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„Ich rate davon ab, auf die Waage zu steigen“

Fitnesstrainerin Susanne Kaiser gibt Tipps, wie die sportlichen Vorsätze erfolgreich umgesetzt werden können.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Neues Jahr und gute Vorsätze, wer kennt das nicht? Mehr Sport treiben, gesünder essen, weniger Alkohol trinken, ein paar Kilos abnehmen oder mit dem Rauchen aufhören – ganz viele hat in der Silvesternacht schon das schlechte Gewissen geplagt. Und ganz viele haben dann auch eifrig losgelegt, nur um nach wenigen Wochen festzustellen, dass eigentlich alles so läuft wie vorher. Doch wie schafft man es, seine guten Vorsätze durchzuhalten, dranzubleiben, sich durchzubeißen? Die SZ sprach mit Susanne Kaiser, Fachsportlehrerin für Fitness und Gesundheit, Ernährungscoach und Trainerin beim Freitaler Verein Muskelkater.

Frau Kaiser, haben Sie sich zum neuen Jahr schon mal etwas vorgenommen und sind daran gescheitert?

Da fällt mir spontan nichts ein. Aber ich nehme mir auch keine großen Ziele vor, sondern eher kleine Dinge. Mal mehr in die Sauna gehen, mal wieder eine Auszeit nehmen – solche Sachen zum Beispiel. Ich mag es nicht, so starre Vorgaben zu haben, mich in meiner Freizeit auch noch an strenge Trainingspläne halten zu müssen. Termine habe ich beruflich und natürlich als Kursleiterin im Verein. Wenn ich jetzt auch noch sage, ich gehe dreimal die Woche laufen und schaffe dann nur zweimal, bin ich doch schon gescheitert.

Ist das der Kern des Problems: Die guten Vorsätze scheitern an zu hohen Zielvorgaben?

Ich denke, zum Großteil ja. „Lieber einmal, als keinmal“, ist meine Haltung. So kommt erst gar kein schlechtes Gewissen auf. Dabei ist es durchaus gut und lobenswert, wenn sich Menschen in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel Gedanken um ihr persönliches Wohlbefinden machen. Aber bitte alles Schritt für Schritt.

Mehr Sport treiben, ein paar Kilo abnehmen, fit werden, gesünder essen – sicherlich sind das die Vorsätze vieler Deutscher. Was sollte man sich vornehmen und wie hält man es durch?

Wichtig ist, im Vorfeld zu wissen, ob es ärztlicherseits Bedenken gegenüber sportlicher Aktivität gibt. Gibt es keine Einschränkungen, dann ist mein Tipp: Machen Sie sich zuerst Gedanken, was am besten zu Ihnen selber passt. Welche Sportart mögen Sie? Lässt es sich gut mit der Arbeit und Familie organisieren? Was haben Sie früher gerne gemacht? Es nützt zum Beispiel nichts, dass Sie sich etwas vornehmen, was nur andere gerne tun oder etwas zu machen, von dem die Werbung einen tollen Effekt verspricht.

Also muss man sich etwas heraussuchen, was einem Spaß macht und leicht fällt.

Der erste Schritt fällt meist nie leicht. Aber ja, es geht um die Freude an der Bewegung, damit man regelmäßig dran bleibt. Die Leichtigkeit kommt dann wie fast von selbst. Die Freude an der Bewegung wird allerdings noch durch andere Komponenten unterstützt. Mal ist es eine Trainingsgruppe, in der man sich gesellschaftlich gut aufgehoben fühlt. Andermal ist es eher die Natur, welche Kraft gibt. Ein anderer bekommt seine Kraft zum Durchhalten mit einem Trainingspartner, der stets den vereinbarten Trainingstreff nicht sausenlässt, und der nächste fühlt sich durch Vorbilder motiviert. Nicht immer ist es die sportliche Aktivität selbst, die entscheidend für das Durchhalten ist.

Welche Möglichkeiten gibt es denn für Sportinteressierte und was empfehlen Sie?

Fitness- oder Personal Trainer sowie Physiotherapeuten helfen mitunter gern in einem Beratungsgespräch, das Richtige zu finden. Aber auch in Vereinen gibt es immer mehr Angebote zum Mitmachen. Wald- und Wiesenwege in Freital und Umgebung lassen das Herz aller Naturliebhaber höherschlagen. Und wenn die eigenen vier Wände für den Anfang der sicherste Ort sind, dann kann man mitunter auch auf You Tube gute Empfehlungen finden. Meine persönliche Empfehlung ist: Testen Sie es aus. Viele Vereine und Studios bieten Schnuppertrainings an.

