidung“. Das Restaurant am Olbersdorfer See ist seither für Einheimische und Passanten geschlossen. Ähnliche Entwicklungen sind in Zittauer, Oderwitzer und Oybiner Gaststätten zu beobachten. Immer mehr Gastronomen sind gezwungen, ihre Öffnungszeiten zu verkürzen, weil ihnen das Personal fehlt.

Die regionalen Geschäftsstellen der Industrie- und Handelskammer Dresden (IHK) sind sich des Personalproblems bewusst. Bei einer Befragung von 1 200 Unternehmen meldeten 45 Prozent der Händler offene Stellen, also fast jeder Zweite.

Die IHK bietet deshalb verschiedene Veranstaltungen an, die den Unternehmen helfen sollen, für Arbeitnehmer attraktiver zu werden oder Fachkräfte aus Tschechien zu finden. „Gegensteuern bedeutet aber auch, die Werbetrommel für die duale Ausbildung zu rühren und den Trend in Richtung akademischer Ausbildungen zu stoppen, welcher nicht dem Bedarf unser Unternehmen entspricht“, sagt Lars Fiehler, Geschäftsführer Standortpolitik und Pressesprecher der IHK Dresden. Für den ländlichen Raum komme auch der Standortsicherung von Berufsschulen eine bedeutende Rolle zu. Daran knüpfe auch die Forderung der Kammer, dass der Freistaat die Berufsschulen in seine Schulnetzplanung aufnimmt. „Hierzu befinden wir uns aktuell im Diskurs mit der Staatsregierung“, so Fiedler.