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Händler nehmen hitzefrei

Wegen des Wetters bleiben Löbauer Geschäftsinhabern die Kunden aus. Der Sommerschlussverkauf bringt Kassen-Dürre.

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© Bernd Gärtner

Von Markus van Appeldorn

Löbau. Wer in diesen Tagen zur Mittagszeit Nadine Pünjer in ihrem Laden „Sylvies Wäschetruhe“ an der Bahnhofstraße aufsucht, kann sich auf eine prompte und ausführliche Beratung gefasst machen. Nadine Pünjer hat gerade sehr viel Zeit für ihre Kunden. „Wer will bei der Hitze schon was anprobieren?“, sagt sie. „Bei einem BH zum Beispiel ist das ja gerade nicht sehr angenehm.“ Obwohl die Preise gerade verlockend sind. Einen großen Teil ihres Sortiments hat Nadine Pünjer jetzt im Sommerschlussverkauf stark reduziert. Aber der SSV fällt in diesem Jahr in Löbau nicht ins Wasser – sondern eher in einen ausgetrockneten Brunnen. „Frühmorgens sind vielleicht noch einige Kunden unterwegs, dann lässt es spürbar nach“, erzählt sie. Besonders ältere Menschen gingen jetzt bei dieser Hitze erst gar nicht aus dem Haus.

Eine etwa einen Meter hohe Klima-Säule bläst kalte Luft in ihren Laden. „Wenn man sich direkt davorstellt, ist‘s ein bisschen erträglicher“, sagt sie. Klagen will sie dennoch nicht. „Bademoden zum Beispiel gehen wirklich gut“, sagt Nadine Pünjer, „die Damen wollen gerne was ganz Besonderes.“ Florale Muster und Dekors seien gerade besonders gefragt.

Und sie spürt auch einen leichten Trend dahin, dass sich Kunden wieder ausführlich beraten lassen wollen und dann auch bei ihr kaufen, anstatt für ein paar Euro billiger im Internet zu bestellen. „Ich habe Stammkunden aus Berlin oder sogar München, die wirklich jedes Jahr wiederkommen“, erzählt sie. Ehemalige Löbauer, die bei einem Besuch in der Heimat ihren Bedarf für Strand und untendrunter in „Sylvies Wäschetruhe“ decken. „In der letzten Zeit habe ich auch vermehrt Urlauber als Kundschaft, die sagen, sie würden wiederkommen“, erzählt sie. Diese Stammkunden und Urlauber würden die individuelle Beratung in ihrer Boutique schätzen gegenüber der anonymen Abfertigung in großen Einkaufszentren.

Auch bei Nachbarin Ines Hanke in ihrem Laden „Ines Schuhmoden“ haben die Verkäuferinnen viel Zeit für individuelle Beratungen. „Wir sind jetzt im finalen Sommerschlussverkauf“, sagt sie, „aber es läuft verhalten, das ist der Hitze geschuldet.“ Und der Sommerschlussverkauf bringe ohnehin nicht mehr so viel wie vor Jahren. „Früher gab‘s ja eine gesetzlich geregelte Zeit. Wir haben Mitte Juni schon mit den ersten Reduzierungen begonnen“, sagt sie. Viele reduzierte Schuhe seien deswegen in gängigen Größen schon nicht mehr vorhanden. Aber auch auf dem neuen Sortiment bleibt sie derzeit sitzen. „Wer kauft jetzt bei diesem Wetter denn schon Schuhe für den Winter?“, fragt Frau Hanke. Und ja, auch die Anprobe sei jetzt vielen unangenehm. „Das ist bei Schuhen durchaus ein sensibles Thema“, sagt sie. Und die Kunden, die noch kommen, berichten ihr, dass sich viele Menschen zurzeit gar nicht in die Stadt trauen. Ines Hanke würde ihren Verkaufsraum auch gerne etwas herunterkühlen. „Ich habe versucht, im Baumarkt so eine kleine portable Klimaanlage zu kaufen. Zwecklos. Restlos ausverkauft.“

Ines Hanke hat registriert, wie viele Löbauer Händler auf die Hitze reagieren. „Ich habe mit allen Händlern gesprochen. Manche schließen ihre Geschäfte jetzt schon um 17 Uhr, weil ihnen die Kunden ausbleiben“, schildert sie. Das aber ist nicht ihr Weg. „Man sieht, die Stadt ist leer“, sagt sie. Dennoch möchte sie auch in der Sommerhitze die Attraktivität der Löbauer Einkaufsmeile erhalten und setzt dafür auf Service. Wie ihre Nachbarin hat sie einen wieder zunehmenden Wunsch der Kundschaft nach intensiver Beratung ausgemacht. „Ich habe hier auch Kundinnen bis aus Dresden“, erzählt sie. „Manche bringen sogar Kleidung mit in den Laden, für die sie einen passenden Schuh suchen.“ Und auch das Geschäft mit Touristen nehme spürbar zu. „Die Urlauber sind begeistert, hier bei uns in der kleinen Stadt so ein Angebot und so eine Beratung zu finden“, erzählt sie.

Auch bei Anja Starke, Inhaberin des „Jeans Keller“ an der Bahnhofstraße, herrscht gerade eher Dürre in der Ladenkasse. „Wir haben unseren Schlussverkauf erst am Montag gestartet, aber wir merken schon sehr, dass die Kunden bei der Hitze nicht gerne anprobieren“, sagt sie. Und ohnehin kämen wesentlich weniger Kunden als üblich. Wenigstens macht ihr der Sahara-Sommer momentan noch weniger Arbeit beim Einräumen der Regale und Kleiderstangen. „Die Winterjacken sind schon da, aber wir haben sie erst gar nicht aus dem Lager geholt. Da interessiert sich eh keiner für“, sagt Anja Starke. Sie kann die Zurückhaltung der Kunden aber auch gut nachvollziehen: „Ich gehe mal von mir selbst aus. Ich würde bei dem Wetter auch nicht shoppen gehen.“