Was ist denn mit Leuten, die eben nicht kerngesund sind?

Die sollten sich von Physiotherapeuten, Ärzten oder Fitnesstrainern beraten lassen.

Und wie packt man das Sportprogramm nun an, damit es ein langanhaltender Erfolg wird?

Machen Sie den ersten Schritt. Ich rate, kleine Ziele zu setzen, langsam anzufangen und wenn es Spaß macht, Stück für Stück zu steigern. Wichtig sind nicht Zeiten oder Schnelligkeit, sondern dass man überhaupt Sport treibt. Es bringt nichts, auf andere zu schauen und wie toll die das machen und wie knackig die dabei auch noch aussehen. Ich rate auch davon ab, sein Gewicht zu kontrollieren.

Warum das denn? Für viele ist das der wichtigste Antrieb, mehr Sport zu treiben?

Ja, aber ganz vereinfacht ausgedrückt, verbrennt Bewegung zwar Kalorien und Fett, aber baut eben auch Muskeln auf. Und die wiegen einiges. Wer also mehr Sport treibt, legt meistens sogar Gewicht zu. Für viele ist das total enttäuschend und dann kommt schnell der Spruch: „Hat doch eh keinen Sinn.“

Was die falsche Reaktion ist.

Genau. Nur im Muskel kann der Körper Fett verbrennen. Also muss man erstmal ran an die Fettverbrennungsöfen! Bewegung ist immer gut und richtig, wenn man es nicht übertreibt. Und zweitens halte ich nichts davon, sich von Maschinen, wie einer Körpergewichtswaage, sagen zu lassen, wie man sich fühlen soll. Wichtig ist doch vielmehr, wie man sich selbst fühlt. Hat die Bewegung gutgetan und fühlt es sich danach gut an? Ist es ein schöner Ausgleich zum Arbeitsalltag, macht es den Kopf frei? Und vor allem, freut man sich auf das nächste Mal? Das sind doch die wichtigen Dinge und nicht eine Zahl auf der Waage.

Und wenn es mal nicht so läuft?

Lassen Sie sich nicht so schnell entmutigen! Jeder hat auch seine Tagesform. Mal läuft man eine bestimmte Strecke durch, mal geht einem die Puste aus. Das ist doch nicht schlimm. Dann nimmt man eben das Tempo raus, geht im Schritttempo weiter. Es geht doch nicht um Normen, Zahlen und Zielvorgaben – wir sind alle keine Leistungssportler. Wichtig ist nur, dass man in dem Moment überhaupt auf seiner Laufstrecke unterwegs ist. Das gilt für alle anderen Sportarten auch, egal ob man schwimmen geht, Rad fährt, beim Bauch-Beine-Po- Kurs ist oder an einem Gerät im Fitness-Studio Gewichte stemmt.

Was kann man denn im Alltag tun, um in Bewegung zu bleiben?

Das ist eigentlich leicht zu beantworten, aber mir ist klar, dass es für viele schwer umzusetzen ist: Das Auto öfters stehen lassen und Wege zu Fuß oder mit dem Rad erledigen. Das kostet natürlich Zeit und Aufwand. Andererseits ist es gut für den Kopf. Ich selber nehme im Alltag meist eine Treppe statt dem Fahrstuhl oder laufe gar auf Rolltreppen.

Der Freitaler Verein Muskelkater packt das Thema Fitness etwas anders an. Können Sie mal beschreiben, wie das bei Ihnen läuft?

Wir bieten Sport und Bewegung in lockerer Turnhallenatmosphäre an. Je nach Trainingsgruppe muss man sich schon ordentlich anstrengen. Aber es gibt keine Waagen, keine Spiegel, keine Wettkämpfe, keinen Termindruck. Es ist ein reiner Freizeitsportverein. Aber ähnlich wie in einem Fitness-Studio gibt es bei uns flexible Kurse, sodass man nicht immer zu den gleichen Trainingszeiten kommen muss. Wir bieten Kindersport und Tanz sowie Fußball für Kinder an. Die Erwachsenen und Senioren können beim Yoga, Fitness im Wald oder an anderen Fitnesskursen teilnehmen.

Und – halten die Leute durch?

Die meisten schon, weil gemeinsames Schwitzen auch Spaß machen kann.

Es fragte Annett Heyse.