Merken

Immer weniger Mittelsachsen

Im Landkreis sinkt Bevölkerungszahl jedes Jahr. Die Lokal- und die Landespolitik will mit Konzepten gegensteuern.

Teilen
Folgen
© dapd

Von Franziska Pester und Verena Toth

Landkreis. Mittelsachsen hat seit 2013 rund 87 000 Einwohner verloren. Die Städte und Dörfer der Region kämpfen mit dem Bevölkerungsschwund. Und auch die Prognosen des Statistischen Landesamtes bis zum Jahr 2030 sehen nicht rosig aus: Der Landkreis und die Kommunen werden weiter Einwohner verlieren und auch das Durchschnittsalter steigt an. Die Verantwortlichen in der Politik suchen nach Ideen, um Menschen auf dem Land zu halten.

Dass die Städte und Gemeinden im Landkreis jedes Jahr ein Stück mehr schrumpfen, belegen die Zahlen zur Einwohnerentwicklung die das Statistische Landesamt erhebt. Am Beispiel der Stadt Döbeln wird die Entwicklung deutlich: Im Jahr 2000 hatte Döbeln 28 280 Einwohner, zehn Jahre später waren es noch 24 836. Zum Stichtag 30. September 2017 lebten im Stadtgebiet nur noch 23 769 Menschen. Obwohl zwischenzeitlich sogar mehr Menschen nach Döbeln gezogen sind, als die Stadt verlassen haben, ist das Resultat in der Bevölkerungszahl dennoch negativ.

Die Prognose für die nächsten Jahre sieht nicht besser aus. Laut den Statistikern wird Einwohnerzahl in der Stiefelstadt weiter sinken: Im Jahr 2025 wird es in der pessimistischeren Variante, die von einer niedrigeren Geburtenrate und weniger Zuzug ausgeht, etwa 21 700 Einwohner geben, im Jahr 2030 weitere eintausend Menschen weniger. Auch die Altersstruktur entwickelt sich nur in eine Richtung. In beiden Berechnungsvarianten wird sich das Durchschnittsalter der Bevölkerung bis zum Jahr 2030 weiter erhöhen. Waren die Döbelner im Jahr 2014 noch durchschnittlich 47,8 Jahre alt, wird der Altersdurchschnitt im Jahr 2030 rund 50 Jahre betragen. Zudem wird es immer weniger Angehörige der Generation 25 bis 40 Jahre geben. Im Vergleich zu 2014 könnte sich deren Zahl um 35 bis sogar etwa 42 Prozent verringern.

Der Einwohnerschwund und der Verlust an jungen Leuten bereiten den Verantwortlichen im Landratsamt und in den Rathäusern der Region Kopfzerbrechen. Was kann getan werden, um die junge Generation für ein Leben abseits der Großstädte zu begeistern?, lautet die zentrale Frage. „Ein Auseinanderdividieren von Land und Stadt wird es in Sachsen nicht geben. Gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Bevölkerungsgruppen sind nach wie vor unser politisches Ziel für den ländlichen Raum“, sagt Sachsens Umwelt- und Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU). Mit verschiedenen Fördergeld-Programmen unterstützt der Freistaat daher den Erhalt und Aufbau neuer Infrastruktur in Kleinstädten und Dörfern. Das Spektrum reicht vom Straßenbau über die Schaffung von Kita-Plätzen bis zum Breitbandausbau für schnelles Internet.

Auch aus Sicht von Mittelsachsens Landrat Matthias Damm (CDU) ist es eine der drängendsten Aufgaben der kommenden Jahre, Konzepte für ländliche Regionen zu entwickeln: „Wir müssen die Entwicklung jenseits der sächsischen Großstädte fördern, müssen erhalten und aufmerksam machen auf das, was uns ausmacht: niedrige Lebenshaltungskosten, bezahlbarer Wohnraum, Zuschüsse für Bauen im ländlichen Raum, aktive, gut funktionierende Vereine.“ Die Suche nach Ärzten für das Land und der Erhalt des öffentlichen Nahverkehrs bezeichnet er als Herausforderungen. Denn das Schrumpfen der Bevölkerung stelle auch die Wirtschaft vor große Probleme, da Fachkräfte fehlten. „Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft in zehn bis 15 Jahren noch Arbeitskräfte hat“, so Damm.

Mit der Nestbauzentrale hat Mittelsachsen im Jahr 2016 ein Angebot geschaffen, mit dem die Zahlen zumindest ein wenig ins Positive gekehrt werden sollen. Von Döbeln aus werden Rückkehrer, Zuzügler, Bleibewillige beraten: Wo gibt es Bauland, Wohnungen, Arbeitsplätze? „Mit dem heutigen Stand haben wir etwa 250 Anfragen beantwortet und wir konnten bislang etwa 80 Rückkehrer beim Neustart in der Region helfen“, sagt Josefine Tzschoppe. Die Anfragen und das Interesse steigen stetig, so die Mitarbeiterin des Döbelner Büros. „Viele Familien und Angehörige informieren sich über die Möglichkeiten, sich in der ländlichen Region niederzulassen“, so die Nestbauzentrale.

Dass auf dem Land mehr Anstrengungen und gute Konzepte nötig sind, zeigt der Vergleich der Bevölkerungszahlen mit den sächsischen Großstädten. In Dresden und Leipzig steigt die Einwohnerzahl an. In der optimistischeren Variante wird unter der getroffenen Annahme des hohen Niveaus der Geburtenzahl und der Zuwanderung ein Anstieg um bis zu 6,7 Prozent erwartet. Die Stadt Chemnitz sowie die Landkreise erwarten hingegen voraussichtlich einen unterschiedlich starken Bevölkerungsrückgang. Am stärksten wird der Erzgebirgskreis (-14,3 Prozent) Einwohner verlieren, gefolgt von den Landkreisen Görlitz (-13,4 Prozent) und dem Vogtlandkreis (-12,8 Prozent). Mittelsachsen liegt bei -11,7 Prozent. Mit weniger Verlusten hingegen haben die Landkreise Nordsachsen (-7,9 Prozent) und Meißen (-7,3 Prozent) zu rechnen. (mit FP)