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Kein Platz für Baugemeinschaften

Zwar werden jährlich städtische Grundstücke ausgeschrieben. Doch das reicht nicht, um die hohe Nachfrage zu decken.

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© Archivbild: Sven Ellger

Von Sarah Herrmann

Ein Haus, 16 Bewerber. Die Ausschreibung eines Grundstücks an der Dorothea-Erxleben-Straße 2 zeigt, wie hart umkämpft der Markt bei den Baugemeinschaften in Dresden ist. Zwar wird in Dresden allerhand gebaut. Meist sind es Investoren, die Mehrfamilienhäuser mit zahlreichen Wohnungen errichten. Für Baugemeinschaften gebe es hingegen kaum Platz, bemängeln Kristina Krömer und David Baumann vom Mietshäuser Syndikat Dresden.

Die Gesellschaft hat sich gleich mit drei Gruppen um das Haus auf der Dorothea-Erxleben-Straße beworben – und kassierte Absagen. Die Begründung: Ziel der Konzept-ausschreibung sei es, selbst genutzten Wohnraum zu verkaufen. Beim Syndikat erwerben aber auch Gesellschafter das Gebäude, die es später nicht beziehen werden. Denn bei dem Konstrukt wird eine Firma Käufer des entsprechenden Objekts. Diese gehört zu über 50 Prozent den künftigen Bewohnern, den restlichen Anteil erwirbt das Syndikat. Die Bewohner sind hingegen weiterhin nur Mieter – allerdings zu einem sehr günstigen Preis. Der Vorteil: Wer es sich anders überlegt, kann jederzeit aus der Wohngemeinschaft ausziehen.

Dieses besondere Konzept ist dem Syndikat auch bei anderen Ausschreibungen schon zum Verhängnis geworden. Dabei widerspreche es nicht der Idee einer Baugemeinschaft, sagen Krömer und Baumann. Die Gesellschaft solle nur gewährleisten, dass das Haus nicht wieder verkauft wird und es so vor Spekulation schützen. „Das hat die Stadt nicht in der Tiefe verstanden“, so Krömer. Sie würde sich wünschen, dass das Syndikat bei künftigen Ausschreibungen mit bedacht wird.

Doch es geht Krömer und Baumann nicht nur um das Syndikat. Auch für andere Baugemeinschaften gebe es zu wenig Platz. Zwar ist die Verwaltung laut Stadtratsbeschluss verpflichtet, mehrere Grundstücke im Jahr speziell für diese auszuschreiben. Die Anzahl reiche allerdings nicht aus. „Unser Wunsch wäre es, dass die Stadt verstärkt darüber nachdenkt, unterschiedliche Gruppen als Möglichkeit für eine individuelle Stadtgestaltung zu nutzen“, sagt Krömer. Sie verweist auf ein Modellprojekt aus Leipzig, bei welchem die Verwaltung aktiv auf Baugemeinschaften zugegangen ist, um ein neues Viertel zu gestalten. Krömer und Baumann könnten sich dies auch in Dresden vorstellen – zum Beispiel am Alten Leipziger Bahnhof.

Auch Marion Kempe, Geschäftsführerin des Bauforums Dresden, kennt das Problem. Während die Zahl der verfügbaren Grundstücke sinkt, steige die Nachfrage durch Baugemeinschaften kontinuierlich. Das Modell erfreue sich zunehmender Beliebtheit. An der Dorothea-Erxleben-Straße habe sich das Bauforum mit fünf Gruppen beworben. Auch Kempe würde sich wünschen, dass die Stadt einen Schritt auf die Baugemeinschaften zu macht.

„Ich weiß aber, dass sie auch ihre Schwierigkeiten hat“, sagt sie. So seien nach der Wende über Jahre hinweg zahlreiche Grundstücke verkauft worden. Die Verwaltung habe Probleme, genügend Flächen für die kommunale Wohnungsbaugesellschaft zu finden. Das Problem liegt laut Kempe vor allem darin, dass die ausgeschriebenen Objekte zu klein sind. Oft bieten diese nur Platz für maximal drei Familien. Sie wünscht sich, dass die Stadtverwaltung größere Objekte für Baugemeinschaften ausschreibt.

Seit dem Beschluss des Stadtrats im Jahr 2013, Grundstücke für Baugemeinschaften zu reservieren, seien acht Grundstücke ausgeschrieben worden. Das teilt Stadtsprecherin Anke Hoffmann im Auftrag des Amts für Hochbau und Immobilien mit. Der Anteil dieser Grundstücke an der Gesamtzahl der in den Jahren 2015 bis 2017 ausgeschriebenen Grundstücke habe zwischen zehn und 24 Prozent gelegen. Meist wurden je Objekt zwei bis acht Gebote abgegeben. Nur beim Grundstück auf der Dorothea-Erxleben-Straße lag die Zahl mit 16 Bewerbern deutlich höher.

Eine Lösung für das Problem hat die Verwaltung nicht parat. „Bebaubare Grundstücke in städtischem Eigentum stehen nur beschränkt zur Verfügung“, sagt Hoffmann. Zumindest für das Syndikat gibt es aber gute Nachrichten: „Für zukünftige Ausschreibungen wird geprüft, wie Gebote solcher Bieter gleichermaßen mit berücksichtigt werden können.“ Mehr Platz für Baugemeinschaften bringt das aber nicht.