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Harte Zeiten für Händler

Lärm, wenig Umsatz, fehlende Kunden – die Baustelle bringt Ladenbesitzer an der Karl-Marx-Straße an ihre Grenze. Zum Sorgenkind wird die Straße aber nicht, meint Bautzens Citymanagerin.

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© Steffen Unger

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Das Dröhnen der Baumaschinen, das Scheppern und Poltern, es begleitet Karla Gappisch den ganzen Tag. Wenn sie früh ihr Feinkostgeschäft „Finissimo“ aufschließt, dann hört sie den Krach. Und bei jedem Kunden, der die Eingangstür zu ihrem kleinen Geschäft am Postplatz öffnet, kommt der Lärm mit hinein. Seit zwei Jahren bietet Gappisch den Bautzenern hinter ihrer Theke mediterrane Spezialitäten an. Leicht war es von Anfang an nicht. Doch noch nie musste sie so kämpfen wie jetzt.

Direkt neben ihrem Geschäft beginnt die Baustelle. Seit Wochen buddeln sich Bagger tief in die Erde – erst am Postplatz und nun auf der Karl-Marx-Straße. Die Energie- und Wasserwerke (EWB) verlegen eine Fernwärmeleitung. Ein lang geplantes Projekt, das für die Händler keinesfalls überraschend kommt. Die Mitarbeiter der EWB haben die Ladenbesitzer rechtzeitig informiert. Sie haben sogar Schilder aufgestellt, auf denen geschrieben steht, dass die Geschäfte trotz der Bauarbeiten erreichbar sind. Und trotzdem ist es für die betroffenen Händler eine große Belastung.

Dass weniger Kunden den Weg in ihr Geschäft finden, bemerkte Karla Gappisch von Anfang an. Sie überlegte, wie sie reagieren soll und entschied sich, eine längere Sommerpause einzulegen. Drei Wochen schloss sie den Feinkostladen. Nur über Handy war sie in dieser Zeit erreichbar. So konnte sie ihren Kunden zumindest noch ein Catering anbieten. „Alles andere hätte keinen Sinn gemacht“, sagt sie. Nun ist Karla Gappisch zurück im Laden und verbreitet trotz angespannter Stimmung gute Laune. Die Kunden sollen sich wohlfühlen. Mit ihren Sorgen ist sie nicht allein. Schräg gegenüber befindet sich die Fernsehwerkstatt Truhel. Wenn die Mitarbeiter aus dem Fenster schauen, blicken sie direkt auf einen Bauzaun. Und das seit Wochen. Inhaber Henrik Truhel versucht, das Ganze gelassen zu sehen. Baustellen seien für Händler immer hinderlich, weil Kunden und Umsätze fehlen, meint er.

Nur wenig Arbeiter auf der Baustelle

Wenn der Geschäftsinhaber zur Baustelle blickt, weckt das bei ihm gemischte Gefühle. Auf der einen Seite hat er Hochachtung vor den Bauleuten, die bei größter Hitze schuften. Auch ist er dankbar, dass die Straße abschnittsweise gebaut wird. Immerhin bedeutet das, dass die Bagger vor seiner Tür bald wieder verschwinden. Er ärgert sich aber auch. Vor allem darüber, dass häufig nur wenig Bauarbeiter auf der Baustelle sind. „Vermutlich hat die Baufirma noch andere dringende Projekte abzuarbeiten“, meint er. In diesem Tempo, da ist sich Henrik Truhel sicher, kann der Zeitplan wohl nicht eingehalten werden.

Oder doch? „Nach jetzigem Stand liegen wir im Zeitplan“, erklärt Kerstin Juras, Sprecherin der EWB. Bis Ende August soll die Versorgung mit der Fernwärme sichergestellt werden. In der vergangenen Woche wurden die Schweißnähte geprüft. Anschließend sollen die Fernwärmerohre mit Isoliermaterial ummantelt werden. „Dies dauert wegen den heißen Temperaturen etwas länger als geplant“, erklärt Juras. Der Grund: Wenn die Sonne auf die Stahlrohre prasselt, erhitzen diese schnell. Bevor das Material angebracht werden kann, müssen die Rohe abkühlen.

Momentan rechnet die EWB-Sprecherin damit, dass die Baustelle in zwei bis drei Wochen weiter in Richtung Kornmarkt ziehen kann. Vor dem Feinkostladen wird es also bald ruhiger. Dafür trifft es dann andere. Nicole Pohl zum Beispiel. Die Filialleiterin vom Café Jannasch auf der Karl-Marx-Straße merkt schon jetzt, dass ihr Kunden fehlen – vor allem jene, die mit dem Auto vorbeifahren und fix Brötchen holen. Am Sortiment hat die Chefin aber nichts verändert. Und auch auf der Terrasse vor dem Haus können ihre Gäste momentan noch sitzen. „Wir haben aber auch einen großen Innenraum. Wenn die Baustelle weiterrückt, können unsere Gäste auch dort bequem sitzen“, meint sie.

Von der Baustelle betroffen ist auch der kleine Blumenladen, eines von mehreren Verkaufsstellen, die zu Matthias Steglich gehören. „Wir machen dort 30 Prozent weniger Umsatz“, erklärt er. Obwohl die Fußgänger an der Baustelle vorbeilaufen dürfen, sind weniger unterwegs, sagt Steglich. Sogar Autofahrer könnten momentan noch den Laden erreichen. Dazu müssten sie allerdings in eine Sackgasse fahren. „Schon allein das schreckt ab“, meint der Chef und erklärt, dass es ihn nicht zum ersten Mal trifft. Zum Unternehmen gehört auch der Blumenladen an der Friedensbrücke. „An dieser Stelle gab es mehrere Jahre in Folge Straßensperrungen“, sagt er.

Wie sehr die Händler unter der Situation leiden, weiß Citymanagerin Gunhild Mimuß. „Ich weiß aber auch, dass sie sich durchkämpfen werden“, sagt sie. Die Karl-Marx-Straße bleibe trotz allem eine wichtige Einkaufsmeile, meint sie. Dabei ist nicht nur die Baustelle das Problem. Auch leere Schaufenster gibt es. Erst neulich hat die Videothek geschlossen. „Für einige Läden haben sich bei mir aber schon Interessenten gemeldet. Sorgen mache ich mir um diese Straße nicht“, so die Citymanagerin.