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HC Leipzig am Ende

Wut und Enttäuschung herrschen über die Insolvenz und den Zwangsabstieg des einstigen Handballmeisters.

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© dpa

Von Sandra Degenhardt

Sein erster Weg am Montag führt Norman Rentsch zum Arbeitsamt. Nach der Insolvenz des einstigen Erfolgsclubs HC Leipzig und dem Zwangsabstieg in die 3. Liga ist der Handball-Trainer vorerst auf Unterstützung angewiesen. „Das ist ein sehr unangenehmer Weg für mich. Wir haben alle dran geglaubt und hatten Vertrauen in die Vereinsführung, dass es klappt. Das zieht einem den Boden unter den Füßen weg“, sagte der 37-Jährige. Er ist verbittert.

Der zweifache Familienvater wartet wie viele Spielerinnen und Angestellte seit Januar auf sein Gehalt. Der Frauen-Handballbundesligist häufte über Jahre Schulden in Höhe von 1,3 Millionen Euro an. Rentsch fühlt sich wie viele andere von der Vereinsführung um Manager Kay-Sven Hähner getäuscht. „Ich frage mich, wie die Verantwortlichen des Vereins und des Managements gearbeitet haben“, sagte er.

Zumal nach Informationen des HBF-Vorsitzenden Berndt Dugall schon vor der Entscheidung des Schiedsgerichts vor gut einer Woche, der zufolge die Lizenz mit der Zahlung von 600 000 Euro verknüpft worden war, ein entscheidender Investor abgesprungen sein soll. Damit war klar, dass der Erhalt der Lizenz nahezu unmöglich war.

Dennoch waren viele nach Hähners öffentlich nahezu euphorischen Äußerungen Ende vergangener Woche von der Rettung des sechsmaligen deutschen Handball-Meisters überzeugt gewesen. „Wir erfüllen sie“, hatte Hähner nach dem Sieg vor dem Schiedsgericht und dem Erhalt der an eine Bedingung geknüpften Lizenz getönt.

Hähner scheiterte. „Ich hatte keine andere Wahl“, verkündete er am Sonnabend lediglich per SMS. Das benötigte Geld sei nicht da. Mehr wollte er nicht mitteilen. Hähner meldete noch am Sonnabend die HCL-Insolvenz an, der siebenmalige Pokalsieger muss in der 3. Liga mit einem Junior-Team den Neuanfang starten. Auch gut möglich, dass das Insolvenzverfahren mangels Masse gar nicht eröffnet wird.

Rettungsplan geht nicht auf

Wie es in Leipzig weitergeht, ist völlig offen. In den vergangenen Wochen hatten sich alle Leistungsträgerinnen vom Verein abgewendet. Zudem kann der HCL durch die Insolvenz erst für 2019/2020 einen Lizenzantrag für die 2. Liga stellen. Das HCL-Überlebenskonzept hatte 600 000 Euro durch neue Sponsoren, 100 000 Euro durch Gläubigerverzichte, 200 000 Euro durch die Stadt Leipzig und 100 000 Euro vom Spendenkonto vorgesehen. Der Last-Minute-Rettungsplan ging nicht auf.

Im Fokus der Kritik: Hähner. „Das ist fahrlässig, ja schon fast kriminell, wie er gehandelt hat“, sagte Herbert Müller, Trainer des Thüringer HC, dem MDR. Als Müller 2009 mit Nürnberg Insolvenz anmeldete, sei Hähner „der größte Querschießer“ gewesen: „Er hat uns schikaniert ohne Ende. Auch in der Zeit hier beim Thüringer HC. Was jetzt passierte, ist unfassbar.“

Die Leidtragenden sind Spielerinnen, Trainer und Betreuer. Rentsch lehnte mehrere Angebote ab, auch aus dem Ausland. „Wir wollten mit einem jungen Team weitermachen und auch durch die schweren Zeiten gehen“, sagte er. Weil man die tollen Strukturen mit der erfolgreichen Nachwuchsarbeit nicht einfach fallen lassen könne, will er mithelfen, den Fortbestand des Vereins zu sichern. Für Hähner, einst als Erfolgsmacher gefeiert, dürfte kein Platz mehr sein.

HC Rödertal steigt in die 1. Liga auf

Für den sechsmaligen deutschen Meister rückt nun der HC Rödertal in die Bundesliga nach. Das sich so quälend lange hinziehende Verfahren mit dem HCL bringt den Zweitliga-Dritten in Zeitnot. Der späte Schiedsgerichts-Termin war laut Vereinspräsident Andreas Zschiedrich „mehr als ärgerlich, da bis zum Urteilsspruch keine Planungen und auch Spielerverpflichtungen möglich sind“. Er sagte aber auch dem MDR: „Wir haben den Antrag gestellt - und stehen auch jetzt dazu.“ (dpa/SZ)