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Im Dienst des Kindes

SZ-Jugendredakteur Michael Tischer konnte in einer Pulsnitzer Kinderpraxis zuschauen. Und hat einiges gelernt.

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© Matthias Schumann

Von Michael Tischer

Pulsnitz. Was ist ein medizinischer Fachangestellter? Diese Frage habe ich mir gestellt, als ich neulich eine Liste zu Ausbildungsberufen im Internet aufrief. Schnell überflog ich die Beschreibung und fand den Beruf interessant. Wir Jugendredakteure schlüpfen in der SZ-Serie „Ein Tag als ...“ einen Tag lang in einen Beruf unserer Wahl und berichten über gesammelte Eindrücke. Warum also nicht mal in den Beruf eines Arzthelfers hineinschnuppern? Die Kinderärztin Dr. med. Janet Roth in Pulsnitz hatte nichts gegen mein Anliegen einzuwenden. Sie führt die Praxis, in der ich seit nun mehr fast fünf Jahren wegen einer Allergie behandelt werde.

Nach einer kurzen Einweisung und der schriftlichen Zustimmung in die Schweigepflicht darf ich den medizinischen Fachangestellten begleiten. Im Gegensatz zu einer Krankenschwester, die für die Pflege und Medizin der Patienten zuständig ist, ist ein medizinischer Fachangestellter mehr für die Medizin und die bürokratischen Tätigkeiten verantwortlich. Isabell Lunze ist Auszubildende in dem Beruf. Sie ist 17 Jahre alt und bereits im zweiten Ausbildungsjahr. Isabell macht die Ausbildung in der Kinderpraxis von Janet Roth viel Spaß, nicht nur, weil sie sich mit dem Team gut versteht. „Der Beruf ist auch abwechslungsreich“, sagt Isabell Lunze.

Während meiner Recherche in der Kinderpraxis bin ich oft bei den Tätigkeiten von Isabell mit dabei. Schließlich bin ich neugierig, was eine Auszubildende überhaupt alles machen darf, ist sie ja noch keine staatlich anerkannte medizinische Fachangestellte. Ich werde positiv überrascht. Isabell muss schon richtig mit anpacken. Eigenständig, aber dennoch beaufsichtigt, bereitet sie die Spritzen und Impfungen vor. Das ist Teil ihrer Ausbildung. Das Vorbereiten der Spritzen für die Impfungen macht Isabell dabei sehr sorgfältig. In einer großen Packung im Kühlschrank liegt der Impfstoff in kleinen Fläschchen. Eine Spritze wird samt Nadel und herausgezogenen Kolben durch ein kleines Loch in das Impfstoff-Fläschchen geführt. Danach wird der Kolben in das Fläschchen gedrückt. Nicht zu vergessen ist das Aufziehen der Spritze, damit überhaupt irgendein Impfstoff in die Spritze gelangen kann. Dies macht Isabell so lange, bis die erforderliche Dosis Impfstoff in der Spritze ist. Natürlich kann man nicht zwangsläufig vermeiden, dass auch Luft aus dem Fläschchen mit in die Spritze gelangt. Diese kann man durch vorsichtiges Betätigen der Spritze aber wieder entfernen.

Beruhigen ist manchmal schwierig

Wenn der Vorgang beendet ist, löst man das Fläschchen schließlich von der Nadel. Die gebrauchte Nadel wird entfernt. Zum Schluss wird eine neue Nadel an die Spritze angebracht. Für mich ist es interessant mit anzusehen, dass man selbst bei dem Aufziehen einer Spritze so einiges beachten muss. Medizinische Fachangestellte, wie Isabell, sind aber auch Assistenten bei kleinen Eingriffen, bei Impfungen oder anderen Untersuchungen. Sie müssen Verbände anlegen oder Blut abnehmen.

