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Ganz schön was geschafft

Ingrid und Wolfgang Seltmann werden innerhalb von drei Tagen 80 und 85 Jahre. Doch das ist nicht die einzige Besonderheit im Leben der Heidenauer.

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© Daniel Schäfer

Von Heike Sabel

Heidenau. Am Aschermittwoch beginnen sie bei Seltmanns erst, die verrückten Tage. Vier Geburtstage hintereinander. Zwei davon bei den Seltmanns selbst. Am Donnerstag wird Wolfgang Seltmann 85, zwei Tage später Irene Seltmann 80. Vormittags kommt gratulieren, wer will, sagen sie. Und irgendjemand will immer. Schließlich haben sie viele Freunde und sind in Heidenau nicht ganz unbekannt.

Sie bohrte und füllte jahrelang die Zähne der Heidenauer, er arbeitete in der Papierfabrik und saß von 1990 bis 2014 im Stadtrat. In der FDP ist er seit 1962, damals war es in der DDR die Liberaldemokratische Partei Deutschlands. Das ist nun auch schon wieder 55 Jahre her. Genau so lange, wie Seltmanns im Dezember verheiratet waren. 50 Jahre sind es her, dass sie nach Heidenau zogen, 45 davon leben sie in dem gleichen Haus. Das sind Zeiträume, die kaum vorstellbar sind, sagt Wolfgang Seltmann. Was da alles geschehen ist, im Großen und im Kleinen.

Wolfgang Seltmann ist wohl einer der wenigen Senioren, der sagt, Zeit zu haben. Trotz vieler Interessen, obwohl manches nun einfach langsamer geht und trotz der einen oder anderen Aufgabe. Die Seltmanns nehmen sich einfach die Zeit – füreinander, für die Familie, für Freunde, für Konzert und Oper. Das hält sie jung und fit. „Alle ist besser, als auf dem Sofa sitzend Fernseh-Krimis zu schauen.“

„Wir schenken uns nichts“

Wolfgang Seltmann hat offenbar gute Gene. Einige Verwandte sind weit über 90, fast 100 geworden. „Und die Medizin tut ihr Übriges“, sagt er. Ohne sie wären sie beide nicht so alt geworden. Dass die Stomatologie nicht der Wunschberuf von Irene Seltmann war, spielt dabei keine Rolle. Wovon sie eigentlich beruflich träumte, bleibt ihr Geheimnis.

Um Geburtstagsgeschenke muss kein Geheimnis gemacht werden – „Wir schenken uns nichts.“ Naja, bis auf einen Blumenstrauß. „Den gibt’s“, sagt Wolfgang Seltmann. „Und du bäckst einen Kuchen.“ Wer ihnen etwas schenken will, liegt mit Karten für Kultur immer richtig.

Früher wurden die Geburtstage nicht so groß gefeiert. Erst seit ihrem 60. In jungen Jahren wurde eher Fasching gefeiert. Manchmal fiel der auf einen der Geburtstage. Die Feier zum Jubiläum muss diesmal wieder eine Woche warten. „Das alles zu organisieren, schafft man ja sonst nicht.“

An ihren siebten Geburtstag erinnert sich Irene Seltmann, die in Heidenau geboren wurde und in Maxen aufwuchs, besonders. Vier Tage vorher war sie in Heidenau gewesen und sah im Abendhimmel die sogenannten Christbäume, die die Angriffsziele der Bomber auf Dresden markierten. Am nächsten Tag lief die Familie nach Maxen, wo Irene dann sieben Jahre wurde.

Ihre nahe beieinander liegenden Geburtstage waren für Irene und Wolfgang Seltmann nie ein besonderes Thema, nicht, als sie sich kennenlernten, und nicht später. Es war eben so. Als etwas Besonderes sehen sie etwas anderes. So alt zu werden, gesund und zusammen zu sein, das ist nicht vielen Menschen vergönnt. „Da haben wir ganz schön was geschafft“, sagt Irene Seltmann.