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Gestatten, Regina Baronessa de Moretti

In ihrer Rolle als historische Figur will Regina Schwabe mehr sein als ein beliebtes Fotomotiv.

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© Sven Ellger

Von Henry Berndt

Der Hofstaat hat heute leider Haushaltstag. Deswegen muss Regina Baronessa de Moretti, Hofsängerin von August dem Starken, ihre Tasche wohl oder übel allein durch den Zwinger tragen. Macht aber nichts. Als Fotomotiv für die Touristen aus aller Welt ist sie mit dem ausladenden roten Kleid trotzdem gern gesehen. An ihrer Seite wandelt heute, wie so oft, Bernhardt Heribert Graf von Schwabe zu Nau, seines Zeichens Kämmerer und „Directheur der Hofcantzeley“. Gleichzeitig ist er Gesandter in Russisch-Finnland, weshalb er als einer der wenigen die königliche Erlaubnis zum Tragen von Gesichtshaar hat.

„Im echten Leben ist mein Mann Bluter und kann sich deswegen nicht rasieren“, sagt Regina Schwabe. Seit über zehn Jahren schlüpfen die beiden regelmäßig in ihre fiktiven historischen Rollen. Als Mitglieder des Traditionsvereins Dresdner Barock werden sie immer wieder für Stadtfeste und andere feierliche Anlässe gebucht. Alle zwei Jahre stellte der Verein zuletzt ein Lustlager in Moritzburg auf die Beine, bei dem historische Figuren aus dem ganzen Land zusammenkommen. Für 2019 wackelt die Finanzierung allerdings noch.

Praktischerweise kann die Hofsängerin, die gleichzeitig Geschäftsführerin des Vereins ist, auch tatsächlich singen und trägt gern ein kleines Programm mit Liedern ihrer Zeit vor. Hier im Zwinger darf die 58-Jährige allerdings keine Kostenproben geben. Im 21. Jahrhundert muss so etwas angemeldet werden.

Wer Regina Schwabe und ihren Mann fotografieren möchte, der kann das gern tun. Von einer Datenschutzgrundverordnung hat man zu Augusts Zeiten schließlich auch noch nichts gehört. Wichtig ist Regina Schwabe aber, dass sie nicht nur als Kostümträgerin angesehen wird. „Für uns ist das nicht einfach Klamauk“, sagt sie. „Wir erbitten uns eine gewisse Ernsthaftigkeit, wollen in unserer Rolle über die Geschichte aufklären“, sagt sie. „Deswegen freuen wir uns auch immer, wenn wir mit den Menschen ins Gespräch kommen.“ Statt von einem Kostüm spricht sie lieber von einer Robe.

An diesem Tag im Zwinger trägt sie ein Kleid mit vier Schichten, inklusive Reifrock. „Zu Augusts Zeiten wurden im Sommer bis zu sieben Schichten getragen, im Winter sogar bis zu 14“, erzählt sie. Möglichst breite Hüften seien damals gesellschaftlich sehr angesagt gewesen, genauso wie eine natürliche Blässe. Wer etwas von sich hielt, der trug zu besonderen Anlässen zudem eine Perücke aus Büffelhaar, die Fürsten oft aus Echthaar. Als Hofsängerin schmückt sich auch Regina Schwabe mit Perücke. Manchmal zaubert sie sich aber auch gern aus ihren eigenen Haaren eine barocke Frisur. Mit Perücke braucht sie für ihre Verwandlung etwa eine halbe Stunde, mit echter Frisur können es locker zwei bis drei Stunden werden.

Für Regina Schwabe ist das viel mehr als eine Verkleidung. Es ist eine Verwandlung, die ihr Herz erreicht. Bis 2002 betrieb die gelernte Zoohändlerin gemeinsam mit ihrem Mann Bernd ein Zoogeschäft in Weißig. Heute arbeitet sie als Haushaltshilfe und betreut Senioren. Die Zeit von April bis Oktober verbringen die beiden in einer „Sommerresidenz“ in Bühlau, die seit mehreren Generationen in Familienbesitz ist. Wenn es kalt wird, dann ziehen sie zurück in die Platte nach Gorbitz.

Zum Tag der Deutschen Einheit flanierte sie jüngst durch den Pillnitzer Schlosspark und selbst ihre Durchlaucht musste – wie der Pöbel – Eintritt bezahlen. „So ist das eben in Dresden“, sagt Regina Baronessa de Moretti. „In anderen Städten wird man eingeladen und gewürdigt, und hier ist man einfach nur da.“

www.dresdner-barock.de