Ein paar Minuten später im Sprechzimmer: Die fertige Spritze wartet auf ihren kleinen Patienten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Impfungen bei Kindern besonders anspruchsvoll sind. Für die Kleinen sind diese Impfungen etwas neues, wovor sie verständlicherweise Respekt und Angst haben. Janet Roth hat nun die Spritze in der Hand. Bevor es losgeht, desinfiziert sie den Ort der Impfung gründlich. Noch ist das Kind ruhig. Die Spritze sticht in die Haut und das Kind weint. Ich stehe direkt daneben. Ich kann miterleben, mit welcher Kraft sich kleine Kinder gegen eine Spritze wehren können. Mit vereinten Kräften halten die Ärztin, die Mutter und die Auszubildende Isabell das Kind fest, damit die Spritze ihr Ziel nicht verfehlt. Und das kleine Kind schreit und weint noch immer. Die Frequenz habe ich noch heute im Ohr. Die Arzthelferin versucht während der Impfung die ganze Zeit über, das Kind zu beruhigen, mit wenig Erfolg. Doch wenn gute Worte nicht helfen, dann sind es vor allem Süßigkeiten, durch die die Kinder wieder lachen können. – Was so ein Gummibärchen alles bewirken kann … Das Beruhigen und Trösten der kleinen Patienten gehört eben auch dazu.

Kurz vor Mittag: Ich befinde mich nun zusammen mit einer anderen medizinischen Fachangestellten in einem kleinen Raum voller Messgeräte und einer kleinen Liege am Fenster. Die Arzthelferin machte an diesem Tag die Tests der Vorsorgeuntersuchungen, bestehend aus Seh-, Hör- und Grammatiktest. Ich darf ihr dabei über die Schulter schauen. Bei den verschiedenen Tests müssen die Kinder bestimmte Aufgaben selbstständig erfüllen. Dabei fällt mir auf, dass jedes Kind anders die Tests wahrnimmt. Das eine Kind ist voller Elan dabei, ein anderes Kind wiederum sagt nicht viel und klammert sich an seine Mutter. Das ist aber nicht weiter schlimm, weil die Kinder oftmals einfach nur aufgeregt sind.

Alles muss schriftlich festgehalten werden

Die Arzthelfer nehmen den Ärzten Arbeit ab, indem sie zum Beispiel Patientendaten, Diagnosen und Berichte in einer Akte dokumentieren. Auch Ärzte machen das, beziehungsweise diktieren es den medizinischen Fachangestellten. Zu der Organisation einer Kinderpraxis gehören auch die Terminvergabe und die Abrechnung der durchgeführten Leistungen. All das übernehmen ebenfalls die Arzthelfer. Jede Untersuchung, jede Impfung und jeder Test wird schriftlich auf Papier oder am Computer festgehalten. Das kommt mir ab und zu ganz schön aufwendig vor.

Der Tag in der Kinderpraxis von Janet Roth hat mir viel gezeigt. Ich, der eigentlich weniger Interesse an medizinischen Berufen hat, finde auf einmal selbst Gefallen daran. Bewusst halte ich mich aber stets im Hintergrund. Der Job ist abwechslungsreich, das stimmt. Jeder Tag ist anders, auch wenn man jeden Tag scheinbar die gleichen Spritzen vorbereitet. Jeden Tag gibt es andere kleine Patienten. Meinen Respekt haben die Arzthelfer. Denn sie sind auf jeden Fall multitaskingfähig und immer unterwegs, um dem Patienten zu helfen.

Ich beende meinen Tag an der Seite von medizinischen Fachangestellten mit einem guten Gefühl, auch wenn ich den Arzthelfern nur über die Schulter geschaut habe. Das Team der Kinderpraxis ist bei Fragen für mich da. Bei den Untersuchungen bekomme ich auch stets äußerst nützliches und wirklich interessantes medizinisches Wissen vermittelt, oft von Janet Roth, die mich während der Untersuchungen nie im Raum „vergessen“ hat. Das gesamte Team war auch sehr eingespielt und harmonisch. Es war eine tolle Atmosphäre, in der ich gerne jederzeit wieder arbeiten würde.

Michael Tischer (16) interessiert sich eigentlich für Technik und digitale Entwicklung, er blickt aber auch gern mal über den Tellerrand. Die SZ-Jugendredaktion bietet dem Schüler des Sauerbruch-Gymnasiums Großröhrsdorf gute Bedingungen dafür.