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Kein Tempo 30 vor der Kita

Obwohl es in Hainersdorf keinen Fußweg gibt, sehen die Behörden keinen Anlass, die erlaubte Geschwindigkeit zu senken.

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© Dirk Zschiedrich

Von Dirk Schulze

Sebnitz. Für die Eltern und Erzieher der Kindertagesstätte „Zwergenhausen“ im Sebnitzer Ortsteil Hainersdorf ist die Sache klar, ebenso für den benachbarten Reiterhof Rößler. Die Situation an der Hohnsteiner Straße ist gefährlich: Ein Fußweg fehlt, durch die 90-Grad-Kurve ist die Straße schwer einzusehen. Gerade hier sind aber viele Kinder unterwegs. Kita und Reiterhof wollen deshalb Tempo 30 auf dem Straßenabschnitt. Ein Antrag der CDU-Fraktion, dies zu prüfen, fand im Stadtrat eine breite Mehrheit. Doch die Polizei und das Landesamt für Straßenbau und Verkehr teilen diese Ansicht nicht. Nach Geschwindigkeitsmessungen und einem Ortstermin steht nun fest, dass Tempo 30 an dieser Stelle keine Chance hat. Das sind die Gründe:

Messung spricht gegen Raserei
Nach Einschätzung von Kitaleiterin Katja Schaffrath halten sich auf dem Straßenabschnitt nur die wenigsten Autofahrer an die vorgeschriebenen 50 km/h. „Wir leben immer mit der Angst“, sagte sie im Frühjahr gegenüber der SZ. Mit einem kleinen Zählgerät hat die Stadt Sebnitz zwei Wochen lang die Geschwindigkeiten gemessen, einmal Ende April und einmal Mitte August. An mehreren Tagen im Juli war zudem das Landratsamt zu Tempokontrolle vor Ort. Die Messungen der Stadt ergaben, dass 85 Prozent der Fahrer nicht schneller waren als 56 km/h (April) beziehungsweise 62 km/h (August). Aus Sicht der Polizei bewegt sich die überwiegende Mehrheit damit noch im Toleranzbereich. Bei den Kontrollen des Landratsamts waren rund fünf Prozent der Fahrer schneller als 50 km/h. Die Behörden kommen deshalb zu folgendem Schluss: Das subjektive Empfinden, das überdurchschnittlich zu schnell gefahren werde, könne durch die Messung nicht belegt werden, heißt es in der Auswertung. Ein weiteres Kriterium: Bislang wurde kein Unfall registriert. Ein Runtersetzen der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h lasse sich somit nicht rechtfertigen.

Nur wenige Kinder betroffen
Eine direkte Gefahr für die Kinder der Kindertagesstätte „Zwergenhausen“ besteht aus Behördensicht nicht. Die Kita befindet sich nicht direkt an der Straße, sondern gut 50 Meter entfernt. Die Eingangstür ist gesichert, sodass kein Kind plötzlich auf die Straße laufen kann. Der fehlende Fußweg hingegen wird tatsächlich als Problem angesehen. Das dürfte es an einer Staatsstraße laut Richtlinie nicht geben. Gegen ein schärferes Tempolimit sprechen jedoch die Fallzahlen. Sämtliche Kindergartenkinder werden von ihren Eltern mit dem Auto in die Kita gefahren. Maximal acht Hortkinder kommen nachmittags mit dem Bus und müssen dann die Straße überqueren. Den Weg von der Grundschule zum Busbahnhof bewältigen sie jedoch auch allein. An der Kita sollten sie, falls nötig, eine Zeit lang von den Erziehern abgeholt werden, um sicheres Queren zu üben.

Reiter müssen selbst aufpassen
Grund zwei für die Tempo-30-Initiative war der Reiterhof Rößler auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Bei Ausritten müssen die dort Unterricht nehmenden Kinder und Jugendlichen ein Stück an der Straße entlang reiten. Hier verweisen die Behörden auf die Straßenverkehrsordnung: Pferde sind nur dann im Verkehr zugelassen, wenn ihre Reiter sie im Griff haben.

LED-Anzeige soll helfen
Um trotzdem etwas zu tun, plant die Stadt jetzt folgende Maßnahmen: Im kommenden Jahr sollen LED-Displays installiert werden, welche jedem Autofahrer seine Geschwindigkeit und einen entsprechend lächelnden oder grimmigen Smiley anzeigen. Das Schild „Achtung Kinder“ wird um ein „Achtung Pferde“ ergänzt. Der Bus soll künftig mit Warnblinker an der Haltstelle halten. Für bessere Kurveneinsicht seien am Reiterhof die Büsche zu verschneiden. Nicht zuletzt will man darauf drängen, dass regelmäßig geblitzt wird.