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Herr Vu und tausend kleine Dinge

Jahrelang verfiel die Kaufhalle an der Schlosserstraße. Nun sind sogar Wohnungen geplant.

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Von Antje Steglich

Als Dinh Ha Vu das Gebäude an der Kurt-Schlosser-Straße vor gut einem Jahr übernommen hat, war das Dach kaputt. Es regnete rein. Den Blumenladen führte er gemeinsam mit seiner Familie trotzdem weiter – und begann, die ehemalige Kaufhalle Stück für Stück auf Vordermann zu bringen. „Es war alles kaputt. Wir haben das Dach und die Heizung erneuert“, sagt der 45-Jährige. Mittlerweile ist die gesamte Verkaufsfläche in dem Flachbau wieder nutzbar, vor wenigen Tagen wurde Wiedereröffnung gefeiert.

Noch immer gibt es hier Blumen, aber eben auch Schuhe und Taschen, Kleidung für Erwachsene und Kinder, Spielzeug, Zeitungen und tausend kleine Dinge vom Bürobedarf bis hin zu Geschenkartikeln. Vor dem Eingang steht ein Kleiderständer mit lilafarbenen und blauen Dederonschürzen, daneben warten Wachstuch-Tischdecken und Pullis auf Kundschaft. Hinter der Glastür steht der für vietnamesische Einwanderer so typische Altar mit Früchten und Räucherstäbchen. Er soll Glück bringen, erklärt Dinh Ha Vu. Seit knapp 20 Jahren lebt er schon in Deutschland, nennt Riesa seine Heimat. Im Stadtteil Weida betreibt er bereits einen ganz ähnlichen Asia-Shop, nun steckt er seine ganze Energie in das neue Projekt. „Mini-Shop“ steht auf dem Werbeflyer, „wir beleben die Kurt-Schlosser-Straße.“

„Hier gibt es viele Rentner“, erklärt Dinh Ha Vu die Erweiterung. Viele wollen nicht so weit fahren und haben oft kritisiert, dass es in dem Wohngebiet kaum Angebote gibt. Gegenüber, im Einkaufszentrum, sind neben dem Supermarkt Rewe zwar Dienstleister untergebracht. Und auch im Nachbargebäude gibt es neben dem Bestattungshaus und der Spielothek bereits einen Asia-Shop, die Nachfrage sei dadurch aber nicht gedeckt wurden.

Lukki hat wechselvolle Geschichte

„Jetzt ist es hier wieder so, wie es früher einmal war“, erzählt eine Anwohnerin, während sie die Auslagen durchschaut, „das haben viele Leute vermisst. Vor allem die Älteren.“ Und Dinh Ha Vu hat noch mehr vor. – Der Verkaufsraum ist zwar hergerichtet. Im Außengelände und in den benachbarten Räumen, wo einst Klamotten in „Gretels Markt“ verkauft wurden, sieht es allerdings bislang weniger schön aus. „Da wollen wir gern Wohnungen draus machen“, erzählt der Geschäftsmann. Die Anfragen bei der Stadt Riesa habe man bereits gestellt und warte nun auf Antwort. Solange konzentriere man sich erst mal auf den Laden – und der laufe in den ersten Tagen richtig gut.

Noch heute wird das eingeschossige Gebäude von den Anwohnern „Lukki“ genannt, obwohl eigentlich das Nachbargebäude einst den Namen „Lukullus“ trug. Die Verkaufsstelle war quasi der Vorgänger der Kaufhalle, die in den 1970er-Jahren entstand und den Bedarf des immer größer werdenden Wohngebietes am Fuße des Reußner Berges decken sollte. Das HO-Logo und die Leuchtschrift „Kaufhalle“ zierten damals die Einrichtung, die mit einer Verkaufsfläche von 250 Quadratmeter nach der Kaufhalle an der Berliner Straße die zweitgrößte der Stadt war. Nach der Wende zog zunächst ein Spar-Supermarkt ein, danach wechselten die Nutzer.