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Haftstrafe für hundertfachen Kindesmissbrauch in einer WG

Der Angeklagte hat 398 Taten gestanden und seinem Opfer eine Aussage erspart. Doch das Mädchen ist nun in Behandlung.

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© dpa

Alexander Schneider

Wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in 398 Fällen hat das Landgericht Dresden den 47-jährigen Guido K. zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Das ist das Ergebnis einer Verfahrensabsprache. Mit seinem umfassenden Geständnis habe der Angeklagte dem Mädchen eine Vernehmung im Gericht erspart, sagte Richter Andreas Ziegel, der Vorsitzende der Jugendschutzkammer. Im Falle einer Vernehmung hätten K. zwei bis drei Jahre mehr gedroht. Das Gericht rechnete dem Brandenburger hoch an, dass er schon vor Erhebung der Anklage ein Geständnis angekündigt hatte.

Doch der Fall sei auch für Ziegel ungewöhnlich. Die Staatsanwaltschaft warf K. 835 Taten vor. Der Angeklagte habe sich zwischen August 2011 und Mai 2015 annähernd werktäglich an dem damals sechs bis zehn Jahre alten Mädchen vergangen – in der Wohngemeinschaft (WG) in der Dresdner Neustadt, wo das Kind mit seiner Familie, dem Angeklagten und einem weiteren Mitbewohner gelebt hat. Nach seinem Auszug 2015 kam es bis zum 1. Mai dieses Jahres noch zu drei Taten. Das Opfer offenbarte sich erst danach.

Noch im Mai wurde K. im brandenburgischen Nauen verhaftet. Bei der Bewertung der Anzahl der Taten folgte das Gericht seinen Angaben. Er hatte eingeräumt, das Kind zwei bis dreimal pro Woche missbraucht zu haben. Tatorte waren ihre WG-Zimmer. 2015 sei er aus Furcht, „Probleme“ zu bekommen, weggezogen. K. ist Neuruppiner, hatte in Dresden erfolglos studiert und 15 Jahre als Lkw-Fahrer gearbeitet.

Über die Zustände in der WG waren Prozessbeteiligte schockiert. Offenbar hatte allein der Angeklagte eine vertrauensvolle Beziehung zu dem Kind. Als einzige Bezugsperson habe er sich sicher fühlen können, nicht verraten zu werden, sagte Richter Ziegel.

Eine Schulsozialarbeiterin sagte, die Jugendliche habe beklagt, dass sich niemand um sie kümmere. Nach dem Prozessauftakt am 5. November habe sie Suizidabsichten geäußert – wegen der medialen Resonanz des Falls. Die 14-Jährige werde in einer psychiatrischen Klinik behandelt.

Die Eltern wurden als auffallend empathielos beschrieben, als auf sich selbst bezogen. In der WG habe offenbar jeder sein eigenes Ding gemacht. Die Eltern bezeichneten das Verhältnis zu ihrer Tochter dagegen als normal. Sie hätten sich getrennt, lebten aber noch in der WG, wie angeblich auch die neue Partnerin des Vaters.